Trottelfallen: Wie Sie sich von lästigen Gewohnheiten befreien! (Brevier-Reihe Hirnschrittmacher)
seelische Unversehrtheit durchaus bewusst.
Andererseits sollten wir nicht zu hart mit uns ins Gericht gehen und einen
persönlichen Kleinkrieg gegen uns selbst führen. Es gibt oder gab immer einen
Grund und einen Nutzen für jede Gewohnheit. Und jedes Symptom ist auch ein
Signal, wo sich noch Reserven und Entwicklungspotentiale befinden. Unsere
schlechten Gewohnheiten können so auch zu unseren Verbündeten werden, die uns
helfen, uns und unser Leben lustvoll zu verbessern. Wählen wir diejenige aus,
von deren Ersetzen wir uns die stärkste Verbesserung für unser Wohlbefinden
oder unseren materiellen oder sozialen Erfolg versprechen.
2. Selbstversuch Zuwachs Fitness, Projekt Hüftgoldschmelze.
2.1. Einsam, blöd, unglücklich, fett, krank, hässlich, pleite? Selber
schuld. Oder?
Teile
unserer Gesellschaft huldigen aktuell einem wilden Selbstoptimierungswahn mit
Schuldzuweisungsreflex; es wird getan, getunt, gepimpt, optimiert, was das Zeug
hält und was immer möglich ist. Auch wenn es von der Sache her völlig unnötig
oder unangemessen riskant ist. Ich bin nicht der Meinung, dass das
"Egostyling" auf die Spitze getrieben werden sollte. Wir dürfen auch
ein Stück weit gewöhnlich sein. Eben nur bedingt schön, klug, weitgereist,
cool, gebildet und optimal. Wir dürfen auch mal exzentrisch, kantig,
ungesellig, ärgerlich, zornig, unaufmerksam, dämlich oder gedankenlos sein. Und
bei den sichtbaren Resultaten unseres Lebens sollten neben eigenen Beiträgen
die Faktoren des Zufalls, Zeitgeistes und mit wem wir gerade zu welcher Zeit
bekannt sind, nicht außer Acht gelassen werden. Als wessen Kind wir wann
geboren werden, mit wem wir wann welche Unternehmen gründen oder bei einer
Jugendsünde erwischt werden kann den weiteren Verlauf unseres Lebens entscheidend
prägen.
Nichtsdestotrotz
gibt es Bereiche, in denen wir selber die Verantwortung und den Einfluss haben,
oder zumindest einen Beitrag zur Realisierung unserer Wünsche leisten können.
Z.B. bei Gewohnheiten und den daraus resultierenden Geistes- und Körperzuständen,
mit denen wir uns nicht wohlfühlen und/oder die uns auf Dauer in unserer
Lebensquantität und -qualität beeinträchtigen. Da ist es dann schade bis
tödlich, wenn wir uns eine Veränderung wünschen und diese nicht anpacken oder
nicht durchhalten.
Nun lässt
sich über all das trefflich räsonieren, solange nur andere sich verändern
sollen oder wollen. Und ich kenne so manchen Trainerkollegen, aber auch
Vorgesetzte und sonstige Berater, die theoretisch fast alles über
Verhaltensveränderungen wissen, praktisch allerdings in dieser Hinsicht eher
jungfräulich unberührt sind. Deswegen möchte ich Ihnen gerne jetzt die
Geschichte meiner letzten umwälzenden Verhaltensveränderungen erzählen,
als Beispiel dafür, wie es gehen kann, wie wir uns aus Trottelfallen befreien
können.
2.2. Präludium: Wie es NICHT geht.
Der
Bursche, dessen Passfoto in meinen Identifikationspapieren eingeschweißt ist,
hatte Mitte bis Ende der 70er ein interessantes Erlebnis zum Thema
Vorbereitung, realistische Zielsetzung und Planung bei Projekten. Er war
Handballer, Anfang/Mitte Zwanzig, 76 kg verteilt auf 187 cm, top fit. Aus
seinem privaten Umfeld kam die Idee auf, bei den Stadtmeisterschaften im 10
Kilometer Querfeldeinlauf (heute sagt man glaub’ ich Crosslauf dazu)
mitzumachen. Begeistert stimmte er zu, machte sich keinen Kopf, denn er war ja
fit und es nahmen trainierte Läufer nahezu jeden Alters (ca. 18 bis über 70
Jahre) und fast jeden Geschlechts (w/m) an diesem Lauf teil, dessen Profil
relativ große Höhenunterschiede aufwies.
Mein
Ziel stand sofort fest: Ich wollte mindestens Vorletzter werden (ha, ha, der
Hochmut grinste feist aus meinen Gedanken). Eine sonstige Vorbereitung,
Planung, Einschätzung der potentiellen Gegner gab es nicht. Um es kurz zu
machen: Ich verpasste mein Ziel knapp. Und wurde mit dem Abstand von etwa 3
Metern Letzter. In einer Zeit von 50 Minuten. Was war geschehen?
Vorher
nie 10 Kilometer am Stück gelaufen, ging ich die Strecke viel zu schnell an und
bekam schon zur Hälfte heftige Seitenstiche. Alle, die ich vorher weit hinter
mir gelassen hatte, überholten mich nach und nach, der Letzte, der kurz vor dem
Ziel noch an mir vorbei zog, war ein gleichmäßig trabender über
Siebzigjähriger. Der Sieger dieser Kleinstadt-Meisterschaft lief die Strecke
übrigens in etwas mehr als 34 Minuten. Hochmut kommt vor dem Fall: Keine Ahnung
von der
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