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Trügerischer Friede

Trügerischer Friede

Titel: Trügerischer Friede Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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brachte.
    Ängstlich schaute sie sich um, entdeckte jedoch keine Spur von ihren Peinigern. Sie wusste, was das bedeutete: Der Haratf hatte sie von Anfang an im Verdacht gehabt, eine Spionin zu sein. Nun griff er sie, nachdem er sie heimlich beobachtet hatte, mit seinen magischen Fertigkeiten an. Ihr Gesicht wurde drei, vier Mal auf den Boden geschlagen; sie verlor fast das Bewusstsein und wurde dennoch auf die Beine gestellt.
    »Fjanski, hört auf damit!«, rief sie undeutlich; Blut lief aus ihrer Nase, ihre Lippen schwollen bereits an, und einige Schneidezähne fühlten sich locker an. »Lasst mich am Leben, ich werde Euch ...«
    Die unsichtbaren Kräfte des Adligen traten erneut in Aktion. Sie hoben die Vasruca einen Fingerbreit von den Holzdielen und trugen sie mit enormer Geschwindigkeit auf das geschlossene Fenster zu, das zum Hof hinaus lag.
    In Todesfurcht kreischend, hielt sie die Arme vor ihr Gesicht und schloss die Augen. Schon wurde sie durch die bunt bemalte Scheibe nach draußen katapultiert und fiel, umgeben von glitzernden Scherben, den Pflastersteinen entgegen.
    Ihr Flug endete überraschenderweise im weichen Misthaufen; die Pferdeäpfel und das Stroh milderten die Wucht des Aufschlags.
    »Danke, Ulldrael ...« Die Vasruca hatte den Sturz wider alles Erwarten überlebt. Sie rollte sich herum, um rasch von dem stinkenden, doch unverhofft weichen Untergrund zu rutschen und aus dem frühmorgendlichen Checskotan zu
    flüchten. Noch wagte es keiner der Wächter, Fragen zu stellen; auch Hara    seine Magie nicht vollbracht hatte.
    Doch die Frau hatte sich zu früh bei ihrem Gott bedankt.
    Gerade wollte sie sich hochstemmen, um auf den steinernen Boden des Innenhofs zu gelangen, als sie das Glitzern über sich bemerkte und nach oben blickte.
    Zwei Schritte über ihr verharrten die unzähligen kleinen und großen Splitter des bunten Fensters wie an Schnüren aufgehängt in der Luft. Sie drehten sich um die eigene Achse, als spielte der Wind mit ihnen, und reflektierten den Schein der Wachfeuer im Hof. Es sah bizarr und zugleich schön aus, aber der Anblick täuschte nicht über die tödliche Bedrohung hinweg.
    »Gnade, Fjanski!«, rief sie flehend, doch schon fuhren die Scherben Dolchen gleich auf sie herab. Kontinent Ulldart, Königreich Tarpol, Hauptstadt Ulsar, Sommer im Jahr 1 Ulldrael des Gerechten (460 n.S.)
    Es war, als hätte Ulldrael der Gerechte den Sommersonnen erlaubt, mit ihrer ganzen Macht vom Himmel zu scheinen.
    Sie besaßen doppelt so viel Kraft wie in dem vergangenen, finsteren Jahr, in dem Govan und seine Schwester Zvatochna geherrscht hatten. Die strahlenden Gestirne führten den Menschen unmissverständlich vor Augen, dass die Dunkle Zeit vorüber war.
    Die goldenen Strahlen fanden in jeden finsteren Winkel der Hauptstadt und scheuchten den letzten, beharrlichen Schrecken aus den düsteren Gässchen. Noch nie war Ulsar derart von Helligkeit durchströmt gewesen.
    Auch die Bewohner trugen ihren Teil dazu bei. Die nachträglich aufgesetzte Architektur des Grauens, die Govan für die gesamten Häuser angeordnet hatte, schwand. Die finsteren, geschwärzten Fassaden wurden gestrichen, die nachträglich angesetzten schwarzen Eisenspitzen von den Dächern abgerissen und steinerne Dämonenfigürchen von den Giebeln gestoßen.
    Das unablässige Klopfen der Hämmer und Meißel erklang allerorten. Die Steinmetze verfolgten ihr Vernichtungswerk an den Bauten unnachgiebig und trieben das Böse aus. Die verhassten Tzulan-Zeichen wehten als harmloser Steinstaub auf das Kopfsteinpflaster und die Schindeln, wo sie der gelegentliche Landregen abwusch und zu den zerschellten Dämonen in die Gosse spülte. Norina Miklanowo, die kommende Kabcara des sich vom Schrecken erholenden Tarpol, fand man in diesen Tagen nahezu überall in Ulsan Die hoch gewachsene Frau mit den langen, schwarzen Haaren begutachtete die Fortschritte der Steinmetzen, legte mit Hand an, wenn es erforderlich war, und erkundigte sich unentwegt nach Dingen, die zum Gelingen der Baumaßnahmen fehlten. Das tat sie nicht etwa in feiner Kleidung und umgeben von einem dekadenten Hofstaat, sondern im Gewand einer Brojakin und nur begleitet von einigen Leibwächtern. Kein Herrscher Tarpols war dem Volk je näher gewesen als sie.
    Vor der eingerissenen Kathedrale, die Govan zu Ehren Tzulans errichtet und in der er seinem Gott Menschenopfer dargeboten hatte, traf sie Matuc wieder, den betagten Mönch mit dem

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