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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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konnten dem Hotel unsere Ankunft vermelden. Monsieur le Chauffeur würde uns in einer halben Stunde abholen. Ich nutzte die Zeit, die kleine Rumpler zu überprüfen, füllte etwas Schmieröl nach, zog an den Schrauben, reinigte die Zündkerzen und wischte die Fliegen von der Verkleidung. Ich sah nicht gerade lecker aus, als der Citroën angebrummt kam, und der chauffierende Monsieur würdigte das mit einem abfälligen Blick. Gerry setzte ihr strahlendstes Lächeln und ihre Französischkenntnisse ein, ich ein paar Franc-Noten.
    Dennoch kamen wir zu spät. Die Wagen standen bereits im parc fermé , die Rallyeteilnehmer hatten sich in ihre Unterkünfte verzogen und bereiteten sich auf den Besuch der Champagnerkellerei vor.
    »Auf, beeil dich, Emma. Wasch dir den Schmier ab, und schwing dich in dein Kleid. Wir kommen sonst zu spät.«
    Ich hätte alles darum gegeben, mich mit kaltem, prickelndem Champagner zu betrinken, aber die Pflicht rief.
    »Ich muss meinen Artikel schreiben und sehen, dass ich ein Postamt finde, Gerry. Geh du hin, du wirst schon Begleiter finden. Halt die Ohren offen.«
    »Dir entgeht was.«
    »Mag sein, aber es ist so viel aufzuschreiben! Ich muss es tun, solange es mir noch frisch im Gedächtnis ist.«
    Ich schälte mich aus meiner Fliegerkleidung. Wenigstens ein kurzes, heißes Bad würde ich mir gönnen, bevor ich in die Tasten schlug. Gerry war schon weg, das Zimmermädchen hatte mir ein paar belegte Brote gebracht, und ich setzte mich mit der Wanderer an den Tisch, um zu schreiben. Es ging mir locker von der Hand – das Interview mit Tilmann gestaltete ich in zwei Versionen. Die menschlich anrührende für das Bunte Blatt, die andere, in der ich mich über die Ölförderung, die Transporte und die Tankstellen ausließ, für die Automobil Zeitung . Für die und für die Berliner Illustrirte verfasste ich noch einen launigen Bericht über die Vorfälle auf der Strecke, bei der Schafe und Hunde eine besondere Erwähnung fanden. Dazwischen verzehrte ich mein leichtes Abendessen, und anschließend nahm ich mir noch einmal die Ausschreibung und die Teilnehmerliste vor. Spätestens bei der nächsten Etappe musste ich mich mit ein paar Fahrern unterhalten, um herauszufinden, wie anstrengend oder anspruchsvoll diese Prüfungen waren, wann man Strafpunkte erhielt und was für technische Tücken bei den Automobilen auftraten. Derartige Dinge konnte ich von der Luft aus nicht beurteilen.
    Es war schon nach elf Uhr, als ich die Unterlagen zusammenlegte und mich streckte. Geraldine war noch nicht zurückgekommen, offensichtlich war die Besichtigung der tiefen Kalkstollen, in denen die Champagnerflaschen von Moët & Chandon lagerten, recht zeitaufwendig und die nachfolgende Bewirtung äußerst gesellig. Ich beschloss, einen kleinen nächtlichen Rundgang durch Épernay zu machen und schon mal darauf zu achten, wo ich morgen das Postamt finden konnte, um meine Artikel nach Berlin telegrafieren zu lassen.
    Möglicherweise würde ich auch noch den einen oder anderen Fahrer in den Gesellschaftsräumen des Hotels antreffen.
    Dem war jedoch nicht so, das Foyer war verwaist, ein grauhaariger Portier hockte zusammengesunken hinter seinem Tresen und schien im Halbschlaf vor sich hin zu dösen.
    Kein gutes Aushängeschild für ein Hotel. Hans hätte der Schlafmütze die Ohren lang gezogen, damals, im Rheinblick . Ich weckte den Mann mit einem Räuspern, beflissen reagierte er nicht darauf. Aber meine Frage nach dem Postamt beantwortete er zum Glück in langsam gesprochenen, einfachen Sätzen. Missbilligend jedoch stellte er fest, dass ich zu dieser nächtlichen Stunde noch alleine durch den Ort zu gehen gedachte.
    Er würde damit leben müssen.
    Die kühle, klare Nacht erfrischte mich, und mit beschwingten Schritten eilte ich über das von Gaslaternen beleuchtete Pflaster in Richtung Innenstadt. Weit war es nicht, schon nach einer knappen Viertelstunde hatte ich den quadratischen Place Hugues Plomp erreicht, an dem sich nicht nur das martialische Postamt, sondern auch der umzäunte parc fermé befand, in dem sich die Automobile der Rallye der Ruhe hingaben. War die Straße, in der das Hotel lag, menschenleer gewesen, so war hier noch einiges Leben zu beobachten. Drei Wächter patrouillierten um den Platz, und die Herausforderung hatte eine kleine Bande von Straßenjungen angenommen. Sie versuchten, die Männer zu überlisten und über die aufgestellten Gatter zu klettern. Ich verfolgte belustigt, wie die Wächter sie

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