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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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würde ich die kleine weiße Tüte vergessen, die er aus dem Cafe am Hügel mitgenommen hatte, wo ein Hund die halbe Nacht gebellt hatte. Im Geist würde ich immer die Trauer und die Furcht in seinen Augen sehen, als er mir bei dem ermordeten Ted Eddings half, den er, wie mir jetzt klar war, gekannt hatte. Unbeabsichtigt hatten die beiden jungen Männer einander gegenseitig ihrem gewaltsamem Ende einen Schritt näher gebracht.
    »Mein Gott. Der arme Junge«, konnte Mant nur herausbringen. Er bedeckte seine Augen mit einem Taschentuch, und als ich ihn verließ, weinte er immer noch.

Kapitel 15
    Wesley und ich flogen noch in derselben Nacht zurück nach New York und trafen früh ein, weil wir Rückenwinde von mehr als hundert Knoten gehabt hatten. Wir holten unser Gepäck und gingen durch den Zoll, und dann erwartete uns wieder derselbe Wagen für die Fahrt zum Privatflughafen, wo der Learjet bereitstand.
    Es war plötzlich warm und regnerisch geworden, und wir flogen zwischen kolossalen schwarzen Wolken hindurch, die wie Ambosse waren, auf denen gewalttätige Gedanken geschmiedet wurden. Das Gewitter krachte und blitzte, als wir dahindurchflogen, wie durch eine Himmelsfehde. Ich war über den gegenwärtigen Stand der Dinge ein wenig unterrichtet worden, und es überraschte mich nicht, daß das FBI einen Außenposten eingerichtet hatte, wie die Polizei und die Rettungsmannschaften. Lucy war von ihrem Einsatz zurückberufen worden, hörte ich zu meiner Erleichterung, und arbeitete wieder in der Engineering Research Facility oder ERF, wo sie in Sicherheit war. Doch erst, als wir die Academy erreichten, erzählte mir Wesley, daß sie mit dem Rest des HRT in Bereitschaft versetzt worden war und nicht lange in Quantico bleiben würde.
    »Kommt nicht in Frage«, sagte ich zu ihm, wie eine Mutter, die ihre Erlaubnis verweigerte.
    »Ich fürchte, dabei hast du nichts zu sagen«, erwiderte er. Er half mir, meine Tasche durch die Lobby des Jefferson zu tragen, die an diesem Samstagabend ganz leer war. Wir winkten den jungen Frauen an der Rezeption zu, während wir uns weiterstritten.
    »Um Gottes Willen«, fuhr ich fort, »sie ist ganz neu. Ihr könnt sie nicht mitten in eine atomare Krise werfen.«
    »Wir werfen sie nirgendwo hinein.« Er drückte Glastüren auf. »Wir brauchen nur ihre technischen Fähigkeiten. Sie wird nicht zu den Scharfschützen gehen oder aus Flugzeugen abspringen.«
    »Wo ist sie jetzt?« fragte ich, als wir in den Aufzug stiegen. »Hoffentlich im Bett.«
    »Oh.« Ich schaute auf meine Uhr. »Ich schätze, es ist Mitternacht. Ich habe gedacht, es wäre schon morgen und ich sollte aufstehen.«
    »Ich weiß. Ich bin auch durcheinander.«
    Unsere Blicke trafen sich, und ich schaute weg. »Ich denke, wir sollten so tun, als wäre nichts geschehen«, sagte ich mit leicht unsicherer Stimme, denn wir hatten nicht über das gesprochen, was zwischen uns vorgefallen war.
    Wir gingen in den Flur, und er gab einen Code ein. Ein Schloß ging auf, und er öffnete eine weitere Glastür. »Was würde es nützen, wenn wir uns und anderen was vormachen?« sagte er, während er wieder einen Code eingab und eine weitere Tür öffnete.
    »Dann sag mir, was du tun willst«, meinte ich. Wir befanden uns im Sicherheitstrakt, wo ich gewöhnlich wohnte, wenn Arbeit oder Gefahr mich über Nacht hier festhielten. Er trug meine Taschen ins Schlafzimmer, während ich die Vorhänge an dem großen Fenster im Wohnzimmer zuzog. Die Ausstattung war bequem, aber schlicht, und als Wesley nicht antwortete, fiel mir ein, daß es wahrscheinlich nicht sicher war, an diesem Ort, wo zumindest die Telefone abgehört wurden, intime Angelegenheiten zu besprechen. Ich folgte ihm in den Flur und wiederholte meine Frage. »Hab Geduld«, sagte er und sah traurig aus, oder vielleicht war er nur müde. »Schau, Kay, ich muß nach Hause. Morgen früh haben wir als erstes eine Lufterkundung mit Marcia Gradecki und Senator Lord.«
    Gradecki war die amerikanische Justizministerin, und Frank Lord war der Vorsitzende des Justizausschusses und ein alter Freund.
    »Ich möchte dich gern dabei haben, da du insgesamt mehr als alle anderen über das zu wissen scheinst, was da vorgeht. Vielleicht kannst du ihnen erklären, wie sehr diese Hohlköpfe an ihre Bibel glauben. Daß sie dafür morden. Daß sie dafür sterben werden.«
    Er seufzte und rieb sich die Augen. »Und wir müssen darüber reden, wie wir, Gott bewahre, mit den kontaminierten Toten umgehen sollen,

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