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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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dein wahrer, dich ewig liebender Freund, egal, was du tust, egal, wohin du gehst. Dein Herz ist dein Zuhause und deine letztendliche Bestimmung. Vergiss das nie“.
     
    Seine Worte klangen in mir nach. Vieles schrieb ich mir auf.
    Nach unseren Lessons machte ich Sport, las in Büchern, die er mir gegeben hatte, unternahm manchmal etwas außerhalb der Stadt und meditierte noch einmal vor dem Schlafengehen.
    Im Zuge dieser Ereignisse hatte ich mich zu weiteren Dingen entschlossen: Bis auf wenige Ausnahmen würde ich ab 16.00 Uhr nichts Festes mehr zu mir nehmen, wenig bis gar keinen Alkohol trinken und Gesundes essen, denn auf einmal kam es mir schrecklich vor, meinen Körper mit Fertiggerichten und Currywurst zu versorgen. Je mehr Frisches ich aß, desto mehr änderte sich mein Geschmack. Es war, als ob er zu alten Instinkten zurückkehrte, bevor diese mit Geschmacksverstärkern und Zucker verwirrt und mutiert worden waren.
    In den Spiegel schaute ich selten. Morgens war es noch dunkel und für WOM musste ich weder geschminkt noch schön sein. Und die täglichen Meditationen waren das Highlight schlechthin. Wenn ich mit WOM im abgedunkelten Zelt saß, meinte ich manchmal, fliegen zu können. Es war weniger intensiv, wenn ich alleine war, aber er sagte, das sei normal, irgendwann würde ich keinen Unterschied mehr merken.
    Es kam der Tag, da fiel ich während dieser Morgenstunde in einen Zustand, der mit Worten nicht zu beschreiben war. Ich saß da und spürte, wie ganze Füllhörner voller Freude mich überschwemmten, ich wusste gar nicht, wohin damit, saß staunend auf meiner Decke und fühlte eine Welle nach der anderen über mich hinwegrollen. Es war eine unglaubliche Erfahrung, so wunderschön, dass ich gar nicht auftauchen wollte. Doch urplötzlich fuhr ein stechender Schmerz durch mein Herz. Ich stieß einen erschrockenen Laut aus und griff mit der Hand dorthin, wo es wehtat, keuchte und wollte nach WOM rufen, als auf einmal Licht meinen Brustkorb flutete und ein so tiefes Gefühl von Liebe mich durchströmte, dass ich zu heulen anfing. Es war eine Liebe, fernab von dem, was ich bisher darunter verstanden hatte.
    Danach fühlte ich mich verwandelt. Mein Oberkörper war wie eine offene Stelle. Ich hatte ständig ein Lächeln im Gesicht und wollte mehr von diesen Erfahrungen. WOM ließ dies alles geschehen. Nie griff er ein. Aber er warnte mich:
    „Es wird auch andere Zeiten geben“, sagte er. „Auch in der Meditation gibt es Durststrecken. Gerade dann ist es wichtig, dran zu bleiben... und sich zu erinnern“.
    Ich nickte und lachte. In meiner derzeitigen Erfahrungswelt konnte ich mir das nicht vorstellen. Wenn ich auch nicht immer solche Höhenflüge hatte, brachte mich diese Stunde, in der ich mich in mein Innerstes versenkte, in eine Ruhe, die mir unendlich gut tat.
    „Hab nie Erwartungen, wenn du meditierst“, riet mir WOM. „Lass es einfach geschehen, egal, ob es dir banal oder großartig erscheint. Meditation ist ein alchemistischer, magischer Prozess. Sobald du Erwartungen hast, bremst du, dann will das Ego etwas erleben, weil es meint, es muss was Besonderes passieren. Visionen sind schön, aber nicht nötig. Eigentlich ist das Gegenteil fast besser.“
    „Was ist das Gegenteil?“ fragte ich.
    „Nichts. Leere. Der Urzustand... aber bitte... kein Druck. Nicht hier.“
    Ich vertraute ihm blind. Er strahlte einfach aus, was ich mein Leben lang gesucht hatte: Sicherheit. Wissen. Echtes Wissen, nicht das angelesene, egogetriebene, hochmütige von Leuten wie Sonnja und Co. Er wusste, wovon er redete, und nie drängte er mir etwas auf. Er gab mir Zeit, Verständnis und Liebe. Der Wald war schön, die Tage mit ihm waren schön. Alles war schön. Hätte ich ewig so leben können? Ich weiß es nicht. 
    Jedenfalls waren die Firma, meine Mitmenschen, mein vorheriges Leben ganz weit weg. Keine Zettel mehr, keine Außenwelt. Es gab nur noch mich - und ihn.
     
    Sie verging immer zu schnell, diese Stunden im Wald. Seine Lessons waren spontan und schienen keinem roten Faden zu folgen. Wir behandelten, was bei mir hochkam und ihm dazu einfiel. Nie ließ er zu, dass ich schlecht über jemanden redete – er stellte meine Welt auf den Kopf und beleuchtete mein Leben aus einem völlig anderen Blickwinkel, der mir klarmachte, an allem eine Eigenverantwortung mitzutragen – und gab mir damit die Macht über mein Leben zurück, da ich mich zusehend von der Opfer-Rolle trennte.
    Dabei wurde er nicht müde, mich immer

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