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Trugschluss

Trugschluss

Titel: Trugschluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Bomm
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zwischen den Schränken, Schaltkästen und Computern weiter.
Blühm fühlte sich jetzt als Experte: »Eine typische Relais-Station, eine von
hunderten, wenn nicht sogar von tausenden, mit denen sie Europa,
beziehungsweise die ganze Welt überzogen haben.«
    Häberle versuchte sich vorzustellen, was
hier gestern los war. Vielleicht sogar noch, als sie seelenruhig draußen in
Morcote in der Kneipe gesessen waren. Aber vermutlich hätten sie heute
tatsächlich keine Chance gehabt, sich dem Gebäude zu nähern, wenn hier noch
gearbeitet worden wäre.
    Häberle hatte sich freilich sein Vorgehen
genau überlegt. Wäre das Gebäude nicht so tot gewesen, wie sie es angetroffen
hatten, hätte er sich ganz offiziell am Haupteingang bemerkbar gemacht und
einfach nach dem Chef dieser Firma verlangt, deren Schild ja schließlich außen
angebracht war. Wie lange er aber den Software-Interessenten hätte spielen
können, darüber wollte er jetzt lieber nicht nachdenken.
    Offenbar waren im Untergeschoss die
Trennwände zwischen den einstigen Büros herausgebrochen worden, sodass ein
einziger großer Raum entstanden war. Am Ende stießen sie auf eine Kabine, die
so aussah, als sei es ein abgeschotteter Röntgenraum.
    »Was ist denn das?«, staunte der
Kriminalist und ging zielstrebig darauf zu. Er leuchtete die abgerundeten
Plastikwände an, um ein etwaiges Warnzeichen für Radioaktivität zu entdecken.
Doch da war keines. Um auch hier keine Spuren zu hinterlassen, griff er mit
Hilfe seines Taschentuchs nach dem runden Türknauf und drehte ihn auf. Die vier
Begleiter kamen näher und waren gespannt, was sich ihnen bot.
    Ihr Blick fiel auf eine Art gepolsterten
Schleudersitz, von dem die Gurte lose zur Seite lagen. Dahinter und an den
Seiten, sogar an der niederen Decke, waren eine Unmenge Apparaturen befestigt,
deren Kabel zueinander und schließlich in einen größeren Schaltschrank führten.
Außerdem befanden sich in den Wänden beidseits des Sitzes, jeweils etwa über
die ganze Größe eines sitzenden Menschen hinweg, feine Löcher, als ob es sich
um Lautsprecher handele.
    »Für elektromagnetische Versuche am
lebenden Objekt«, kommentierte Blühm überrascht. Auch Ellen erschrak: »Ich
hätt’ nicht geglaubt, dass sie’s getan haben.«
    Häberle wunderte schon lange nichts mehr.
Als er den Strahl seiner Taschenlampe aus der Kabine nahm, fiel das Licht auf
eine der unzähligen Apparaturen, die hier in einem Halbkreis angeordnet waren.
Irgendwie machte dies alles den Eindruck, als hätten die Mitarbeiter den Raum
fluchtartig verlassen. Häberle konnte es sich nicht verkneifen, den roten »On«-Knopf
dieser Großanlage zu drücken, die offenbar alles steuerte, was mit dieser
seltsamen Kabine zusammenhing. Sogleich begannen unzählige Kontrollleuchten zu
glimmen, Festplatten zum Leben zu erwachen und Gebläse zu rauschen. Er
leuchtete die Geräte ab, die plötzlich gar nicht mehr tot erschienen. Ein
Monitor war zunächst blau und ließ dann eine endlose Reihe von Zahlen
aufleuchten, die in schneller Folge von oben nach unten wanderten. »Continue?«
stand plötzlich in weißen Buchstaben auf einem schwarzen Balken. Häberle griff
mit seinem Taschentuch eine bereitliegende Maus und klickte auf »Yes«. Der
Computer war zufrieden und präsentierte wieder Zahlen- und Buchstabencodes, bis
er erneut eine Frage stellte: »Date correct?« Datum korrekt? Darunter war
offenbar bereits eines programmiert, vermutlich das zuletzt genutzte. Häberle
stutzte und verengte die Augenbrauen. Auch die anderen traten näher an den
Bildschirm heran und vermochten nichts zu sagen. War das ein zufälliger
Zahlencode oder verbarg sich dahinter tatsächlich ein Datum: »14031879«. Blühm
erkannte es als Erster: »Das ist der Vierzehnte-Dritte Achtzehnhundertneunundsiebzig.«
Schweigen. »Wisst ihr, was das ist?«
    Häberle antwortete mit trockener Kehle: »Einsteins
Geburtstag.«
     
    Sie hatten den »On« -Schalter wieder umgelegt und den
Geräten das Leben ausgehaucht. Vorbei an dem tobenden Mann waren sie ins
Erdgeschoss hochgestiegen, um das Gebäude durch die demolierte Tür zu
verlassen.
    Draußen war die Nacht noch immer lau, die
Luft aber viel frischer, als sie es in dem stickigen Untergeschoss war.
    »Womit die auch immer experimentiert haben«,
stellte Häberle fest, »wenn das die Welt erfährt, laufen manche Amok.«
    Blühm blieb gelassen: »Keine Sorge, Herr
Kommissar. Das können sie erzählen, wem sie wollen. Das glaubt ihnen kein
Mensch.

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