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Tropfen im Ozean

Tropfen im Ozean

Titel: Tropfen im Ozean Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Subina Giuletti
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durchzogen meine aufgedunsene Haut. Ein eitriger Pickel mitten auf der Nase. Dicke Tränensäcke unter den Augen und die Lider hingen so schwer herunter, als ob mich jemand geschlagen hätte. Und dann sah ich auf meinen Körper. Um die Hüften schwabbelte das Fett. Der Bauch hing nach vorne, ich hatte ein Hohlkreuz. Ich drehte mich um, besah mein Hinterteil und stöhnte auf. Oh Gott, das war nicht ich, das war nicht ich! Erneut sah ich in dieses verquollene, versoffene Gesicht und heiß fiel mir ein, dass ich heute noch einen wichtigen Termin hatte. Und wenn J mich so sah! Ich wollte nicht, dass er mich so sah! Mit angehaltenem Atem schlich ich ins Schlafzimmer, holte meine Sachen, zog mich an und machte, dass ich vom Acker kam. Draußen auf der Straße rief ich ein Taxi und fuhr nach Hause. Ich duschte ausgiebig, ließ das heiße Wasser über mich laufen, rubbelte an meinem Gesicht herum, aber es wurde nicht wirklich besser. Zum ersten Mal kam mir der Gedanke, Termine abzusagen. Aber ich tat es nicht. Das war ein Fehler.
    Alle sogen erschrocken die Luft ein, als ich ins Büro kam, blickten stumm nach unten. Meine Kehle schnürte sich zu.
    Elisha kam zu mir und brachte mir einen Tee. „Du musst nach Hause, du siehst krank aus“, sagte sie. „Und bitte... erzähl doch... was ist mit dir?“
    „Alles okay“, sagte ich heiser. „War nur ne lange Nacht. Und zu viel getrunken. Passiert mir nicht mehr, ich schwör’s“.
    Neben Elishas rosigem Gesicht kam ich mir noch schmieriger vor.
    „J ist da“, verkündete sie dann. „Er sagt, du möchtest in sein Büro kommen“.
    Panik erfasste mich.
    „Was?“ krächzte ich. „In sein Büro?“
    Elisha und Susann sahen mich erstaunt an.
    „Ja, gut“, beeilte ich mich zu sagen. „Gleich... mach ich gleich...“
    Beunruhigt ging Elisha wieder ins Studio, während ich einen Taschenspiegel zückte, dessen Gebrauch mich laut aufstöhnen ließ.
    Zu Susanns Überraschung packte ich Mantel und Tasche und floh. Tippte an der nächsten roten Ampel eine SMS für sie: „Sag J, er soll meine Termine übernehmen, mir ist nicht gut“. Das hatte ich noch nie gemacht. Aber nichts hätte schrecklicher sein können, als mit diesem Gesicht irgendjemandem gegenübertreten zu müssen.
    Ich fuhr nach Hause. In meine nahezu unbenutzte Wohnung.
     
    Er rief den ganzen Nachmittag an. Wie es mir ginge, wo ich bliebe, ob er etwas falsch gemacht hätte. Diese unerwarteten Nachrichten auf meinem Anrufbeantworter hörten nicht auf und sie machten mich froh. Ich fühlte mich besser. Und besser. Nach der sechsten Nachricht begann ich innerlich zu jubilieren, setzte mich an meinen Schreibtisch, voller Tatendrang, unfähig, die Zeit für mich selbst zu nutzen.
    Begann Ideen für den großen Film zu entwickeln, der uns bevorstand. Dann, am Abend war eine verzweifelt klingende SMS von J auf meinem Smartphone: „Ich wünschte, ich wär’ vom ADAC, dann könnte ich dich abschleppen...“
    Ich lächelte und drückte das Phone an mein Herz. Gott, es waren alles nur meine negativen Gedanken, die die Beziehung so schwer machten! J wollte mich! Er wollte mich! Was machte ich nur für ein Drama aus all dem?
    Und als ich nach zehn Minuten auf seine letzte SMS noch keine Antwort gegeben hatte, kam schon die nächste:
    „Also gut, ich gebe zu, die letzten Sprüche waren aus dem Internet. Aber der mit dem Abschleppen ist gut, oder? Sag mal, haben wir gestern...?“
    Ich konnte mir nicht verkneifen ein „Und wie!“ zurück zu simsen. Und dachte immer und immer wieder: da wollte mich jemand. Jemand, der aussah wie J. Ich war doch wer. Es würde alles gut werden.
     
    ***
     
    „Wenn wir erst diesen Film fertig haben, muss ich zeitlich umstrukturieren“, erzählte ich Rob, als wir wie so oft vor den Monitoren saßen. „Ich muss endlich was für mich tun, ein bisschen Sport – mich anders ernähren...“
    Ich blickte zu ihm und seiner schlanken Gestalt. „Wie machst du das nur? Du isst den gleichen Mist wie wir und nimmst nicht zu. Und hast auch keine Pickel“.
    Rob lächelte geistesabwesend. Ich sprudelte. Die Arbeit machte wieder Spaß und der Boss der internationalen Firma bekam meinen ganzen Esprit in Form einer Ideenflut und originellen Vorschlägen zu spüren.
     
    In dieser Stimmung fuhr ich bei meinen Eltern vorbei und erzählte ihnen, wie gut alles lief, welchen Auftrag wir hereingeholt hatten und was das für unsere kleine Firma bedeutete. Und siehe da: Mein Vater zeigte zum ersten Mal Interesse.

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