Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
ja.« Er beugte sich vor und drückte die Zigarette in einem Aschenbecher auf dem kleinen Tisch aus. »Warum hat er das getan?«
    »Ich bin zufällig in sein Büro gekommen und habe es entdeckt, und dann fragte ich ihn, warum um alles in der Welt er es behalten hatte. Seine Erklärung lautete, daß er sich fragte, ob nicht jemand das Buch am Tatort einfach zufällig mitgenommen hatte, da es den Namen eines anderen trug. Daß vielleicht auch die Tasche jemand anderem gehörte.« Er hielt inne. »Wissen Sie, er war noch ziemlich neu, und ich denke, er hat einfach nur in gutem Glauben gehandelt.«
    »Sagen Sie mir eines«, meinte ich. »Haben damals irgendwelche Reporter im Büro angerufen oder Sie aufgesucht? Hat sich beispielsweise jemand nach dem Mann erkundigt, der auf dem Schiffsfriedhof zu Tode gequetscht worden war?«
    »Oh ja. Mr. Eddings ist aufgetaucht. Ich erinnere mich daran, weil er ziemlich scharf darauf war, jede Einzelheit in Erfahrung zu bringen, was mich etwas verwunderte. Meines Wissens hat er nie darüber geschrieben.«
    »Könnte Danny mit Eddings gesprochen haben?« Mant starrte gedankenverloren vor sich hin. »Ich glaube, ich habe die beiden miteinander reden sehen. Aber Danny war sicher klug genug, ihm nichts anzuvertrauen.«
    »Könnte er Eddings das Buch gegeben haben, in der Annahme, Eddings würde an einem Artikel über die Neuen Zionisten arbeiten?«
    »Das weiß ich nicht genau. Ich sah das Buch nie wieder und nahm an, daß Danny es der Navy zurückgegeben hatte. Ich vermisse den Jungen. Wie geht es ihm übrigens? Was macht sein Knie? Ich hab ihn Hoppier genannt, wissen Sie.« Er lachte. Aber weder beantworte ich seine Frage, noch lächelte ich. »Sagen Sie mir, was danach geschah. Was hat Ihnen Angst gemacht?«
    »Sonderbare Vorkommnisse. Anrufer, die gleich wieder auflegten. Ich hatte das Gefühl, verfolgt zu werden. Mein Leichenschauhaus-Aufseher ist ganz abrupt, wie Sie sich erinnern, ohne eine vernünftige Erklärung abgehauen. Und als ich eines Tages auf den Parkplatz kam, war Blut über die Windschutzscheibe meines Autos verschmiert. Ich habe es sogar im Labor testen lassen, und es stammte aus einem Metzgerladen. Von einer Kuh, mit anderen Worten.«
    »Ich nehme an, Sie haben Detective Roche kennengelernt«, sagte ich.
    »Unglücklicherweise. Ich kann ihn überhaupt nicht leiden.«
    »Hat er je versucht, von Ihnen Informationen zu erhalten?«
    »Er ist immer wieder vorbeigekommen. Natürlich nicht zu Autopsien. Er hat dafür nicht die Nerven.«
    »Was hat er wissen wollen?«
    »Nun ja, was über den Navy-Toten, von dem wir gesprochen haben. Dazu hatte er Fragen.«
    »Hat er sich nach seinen persönlichen Sachen erkundigt? Der Tasche, die unabsichtlich mit der Leiche zusammen ins Leichenschauhaus kam?«
    Mant versuchte, sich zu erinnern. »Also, wo Sie nun in meinem eher armseligen Gedächtnis herumstochern, scheint mir, ich kann mich erinnern, daß er nach der Tasche gefragt hat. Und ich habe ihn an Danny verwiesen, glaube ich.«
    »Aber Danny hat sie ihm eindeutig nie gegeben«, meinte ich. »Oder zumindest nicht das Buch, weil das inzwischen aufgetaucht ist.«
    Ich sagte ihm nicht wie, weil ich ihn nicht aufregen wollte. »Dieses verdammte Buch muß für irgend jemanden schrecklich wichtig sein«, sinnierte er.
    Ich schwieg, während er wieder rauchte. Dann meinte ich: »Warum haben Sie mir nichts gesagt? Warum sind Sie einfach davongerannt und haben nie ein Wort gesagt?«
    »Ehrlich gesagt wollte ich Sie nicht dahineinziehen. Und es klang alles ziemlich fantastisch.« Er hielt inne, und ich sah seinem Gesicht an, daß er spürte, daß andere schlimme Dinge seit seinem Weggang aus Virginia geschehen waren. »Dr. Scarpetta, ich bin kein junger Mann mehr. Ich will nur in Frieden noch ein bißchen meiner Arbeit nachgehen, bevor ich in den Ruhestand trete.«
    Ich wollte ihn nicht weiter kritisieren, weil ich Verständnis für sein Tun hatte. Ich konnte ihm ehrlich keine Vorwürfe machen und war froh, daß er geflohen war, denn er hatte womöglich sein Leben damit gerettet. Ironischerweise hatte er nichts von Bedeutung gewußt, und wäre er ermordet worden, wäre das grundlos geschehen, so wie es für den Mord an Danny keinen Grund gab.
    Dann sagte ich ihm die Wahrheit, während ich die Bilder von einer Knieschiene, die so hellrot wie Blut war, und von Laub und Unrat zu verdrängen suchte, die an blutverkrustetem Haar hafteten. Ich erinnerte mich an Dannys strahlendes Lächeln, und nie

Weitere Kostenlose Bücher