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Trucks. Erzählungen

Trucks. Erzählungen

Titel: Trucks. Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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könnten leicht den Abwassergraben erreichen, zumal sie jetzt alle eingekeilt stehen. Wir könnten aufs freie Feld gelangen und in die Sümpfe laufen, wo Lastwagen im Schlamm versinken wie die Mastodons, und sie würden dann -
    - in ihre Höhlen zurückkehren.
    Mit Holzkohle Bilder zeichnen. Dies ist der Mondgott. Dies ist ein Baum. Dies ist ein Mac-Lastwagen, der einen Jäger erlegt.
    Aber das geht nicht. Die ganze Welt ist zubetoniert. Selbst die Spielplätze sind betoniert.
    Und für die Felder und Sümpfe gibt es Tankwagen, Raupenfahrzeuge und Tieflader, alle mit Laser und Maser ausgerüstet und mit Radargeräten, die auf Hitze ansprechen. Und ganz allmählich machen sie aus unserer Welt die Welt, die sie wollen.
    Ich sehe unzählige Lastwagen, die den Sumpf von Okefenokee mit Sand zuschütten. Ich sehe Planierraupen unsere Naturschutzgebiete einebnen und in eine weite flache Wüste verwandeln.
    Aber es sind Maschinen. Ganz gleich, was mit ihnen los ist, ganz gleich, welches kollektive Bewußtsein wir ihnen verliehen haben, sie können sich nicht fortpflanzen, In fünfzig oder sechzig Jahren sind sie Wracks, die vor sich hinrosten und von denen keinerlei Bedrohung mehr ausgeht, starre Leichen, die von freien Menschen angespuckt und mit Steinen beworfen werden.
    Und wenn ich die Augen schließe, sehe ich die Fließbänder in Detroit und Dearborn und Youngstown und Mackinac, wo Männer in blauen Overalls neue Lastwagen zusammenbauen. Sie stechen keine Uhren mehr. Sie fallen um und werden ersetzt.
    Der Mann vom Tresen kann kaum noch stehen.
    Er ist ja schon ein alter Kerl. Ich muß das Mädchen wecken.
    Ich sehe die Kondensstreifen von zwei Flugzeugen am Himmel, der immer dunkler wird.
    Könnte ich doch nur glauben, daß Menschen in ihnen sitzen.

Kinder des Zorns
    Burt schaltete das Radio ein, zu laut, aber er ließ es so, weil es ohnehin nichts mehr gab, was er hätte sagen können. Er wollte es nicht wahrhaben, aber es war hoffnungslos.
    Vicky sagte irgendetwas.
    »Was?« schrie er.
    »Mach leiser! Willst du mir die Trommelfelle zerreißen?«
    Er unterdrückte mühsam die Bemerkung, die ihm auf der Zunge lag, und stellte das Radio leiser.
    Vicky fächerte sich mit ihrem Halstuch frische Luft zu, obwohl der T-Bird über eine Klimaanlage verfügte. »Wo sind wir überhaupt?«
    »Nebraska.«
    Sie sah ihn kalt und ausdruckslos an. »Sicher, Burt. Ich weiß, daß wir in Nebraska sind, Burt. Aber wo zur Hölle sind wir?«
    »Du hast die Straßenkarte. Sieh nach. Oder kannst du nicht lesen?«
    »Blödsinn. Aber seit wir die Schnellstraße verlassen haben, können wir uns an dem Anblick von dreihundert Meilen Mais erfreuen. Und an der Intelligenz und Klugheit von Burt Robeson.«
    Er umklammerte das Lenkrad so fest, daß seine Knöchel weiß hervortraten. Er mußte es so fest halten. Wenn er losließ, würde sich eine seiner Hände selbständig machen und die Ex-Schönheitskönigin neben ihn in den Sitz hineinprügeln. Wir sind hier, um unsere Ehe zu retten, dachte er. Ja. Und ungefähr so erfolgreich, wie Schreien gegen fallende Bomben schützt.
    »Vicky«, sagte er vorsichtig, »Seit wir aus Boston losgefahren sind, bin ich fünfzehnhundert Meilen auf der Schnellstraße geblieben. Ich habe die ganze Zeit allein hinter dem Steuer gesessen, weil du dich weigerst, zu fahren. Dann-«
    »Ich habe mich nicht geweigert!« sagte Vicky hitzig. »Aber du weißt, daß ich vom langen Fahren Kopfschmerzen bekomme-«
    »Dann habe ich dich gebeten, mich mit der Karte über die Landstraße zu lotsen, und du hast gesagt, sicher, Burt. Genau das waren deine Worte. Sicher, Burt. Und-«
    »Manchmal frage ich mich, wie ich dich jemals heiraten konnte.«
    »Indem du ein kleines Wort gesagt hast.«
    Sie starrte ihn einen Moment mit zusammengepreßten Lippen an, ehe sie den Atlas wieder zur Hand nahm und heftig darin zu blättern begann. Es war ein Fehler gewesen, die Schnellstraße zu verlassen, dachte Burt mürrisch. Aber sie hatten während dieser Zeit wenigstens versucht, sich gegenseitig wie menschliche Wesen zu behandeln. Und für eine Weile hatte es sogar so ausgesehen, als ob diese Fahrt zur Küste - angeblich, um Vickys Bruder und seine Frau zu besuchen, aber in Wahrheit ein letzter, verzweifelter Versuch, ihre Ehe zu retten - ihren Zweck erfüllen würde.
    Aber seit sie die Hauptstraße verlassen hatten, war es wieder schlimmer geworden. Wie schlimm? Nun, schlimm genug.
    »Wir haben die Schnellstraße bei Hamburg verlassen, nicht?«

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