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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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heilig zu sein, ständig einem Problem auf der Spur, das sie lösen wollten und krampfhaft damit beschäftigt, Liebe zu verkörpern, um von allen als „Engel“ bezeichnet zu werden. Und sie sind im Übrigen auch keine Menschen. Sie sind „Walk-in’s“, Gesandte der Liebe. Und des Lichts natürlich. Das heißt, sie sind nur auf der Erde, um anderen bei ihrer Erlösung zu helfen. Und wehe, du lachst drüber! Vielleicht beißt sich ja Humor mit Liebe?
    Innerhalb von Elishas Kreis lief ein ständiger und heftiger Heiligkeitswettbewerb. Jeder wollte schönere und bessere Erfahrungen und Visionen als der andere haben und sie sahen alle „Nicht-Spirituellen“ als bemitleidenswerte Kreaturen an. Traf den einen oder anderen ein Schicksalsschlag, wurde hinter vorgehaltener Hand von schlechtem Karma geredet, von falscher Geisteshaltung, die sich jetzt durch den Schicksalsschlag beweise. Es wurde diskutiert, warum ausgerechnet das linke Knie kaputt war. Im linken Knie, erklärte mir Elisha, sind all die alten Verhaftungen an die Vergangenheit und an alte Leben gespeichert, die man nicht loslässt. Hat also jemand was am linken Knie, lässt er ergo seine ihn zermürbende Vergangenheit nicht los und hängt an alten Mustern. Mir schien, dann müssten etwa 99% der Bevölkerung ein kaputtes linkes Knie haben, vielleicht wissen sie es nur nicht. Wahrscheinlich ist es kaputt und es tut nur nicht weh, weil sie ja nicht-spirituell sind und daher zu „grobstofflich“, um all das zu spannen.
    Die Leiterin der Meditationsrunde war die Oberheiligkeit in Person. Wenn Elisha nicht sagen würde, dass ich mir das einbilde, hätte ich behauptet, sie ist ein echter Stinkstiefel. Allein der Text, mit dem sie in die Meditation führte!
    „Gott sendet durch mich sein Licht und seine Liebe... ich bin sein liebevoller Kanal... durch mich seid ihr mit der Quelle verbunden... wir bauen nun unsere Merkaba auf, sie umstrahlt uns, um uns vor den negativen Einflüssen dieser verrohten Welt zu schützen...“
    Mag sein, dass ich da einfach nur bockig reagierte, aber ich bekam jedes Mal einen dicken Hals, wenn ich sie so reden hörte. Ich wollte nicht von so einer Tuss abhängig sein, die sich als Botin höherer Dimensionen darstellte, als Heilerin und tiefspirituelle Frau. Wobei sie natürlich immer betonte, dass die göttliche Energie durch sie hindurch fließe und nicht von ihr käme. Gleichzeitig machte sie unmissverständlich klar, dass es etwas Besonderes sei, wenn man in der Lage ist, diese Energie durchströmen zu lassen, wogegen doch so viele andere Menschen völlig verstopft sind. Aber da sie ja als Erlöserin auf die Welt gekommen war, half sie nun anderen, sich zu entschlacken von seelischem Müll, indem sie Heilmethoden praktizierte, die sie in Kursen und Wochenendseminaren erlernt, oder sich aus Büchern geholt hatte. Und immer, wenn bei einem der Knoten platzte, platzte auch sie - vor Stolz - und dann lief sie mit diesem selbstgefälligen Ausdruck im Gesicht herum, der mir noch mehr Widerwillen einflößte. Es ist ja schön, wenn sie anderen hilft, aber ich ahnte, dass sie das nicht aus reiner Menschenliebe tat, sondern weil sie sich dadurch als etwas Besseres fühlte. Mich mochte sie gar nicht. Das zeigte sie nicht, natürlich nicht, sie ist ja erleuchtet und muss demnach alle mögen. Aber sie verglich sich ständig mit anderen und schätzte ab, ob ihr irgendjemand ihre Stellung auf dem  selbstgemachten Podest streitig machen könnte. Das erschien mir eher unheilig. Wenn Spiritualität so billig ist, kauf ich sie nicht. Das ist nicht das, was ich suchte. Aber suchen... suchen tat ich schon. Und deshalb ging ich mit.
     
    „Rob, ich höre heute früher auf“, sagte ich. „Ich hab Elisha versprochen, mit zu ihrer Gruppe zu gehen“.
    „Oh, fein, das ist gut, ich komm’ auch“, sagte Rob.
    „Wie bitte?“
    „Ich geh mit – ist das schlimm?“
    „Äh... für Elisha denk ich schon... sie ist sicher nicht scharf drauf, dass du sie auch noch in ihrer Freizeit ärgerst“.
    „Keine Sorge“, sagte Rob. „Ich bin ganz brav“.
    „Rob“, sagte ich. „Was hast du vor – geht es dir echt ums Meditieren?“
    Es war nicht so, dass Rob diesbezüglich nichts auf dem Kasten hatte. Er und ich hatten schon Nächte durchphilosophiert. Und gerade weil ich wusste, dass er sehr fundiert war und diese Pseudo-Eso-Szene, wie er sie nannte, ablehnte, wunderte mich sein Entschluss umso mehr.
    „Natürlich“, sagte er. „Ich will mein Inneres

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