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Trübe Wasser sind kalt

Trübe Wasser sind kalt

Titel: Trübe Wasser sind kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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um die Ecke zu den Duschen, wo wir unsere Füße desinfizierten, Handschuhe und Masken abstreiften und die Arbeitskittel in einen Mülleimer stopften. Dann gingen wir in den Aufenthaltsraum, der auf den Parkplatz hinausblickte. Wie alles andere in London hatte auch der abgestandene Rauch in diesem Zimmer eine lange Geschichte.
    »Darf ich Ihnen etwas anbieten?« fragte er, während er eine Schachtel Players herauszog. »Ich weiß, daß Sie nicht mehr rauchen, also werde ich Ihnen keine Zigarette anbieten.«
    »Ich brauche überhaupt nichts, bis auf ein paar Antworten von Ihnen«, sagte ich.
    Seine Hände zitterten leicht, als er ein Streichholz anzündete. »Dr. Mant, was in Gottes Namen tun Sie hier?« begann ich. »Si e sollten in London sein, weil Sie einen Todesfall in der Familie hatten.«
    »Hatte ich. Zufälligerweise.«
    »Zufälligerweise?« sagte ich. »Und was heißt das?«
    »Dr. Scarpetta, ich hatte sowieso die Absicht wegzugehen, und dann starb plötzlich meine Mutter, und das erleichterte mir die Wahl des Zeitpunkts.«
    »Dann hatten Sie gar nicht vor zurückzukehren«, sagte ich aufgebracht.
    »Es tut mir ausgesprochen leid. Aber, nein, ich hatte nicht vor, zurückzukommen.« Er schnippte taktvoll Asche weg. »Sie hätten es mir wenigstens sagen können, damit ich mich schon nach einem Nachfolger hätte umsehen können. Ich habe immer wieder versucht, Sie anzurufen.«
    »Ich habe es Ihnen nicht gesagt und Sie nicht zurückgerufen, weil ich nicht wollte, daß die es erfahren.«
    »Die?« Das Wort hing in der Luft. »Wen genau meinen Sie, Dr. Mant?« Er war sehr sachlich, er rauchte, hatte die Beine übereinandergeschlagen, wobei sein Bauch sich rundlich über seinen Gürtel schob. »Ich habe keine Ahnung, wer sie sind, aber sie wissen genau, wer wir sind. Das hat mich aufgeschreckt. Ich kann Ihnen genau sagen, wann alles anfing. Am 13. Oktober, und Sie erinnern sich vielleicht an den Fall, oder auch nicht.« Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach.
    »Also, die Navy hat die Autopsie durchgeführt, weil der Tote auf ihrem Schiffsfriedhof in Norfolk gefunden worden war.«
    »Der Mann, der unglücklicherweise in einem Trockendock zerquetscht wurde?« Ich erinnerte mich schwach. »Genau der.«
    »Sie haben recht. Das war ein Fall für die Navy, nicht für uns«, sagt ich, während ich schon ahnte, was er zu sagen hatte. »Erklären Sie mir, was das mit uns zu tun hat.«
    »Wissen Sie, das Rettungsteam hat einen Fehler gemacht«, fuhr er fort. »Statt die Leiche ins Marinekrankenhaus in Portsmouth zu bringen, wo sie hingehörte, brachten sie sie zu mir, und der junge Danny hatte keine Ahnung. Er fing an, Blut abzunehmen, die Formulare auszufüllen, all diese Sachen, und dabei fand er etwas äußerst Ungewöhnliches unter den Habseligkeiten des Verstorbenen.«
    Ich merkte, daß er von Danny nichts wußte. »Das Opfer hatte eine Segeltuchtasche dabei«, fuhr er fort. »Und die vom Rettungsteam hatten sie einfach auf die Leiche gelegt und alles mit einer Plane abgedeckt. Das mag ein Schnitzer gewesen sein, aber wenn das nicht passiert wäre, hätten wir keinen Anhaltspunkt gehabt, schätze ich.«
    »Was für einen Anhaltspunkt?«
    »Dieser Kerl hatte offenbar eine ziemlich düstere Bibel, die, wie ich später erst herausfand, mit einem Kult zu tun hatte. Den Neuen Zionisten. Ein absolut schreckliches Ding, dieses Buch, beschreibt in allen Einzelheiten Folter, Mord und so. Es war in meinen Augen entsetzlich verstörend.«
    »Hieß es das Book of Hand?« fragte ich.
    »Aber ja.« Seine Augen leuchteten auf. »So hieß es.«
    »War es in schwarzes Leder gebunden?«
    »Ich glaube, ja. Mit einem Namen darauf, der merkwürdigerweise nicht der des Verstorbenen war. Shapiro oder so ähnlich.«
    »Dwain Shapiro.«
    »Ja«, sagte er. »Dann wissen Sie bereits davon.«
    »Ich weiß von dem Buch, aber nicht, warum dieser Mensch es besaß, weil sein Name sicherlich nicht Dwain Shapiro war.« Er hielt inne und rieb sich das Gesicht. »Ich glaube, er hieß Catlett.«
    »Aber er könnte Dwain Shapiros Mörder gewesen sein«, sagte ich. »So könnte er in den Besitz der Bibel gekommen sein.«
    Mant wußte es nicht. »Als ich erkannte, daß wir in unserer Leichenhalle einen Fall für die Navy hatten«, sagte er, »ließ ich Danny die Leiche nach Portsmouth transportieren. Die Habseligkeiten des armen Mannes hätten eindeutig mit ihm abgeliefert werden sollen.«
    »Aber Danny hat das Buch behalten«, sagte ich. »Ich fürchte,

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