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Trümmermörder

Trümmermörder

Titel: Trümmermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Rademacher
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ihn Breuer sanft.
    »Wen?«
    »Polizeiinspektor Lothar Maschke. Er hat sich sofort freiwillig gemeldet.«
    »Das ist heute nicht mein Glückstag«, murmelt Stave.
    Breuer lächelt und ruft seiner Sekretärin zu: »Führen Sie die beiden Herren herein!«
    Der Mann, der als Erster ins Büro tritt, trägt die braungrüne Uniform eines Lieutenant des britischen Heeres. Stave schätzt ihn auf Mitte zwanzig, obwohl das helle, fast rosige Gesicht unter blonden, kurzen Haaren ihn noch jugendlicher wirken lässt; nicht sehr groß, drahtig, mit dem federnden Schritt des Sportlers. Stave fragt sich unwillkürlich, woran es liegen mag, dass ihm die Uniform, obwohl tadellos gebügelt, eine Spur zu salopp, der Gesichtsausdruck des Offiziers, obwohl freundlich und verbindlich, einen Hauch blasiert vorkommt.
    »Lieutenant James C. MacDonald von der britischen Verwaltung in Hamburg, Public Safety Branch«, stellt ihn Breuer vor.
    Der Offizier fährt mit der Hand ruckartig zur Mütze und grüßt. Stave, der mit dem militärischen Salut nichts anfangen kann, weiß nicht so recht, wohin mit seiner Hand.
    MacDonald lächelt, ergreift dann seine Rechte. »Sehr erfreut, Herr Oberinspektor.«
    Er spricht mit weichem britischem Akzent, doch Stave vermutet, dass die Aussprache MacDonalds einzige sprachliche Schwäche ist. Würde mich nicht wundern, wenn der seine Berichte besser schreiben könnte als die meisten Kollegen, denkt er. Laut sagt Stave: »Willkommen bei der Kripo, Herr Lieutenant.«
    Der zweite Mann folgt dem Briten ein wenig zögerlich ins Büro des Kripo-Chefs. Stave schätzt ihn auf dreißig Jahre, sehr groß und schlaksig in einem viel zu weiten, etwas schäbigen Zivilanzug. Rotblonde Haare und noch etwas rötlicherer dünner Oberlippenbart. Zeige- und Mittelfinger der Rechten nikotingelb, die Bewegungen fahrig – ein starker Raucher, der in diesen Zeiten nie genug Zigaretten bekommt.
    Stave nickt ihm einen Gruß zu. Polizeiinspektor Lothar Maschke von der Sitte, er kennt ihn schon. Maschke ist noch nicht lange weg von der Polizeischule, doch er hat es schon geschafft, sich bei den meisten Krimsches unbeliebt zu machen, obwohl eigentlich niemand den genauen Grund dafür nennen könnte. Stave glaubt, dass sich Maschke einen Schnäuzer wachsen lässt, um älter zu wirken. Und er macht sich heimlich über Maschke lustig, weil er noch bei seiner Mutter lebt. Ausgerechnet ein Beamter der Sitte.
    »Meine Herren«, ruft Breuer und reibt sich die Hände, »ich bin gespannt auf Ihre Ermittlungsergebnisse.«
    »Gehen wir in mein Büro«, schlägt Stave vor.
    Mit einem Kopfnicken verabschiedet er sich von seinem Chef, dann weist er den beiden anderen Männern den Weg. Die haben mir gerade noch gefehlt, denkt er resigniert und folgt ihnen über den düsteren Flur, den nur eine gelbliche 15-Watt-Birne erhellt.
    Sein Zimmer ist licht, das Fenster gibt den Blick auf die Musikhalle frei und auf die Ruinen dahinter. Staves alter, hölzerner Schreibtisch ist wie leergefegt. Penibel räumt er stets alle Unterlagen in die Schubladen unter der Platte, hängt jede Akte sauber beschriftet in einen wuchtigen, metallgrauen Schrank für Hängeregistraturen.
    Erna Berg kommt herein und legt ihm einen grünen Pappordner hin, in den sie ein Blatt abgeheftet hat: die neue Mordakte.
    Der Oberinspektor stellt seine Sekretärin den beiden Männern vor.
    Maschke nickt nur kurz und murmelt Undeutliches. MacDonald hingegen ergreift ihre Hand.
    »Freut mich, Sie kennenzulernen«, sagt er.
    Stave bemerkt erstaunt, wie seine Sekretärin errötet.
    »Ich bringe Ihnen noch einen Stuhl«, erwidert sie, eine Spur zu hastig.
    »Lassen Sie mich das machen«, wehrt MacDonald ab. Er springt ins Vorzimmer und trägt einen zweiten Besucherstuhl hinein.
    Erna Berg lächelt ihn an.
    Mit einem Nicken bedeutet Stave ihr, sich zurückzuziehen und die Tür zum Büro zu schließen. Dann muss er plötzlich an Margarethe denken und wie es war, als er sie kennenlernte. Diese Schüchternheit und Erregung. Plötzlich beneidet er den jungen britischen Offizier. Blödsinn. Er verscheucht die Gedanken an seine Frau, an alle Frauen – bis auf eine: die nackte Tote.
    »Setzen Sie sich«, bittet er förmlich, »Ich werde Ihnen einen Überblick geben.«
    Methodisch berichtet der Oberinspektor von der nackten Leiche mit der Blinddarmnarbe und den Würgemalen, vom Fundort, von den beiden Buben, von der Befragung der Bunkermenschen, von der vergeblichen Spurensuche. Als er geendet hat, zieht

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