Truthahn um zwölf
zu helfen, wenn die Zwillinge ihr Zeit dazu
gelassen hatten. Doch mußte ich zugeben, daß sie weder Ursulas Reitstil noch eine
englische Reitausrüstung besaß.
Tim redete weiter: »Weißt du,
sie ist viel bei Jagden geritten und hat angeboten, Sahib das Springen
beizubringen. Das wird ein Spaß, wenn er beim Sportfest mitmacht.
Selbstverständlich wird sie ihn reiten.«
Selbstverständlich würde sie
Annes Pferd reiten, und selbstverständlich würde sie gewinnen. Ich war so
unvernünftig, mich noch mehr zu ärgern. Sahib war ein temperamentvoller
schwarzer Wallach, etwa einen Meter fünfzig hoch, den der Colonel Anfang des
Jahres zu einem Preis gekauft hatte, den er nicht verriet, und seiner Tochter
geschenkt hatte. Wegen ihrer Schwangerschaft hatte Anne ihn fast nie reiten
können, und das tat ihr sehr leid. Nun würde sie zusehen müssen, wie jemand
anderes mit ihrem Pferd einen Sieg erritt — jemand, der das sicher nur seinen
eigenen Fähigkeiten zuschreiben würde.
Ich wünschte mir sehr, ein
Pferd zu besitzen, das es mit Sahib auf unserem Sportfest in Tiri aufnehmen
konnte. Dann hätte ich Larry gebeten, es zu reiten, und Ursula hätte einen
gefährlichen Gegner gehabt, denn so gut sie auch ritt, sie hatte doch nicht den
Kontakt zu den Pferden wie Larry — diese völlige Übereinstimmung, die Pferd und
Reiter eins scheinen läßt. Aber weder Larry noch ich hatten ein Pferd, das beim
Wettspringen hätte mitmachen können, nicht einmal, bei dem hiesigen Sportfest.
Ich sagte gehässig: »Und findet sie auch Zeit, Anne genauso zu helfen wie dir?«
»Natürlich! Deshalb ist sie ja
bei uns. Es ist erstaunlich, wie sie sich alles so gut einteilt, daß sie es
ohne Schwierigkeiten schafft. Der Colonel sagte erst gestern, daß es doch etwas
ganz anderes wäre mit so einer Frau im Haus, und daß wir großes Glück hätten.«
Ich konnte mir diese beiden
Dummköpfe gut vorstellen, wie sie dasaßen und einander beglückwünschten, und
Ursula schnurrte dazu wie eine Katze. Zweifellos mußte Anne sich sehr klein und
häßlich vorkommen. Aber es ist seltsam, daß auch die besten Männer kein
Verständnis dafür haben, wie empfindlich eine Frau sein kann, besonders, wenn
sie in wenigen Wochen ein Kind erwartet und höchst unvorteilhaft aussieht. Und
die arme Anne sah sich einer sehr schlanken, eleganten Frau gegenüber, die auf
alles die passende Antwort wußte und sie auch mit großem Nachdruck gab.
Immerhin hielt Anne es bisher
erstaunlich gut aus. Durch ihre natürliche Würde ließ sie sich nie in die Rolle
der eifersüchtigen und unvernünftigen Ehefrau drängen. Sie bekräftigte alle
meine Höflichkeiten und stimmte zu, daß das Leben nun viel leichter für sie
sei, seit Ursula sich nützlich machte. (Wir hatten uns anscheinend alle diesen
Ausdruck angewöhnt, und ich hatte ihn schon gründlich satt.)
Der Besuch verlief angenehm.
Wie immer kümmerte sich Ursula recht auffällig um Tim und bediente ihn, der es
sonst gewohnt war, sich bei uns selbst zu versorgen. »Noch eine Tasse Tee,
Tim?« Und ich ließ sie hinauseilen und den Tee holen, wobei sie bemerkte: »Zwei
Löffel Zucker, oder? So wichtig für dich, wenn du den ganzen Tag Energie
verbrauchst.«
Als sie aufbrachen, bot sie zu
meiner Überraschung an, zu fahren.
»Du hast selten Gelegenheit zum
Ausspannen. Willst du mit Anne hinten sitzen?«
Tim war etwas verlegen, lehnte
aber entschieden ab. Vielleicht konnte Ursula mit Autos nicht so gut umgehen
wie mit allem anderen — Frauen immer ausgenommen.
Ursula war offensichtlich
verärgert, und ihr Lachen klang gereizt. »Du traust wohl meinen Fahrkünsten
nicht ganz. Ich kann dir versichern, daß ich durch ganz England und halb Europa
gefahren bin.«
»Das glaube ich dir gerne«,
sagte er beschwichtigend. »Aber du mußt doch zugeben, daß die Straßen hier bei
uns ein wenig anders sind als da drüben?«
Es war ihr unerträglich, daß
jemand ihre Fähigkeiten bezweifelte, aber sie nahm sich zusammen. »Ich finde
eigentlich nur eure Autos ein bißchen schwer zu handhaben. Ich versuchte es
kürzlich mit Pauls, und ich fand die Plackerei mit den Gängen recht ermüdend.
Aber daran gewöhnt man sich vermutlich.«
Anne sagte, etwas zu höflich:
»Oder die Autos sind zu alt. Die neuen Modelle sind recht einfach zu fahren,
aber das hier ist — genau wie Pauls — fünf Jahre alt.«
So wenig es auch war, zeigte es
doch deutlich genug, daß ihr diese Frau schon auf die Nerven ging.
Ich ging ins Haus zurück
Weitere Kostenlose Bücher