Trouble - Ein Jack-Reacher-Roman
Essenspause, sondern ging sofort zu den Taxis hinaus, wo er einen Koreaner mit einem gelben Toyota Minivan erwischte, der über Boxen reden wollte. Reacher verstand nichts vom Boxen und interessierte sich auch nicht dafür. Die offensichtliche Künstlichkeit dieses Sports war ihm zuwider. Gepolsterte Handschuhe und das Verbot von Tiefschlägen hatten in seiner Welt keinen Platz. Und er redete ungern. Also hockte er schweigend auf dem Rücksitz und ließ den Kerl weiterschwatzen. Er betrachtete das braune Nachmittagslicht durchs Fenster. Palmen, Reklametafeln mit Filmwerbung, hellgraue Fahrbahnen mit endlosen doppelten Gummispuren. Und Autos, Ströme von Autos, eine Flut von Autos. Er sah einen neuen Rolls-Royce und einen alten Citroën DS , beide schwarz. Einen blutroten MGA und einen pastellblauen 1957er Thunderbird, beide offen. Eine gelbe 1960er Corvette hinter einer grünen von 2008. Beobachtete man den Verkehr in L.A. lange genug, konnte man vermutlich jedes jemals hergestellte Automobil sehen.
Der Taxifahrer nahm den 101 nach Norden, fuhr einen Block vor dem Sunset Boulevard ab. Reacher stieg auf der Abfahrtsrampe aus und zahlte. Marschierte nach Süden, bog links ab und wandte sich nach Osten. Er wusste, dass es hier am Sunset auf ungefähr einer dreiviertel Meile auf beiden Seiten des Boulevards eine Ansammlung billiger Motels gab. Die Luft war südkalifornisch warm und roch nach Staub und Abgasen. Er blieb stehen. Er hatte etwa anderthalb Meilen vor sich, hinauf und hinunter, und Dutzende von Motels abzuklappern. Das konnte eine Stunde dauern, vielleicht länger. Er war hungrig. Rechts voraus entdeckte er das Reklameschild eines Denny’s. Ein Lokal einer Kette von Schnellrestaurants. Er beschloss, erst zu essen und dann zu arbeiten.
Er ging an geparkten Autos und unbebauten Grundstücken hinter Streckmetallzäunen vorbei. Stieg über Müll und softballgroße Ballen von Steppenläuferkraut hinweg. Überquerte den 101 auf einer langen Brücke. Betrat das Grundstück des Denny’s, indem er das grasige Bankett und die Drive-in-Spur überquerte. Ging an einer langen Fensterreihe vorbei.
Sah Frances Neagley drinnen allein in einer Nische sitzen.
5
Reacher blieb einen Augenblick auf dem Parkplatz stehen und beobachtete Neagley durchs Fenster. Sie hatte sich in den vier Jahren, seit er sie zuletzt gesehen hatte, kaum verändert. Sie musste jetzt über Mitte dreißig sein, aber das sah man ihr nicht an. Ihr Haar war noch immer lang, schwarz und glänzend. Ihre Augen wirkten noch immer dunkel und lebendig. Sie war noch immer schlank und geschmeidig, verbrachte viel Zeit im Fitness-Studio. Das war offensichtlich. Sie trug ein enges weißes T-Shirt mit kleinen angesetzten Ärmeln, und man hätte ein Elektronenmikroskop gebraucht, um ein Gramm Fett an ihren Armen zu finden. Oder sonst wo an ihrem Körper.
Sie war leicht gebräunt, was gut zu ihrem Teint passte. Ihre Fingernägel waren lackiert. Ihr T-Shirt schien ein teures Markenprodukt zu sein. Insgesamt wirkte sie besser situiert, als er sie in Erinnerung hatte. Sorglos, in ihrer Welt zu Hause, erfolgreich, ins Zivilleben integriert. Einen Augenblick lang waren ihm seine billigen Klamotten und seine abgetretenen Schuhe und sein zweitklassiger Haarschnitt peinlich. Als hätte sie’s geschafft und er nicht. Dann verdrängte die Freude, eine alte Freundin wiederzusehen, diesen Gedanken, und er ging zum Eingang. Betrat das Restaurant, lief an dem Schild Bitte hier warten, bis Ihnen ein Platz zugewiesen wird vorbei und glitt in ihre Sitznische. Sie hob den Kopf, sah ihn über den Tisch hinweg an und lächelte.
»Hallo«, begrüßte sie ihn.
»Ebenfalls«, sagte er.
»Möchtest du essen?«
»Das hatte ich vor.«
»Gut, dann wollen wir bestellen, nachdem du endlich hier bist.«
Er sagte: »Das klingt so, als hättest du mich erwartet.«
»Richtig. Und du bist ziemlich pünktlich da.«
»Tatsächlich?«
Neagley lächelte erneut. »Du hast den Kerl in meinem Büro aus Portland, Oregon angerufen. Er hat die Anrufidentifizie rung gesehen. Hat sie zu einem Münztelefon auf dem Busbahnhof zurückverfolgt. Wir haben uns ausgerechnet, dass du geradewegs zum Flughafen fahren würdest. Dann habe ich mir überlegt, dass du mit United fliegen würdest. Alaska Airlines ist dir bestimmt zuwider. Anschließend eine Taxifahrt hierher. Deine voraussichtliche Ankunftszeit war ziemlich leicht auszurechnen.«
»Du hast gewusst, dass ich hierherkommen würde? In dieses
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