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Truthahn um zwölf

Truthahn um zwölf

Titel: Truthahn um zwölf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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bewundern, wie sehr sich Annes Gesundheit
gebessert habe seit der Ankunft »dieser hervorragenden Frau; meiner Entdeckung,
Sie wissen ja«.
    Wir kamen um zehn Uhr zur Farm
und fanden Anne schwer mit der Familienwäsche beschäftigt. Wo war die unbezahlbare
Mrs. Silver ?
    »Hat sich hingelegt, weil sie
Migräne hat. Scheint schlimm zu sein. Ich hab’ sie stöhnen hören.«
    Ich fragte, ob ich für die
Leidende etwas tun könne.
    »Ich glaube nicht. Vor ein paar
Minuten hab’ ich ihr Aspirin angeboten, aber ihre Türe ist zugesperrt, und
ich   glaube, daß sie gesagt hat:
>Schau, daß du wegkommst!<«
    Der Colonel war bestürzt.
Schau, daß du wegkommst? So etwas würde seine wunderbare Entdeckung doch sicher
nicht sagen? Anne und ich tauschten besorgte Blicke. Aus Mrs. Silvers Zimmer drangen äußerst beunruhigende Geräusche, es
klang wie eine Mischung aus Stöhnen und dem Versuch, zu singen. Der Colonel
murmelte: »Seltsam, höchst seltsam. Eine so zuverlässige Frau. Nicht ihre Art,
ein Theater zu machen. Vielleicht sollten wir besser den Doktor holen? Diese
Geräusche gefallen mir gar nicht.«
    Mir auch nicht, aber ich sagte
mir, daß mein Verdacht unsinnig sei. Wenn ich je eine vollkommen tugendhafte
Frau gesehen hatte.... Und wie sehr sie unser Glas Sherry mißbilligt hatte...
    Aber in diesem Moment flog die
Türe mit einem Krach auf, und eine Gestalt erschien, die ich kaum als die
bewunderungswürdige Frau wiedererkannte, die ich vorher getroffen hatte. Ihr
Haar war zerzaust, ihre Augen blickten glasig, und sie trug einen schmutzigen
Morgenrock über ihrem Nachthemd. Der Colonel murmelte: »Außer sich vor
Schmerz!« — aber ich hatte meine Zweifel. Sie sah nicht leidend aus, und sie
war von einem Geruch umgeben, schlimmer als Mick O’Connor.
    Sie begrüßte mich mit einer
abstoßenden Fröhlichkeit, die sehr im Gegensatz zu der würdevollen
Zurückhaltung bei unserer letzten Begegnung stand. Dann erblickte sie den
Colonel und geriet in eine beängstigende Verzückung. »Mein Allerliebster!« rief
sie, stürzte sich auf ihn, und umklammerte seinen Arm so hartnäckig, daß man
sie nur mit brutaler Gewalt hätte losmachen können.
    »Nach dir allein hab’ ich
Sehnsucht gehabt«, schrie sie entzückt. »Nach dem liebenswürdigen Herrn, der
mich hierhergebracht hat.... und warum holte er mich? Um seiner Tochter zu helfen?
Um auf ein paar verfluchte Bälger aufzupassen?« Sie schüttelte den Kopf so
heftig, daß sie fast das Gleichgewicht verloren hätte, und sich noch fester an
den Colonel klammerte, wobei sie ihn mit einer ekelhaften Vertraulichkeit
anblinzelte. »Dafür doch nicht, oder, Colonel? Ach, wir, wir wissen es!«, und
sie schmachtete unangenehm verständnisvoll in sein entsetztes Gesicht.
    Für einen Moment war er wie
gelähmt. Nie in seinem Leben hatte ihn jemand so behandelt, und er war der
Situation nicht gewachsen. Angeborene Ritterlichkeit hielt ihn davon ab, rohe
Gewalt gegen eine Frau anzuwenden, nicht einmal, wenn sie vollkommen betrunken
war. Mrs. Silver hielt ihn fest wie in einem
Schraubstock und lächelte albern zu seinem abgewandten Gesicht hin.
    Anne war zu entsetzt um zu
reden, und ich sagte unsicher: »Bitte, Mrs. Silver ,
nicht ...«
    Das war genau das Falsche. »Was
nicht?« kreischte sie schrill, plötzlich wütend in der unberechenbaren Art
aller Betrunkenen. »Nichts davon, mein Mädchen! Du bist eifersüchtig! Aber er
gehört mir. Finden heißt behalten. Und der Colonel sagte erst gestern abend,
daß ich seine Entdeckung sei. Stimmt’s, Liebster?«
    Es stimmte, und mit einem Mal
fühlte ich das unpassende Verlangen, laut loszulachen. Aber Anne sah sehr blaß aus,
und ich nahm mich schleunigst zusammen und dankte dem Himmel, daß Larry nicht
hier war. Ich nahm Mrs. Silver fest beim Arm und
versuchte, sie vom Colonel wegzuziehen, wobei ich mit einer Stimme, die
beschwichtigend sein sollte, auf sie einredete: »Kommen Sie, und legen Sie sich
hin. Sie wissen nicht, was Sie tun. Sie — Sie sind nicht ganz gesund.«
    Anscheinend war das nicht die
richtige Art mit Betrunkenen umzugehen, denn ich erntete nur eine Flut von
Beschimpfungen. Mittendrin ging die Türe auf, und Tim kam herein, wie ein
Retter vom Himmel.
    Mit einem Blick erfaßte er die
seltsame Lage. Schnell, ich konnte nicht sehen wie, machte er die unangenehme
Frau vom Colonel los und schob sie mit sanfter Gewalt in ihr Zimmer. Dann
stellte er ihr ein Ultimatum durch die geschlossene Türe: »Sie haben eine

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