Tropfen im Ozean
wolle.
Mein Magen knurrte und ich hörte ihm zu, lag auf dem Bett und freute mich über meinen Hunger. „Ja, knurr du nur“, dachte ich. „... kannst du ein paar Gramm Fett fressen, es ist genug da“.
Schon die ersten Gespräche mit WOM hatten meine Ansicht von der Welt, meiner Situation und mir selbst verschoben und vieles auf den Kopf gestellt. Er richtete mich auf etwas aus, was vorher lediglich ein diffuses Etwas gewesen war: eine Instanz in mir, die existent war. Mehr noch, die für mich da war. Die auf alle Fragen eine Antwort hatte. Er sprach dauernd von diesem „Selbst“. Manchmal nannte er es ‚Herz’, manchmal ‚Gott’ oder ‚Bewusstsein’. Und er sprach so selbstverständlich davon, dass meine Neugier darauf größer und es für mich mit der Zeit natürlich wurde, in meinen Meditationen danach zu suchen.
„Du kannst es nicht suchen“, hatte er mir an einem dieser Tage erklärt. „Du kannst nur warten, bis es sich dir offenbart. Du kannst die Sonne nicht mit deinem Willen zwingen, aufzugehen. Was du tun kannst, ist, dich in die Position zu begeben, die es dir ermöglicht, den Sonnenaufgang zu sehen, verstehst du? Mit der Meditation ist es ähnlich. Du kannst dich verfügbar machen... einfach still sitzen... dann gleitest du automatisch hinein“.
Solche Sätze verstand ich, wenn er sie sagte, dann klangen sie ganz natürlich. Doch so manches kam mir in meinen eigenen vier Wänden einfach schräg vor und oft wusste ich nicht, was ich davon halten sollte.
Doch unaufhaltsam begann sich meine Wahrnehmung zu ändern.
Ich nahm nicht nur meinen Hunger anders wahr. War er vorher etwas Quälendes gewesen, das man bekämpfen musste, sah ich ihn nun losgelöst von mir, auf eine positive Weise. Selbst mein Geist wurde durch die Meditationen mehr und mehr zu einem Organ, das ich genauso beobachten konnte wie den Hunger. Wenn peinigende, minderwertige Gedanken aufkamen, sah ich sie teilweise an wie einen Fremden, wie etwas im Kleiderschrank meines Lebens, das mir nicht mehr stand, mir nicht mehr gefiel und daher wegmusste. Ich erkannte: Auf einen negativen Gedanken folgte ein minderwertiges Gefühl, das mich in einen Strudel zog und wegriss, weit fort von der Ruhe in meinem Herzen.
Und nun lernte ich langsam, diese Gedanken frühzeitig zu stoppen. Dann machte ich eine Atemtechnik, die WOM mir beigebracht hatte oder dachte an etwas Schönes.
Aber das gelang erst mit der Zeit. Zu Beginn waren die Meditationen sehr gemischt, mal durchsetzt von selbstgemachten Geschichten, die mich auf Trab hielten, mal wunderschön und losgelöst von allem. Dennoch spürte ich, dass das nur ein Hauch von dem war, was man wirklich erleben konnte, ahnte ich, dass es in meinem Inneren noch viele Welten gab. Wieder und wieder kam es vor, dass Gefühle wie Wut, Resignation oder Frust aufbrandeten, und zwar so schnell, dass ich mich außerstande sah innezuhalten. In diesen Momenten fühlte ich mich von einem Wasserfall von Negativitäten überschüttet, fielen mir unangenehme Situationen in meinem Leben ein oder ich führte imaginäre Streitgespräche mit meinen Eltern, J oder Emilie.
Viele alte Erinnerungen kamen hoch. Es war erstaunlich, was passierte, wenn man mit sich allein war. Doch die täglichen Meditationen und das Singen taten ihre Wirkung. Mein Geist wurde stiller. Ich fühlte mich ruhig und zentriert, vor allem aber fühlte ich ein Leuchten in mir, dem ich nachgehen wollte, von dem ich ahnte, dass da noch mehr war. Und die Gespräche mit diesem wunderbaren Mann waren gespickt mit Erkenntnissen und Verstehen, die eine tiefgreifende Verwandlung einleiteten.
WOM ließ mich oft erzählen, hörte einfach zu und stieg dann in die Thematik ein. Ich konnte ihn alles fragen, was mir in den Sinn kam und er hatte immer eine Antwort. Als ich ihm das mit den Gedanken beschrieb, hellte sich sein Gesicht auf.
„Das ist ja prima!“, sagte er. „Das ist gut! Da kannste dir auf die Schulter klopfen!“
„Na ja“, wehrte ich ab. „Es ist ja nicht so, dass ich mich von diesen Gedanken gelöst habe. Warum ist es so schwer, sich von einem negativen Gedanken zu lösen? Manchmal erscheint mir ein negativer Gedanke wie eine Schlucht, in die man stürzt“.
„Ja“, nickte er. „Das ist gut gesagt. Du konntest dich bisher nicht lösen, weil dir dieses innere Zentrum gefehlt hat. Aber das entdeckst du jetzt – und das ist das Gegenmittel, das den negativen Gedanken eliminiert. Was immer auch passiert – dein Herz ist
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