Truthahn um zwölf
Tee in Gläsern. Mehr Eßbares konnte ich nicht
sehen. Ich war froh, daß Tony die Lebensmittel mitgebracht hatte, obwohl es
wenig genug war, wenn ein Mann davon ein paar Tage lang leben wollte.
Sie schien ihn sehr gut zu
kennen und behandelte ihn mit der gleichen leichten Vertrautheit wie die
meisten Leute. Sie holte seine Einkäufe herein und räumte sie in den Schrank,
während er Tee kochte, und nahm mit ernster Miene die Silbermünzen in Empfang,
mit denen er zahlte.
»Ach, jetzt hätte ich es fast
vergessen, hier ist Ihre Post«, sagte sie, und ich sah Caleb stutzen, als er
die Schrift auf dem Umschlag erkannte.
Er entschuldigte sich sehr
förmlich und öffnete den Brief. Er enthielt sicherlich eine schlechte
Nachricht, und ich war etwas entsetzt über Tonys Frage: »Geht es um die
verfluchte Pacht, Caleb?«
Ich ließ sie damit alleine und
ging in den kläglichen Gemüsegarten hinaus. Alles wuchs schlecht und am
falschen Platz. Die Bohnen hatten die beste Stelle und hatten wild
ausgeschlagen, die gelben Rüben hatten die schlechteste und waren winzig. Ein
paar Krautköpfe waren geschossen, weil sie nicht gedüngt worden waren, und ein
paar grüne Kartoffeln waren ausgebuddelt und vergessen worden. Als ich mich
genauer umsah, bemerkte ich plötzlich ein Paar gelbe Augen, die mich aus dem
Sauerampfer heraus anstarrten. Ich mag Katzen gerne, aber mein leises »Miez,
Miez!« wurde mit einem lauten Fauchen beantwortet, und Annabella schoß durchs
Gras mit einem Schwanz wie eine Flaschenbürste.
Caleb dankte uns beim Abschied
noch einmal für unseren »rechtzeitigen Beistand« und versprach Tony, in einer
Woche wieder nach Tiri hinunterzuradeln. Als wir zum Tor hinausfuhren, drehte
sie sich um, winkte der einsamen Gestalt zu und seufzte tief auf.
»Ich mach’ mir solche Sorgen um
ihn. Sie wollen ihn hinauswerfen. Wir müssen irgendetwas unternehmen. Du siehst
ja, wie lieb er ist.«
So hätte ich ihn nicht gerade
genannt, aber er war ehrlich, und man mußte einfach Mitleid mit ihm haben.
Einer von den Menschen, denen immer alles schiefgeht. Die Erinnerung an die
sich windende Gestalt, die mit den Schweinen in dem riesigen Netz gefangen war,
brachte mich zum Lachen.
»Eine verrückte Idee, sie so
fangen zu wollen! Und warum hat er das Netz gekauft? Ist er immer so?«
»Ja, immer. Irgendwie packt er
alle Sachen falsch an, dabei immer mit den besten Absichten. Aber
irgendwas muß es doch geben, was er tun kann, wenn es mir nur einfallen würde.«
»Was hat er vorher getan? Wie
ist er hierher gekommen?«
»Er hat alles mögliche versucht
und immer Pech gehabt. Es ist immer alles schiefgegangen. Nicht durch seine
Schuld, immer Macht des Schicksals, wie man so sagt. Einmal hatte er einen
kleinen Laden, und er hätte sich rentiert, aber es wurde eine neue Straße
gebaut, und er saß auf dem Trockenen, niemand kam mehr vorbei und kaufte etwas.
Dann versuchte er es mit Fischfang, und sein Boot ging kaputt. Er machte eine
Geflügelfarm auf, aber es brach ein Feuer aus, und die Eier wurden gebraten
statt ausgebrütet. Als er Tomaten züchten wollte, wurden sie vom Mehltau
befallen, und als er es mit Obstbau versuchte, fraßen die Opossums alle Früchte
auf. Ach, und noch vieles andere, aber es endete alles gleich. Einmal verkaufte
er Besen und verdiente ein wenig dabei, aber er stolperte über einen Besenstiel
und brach sich ein Bein...«
In diesem Moment kam uns an
einer sehr engen Stelle ein kleiner Lastwagen entgegen, und Tony fuhr zurück,
um ihn vorbeizulassen. Der Fahrer rief ihr einen Gruß zu, es war wohl Jim, der
die Schweine kaufen wollte. Tony strahlte ihn an und sagte: »Die Schweine sind
wunderbar und warten schon auf Sie — wenigstens zwei von ihnen. Schauen Sie,
daß Sie ihn gut bezahlen, Jimmy.«
Als wir weiterfuhren, sagte sie
traurig: »Weißt du, ich glaube, jetzt hat er nichts mehr zu verkaufen als die
Kuh, und die braucht er wegen der Milch für Annabella. Wir müssen einfach etwas
tun! Irgendein Plätzchen finden, wo man ihn brauchen kann.«
Ich glaubte, daß man da lange
würde suchen müssen. Aber ich kannte Tony, und deshalb zweifelte ich nicht
daran, daß sie etwas finden würde.
3
Als wir zum Supermarkt
zurückkamen, sagte Tony: »Wie lange bleibt diese Frau denn noch beim Colonel?«
»Ursula Maitland? Ich weiß
nicht. Sie hat von ein paar Monaten gesprochen, als sie ankam. Ich hab’
irgendwo gehört, daß sie um Weihnachten herum abreist.«
»Teufel. Ich wollte,
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