Truthahn um zwölf
»Es
werden sicher nicht viele. Auch wenn alle von uns aus Tiri kommen, sind wir nur
etwa zwanzig.« Aber Mrs. Evans meinte gemütlich: »Meine Liebe, Sie leben hier
noch nicht so lange wie ich. Wir werden wesentlich mehr als zwanzig Leute sein.
Aber Miss Adams hat Kuchen bestellt, und den Rest übernehme ich gerne. Ich mag
diese kleine Frau, und es ist eine Schande, wie dieser Freeman sie behandelt
hat.«
Tatsächlich
rührte sich bei allen plötzlich das Gewissen.
Für
Tony gab es jetzt kein Halten mehr. Als sie das nächste Mal heimkam, sagte sie
zu mir: »Susan, könntet ihr mir einen Gefallen tun, du und Larry? Edith hat
praktisch keine Aussteuer. Ihr ganzes Geld ist für die Rechnungen von dieser
Firma draufgegangen. Sie würde sich sicher ungeheuer freuen, wenn sie ein paar
nette Sachen zum Anziehen hätte. Stell dir vor, sie hat sich seit einem Jahr
kein neues Kleid mehr gekauft«, und Tony, die ein großzügiges Taschengeld von
ihrem Vater bekam, und außerdem den Lohn, den ihr Miss Adams unbedingt zahlen
wollte, machte ein tragisches Gesicht. Sie fuhr fort: »Daddy hat mir einen
Scheck geschickt, damit ich allen Weihnachtsgeschenke kaufen kann, aber ihr
habt ja beschlossen, das dieses Jahr einzuschränken.«
Klang
das wehmütig? Im Grunde war Tony noch in dem Alter, in dem man an
Weihnachtsgeschenken viel Freude hatte. Ich sagte unsicher: »Ach, so genau braucht
man es nicht zu nehmen. Nur kein umständliches Essen und keine Unmengen von
Geschenken für andere Leute.«
»Ich
finde die Idee wirklich ausgezeichnet, und so bequem. Natürlich werde ich ein paar
Leuten in Tiri etwas schenken, die nett zu mir gewesen sind, wie Mick und der
Colonel.« (Ich amüsierte mich darüber, wie sie die beiden in einem Atemzug
nannte, und hoffte, der Colonel würde sich auch amüsieren.)
Sie
redete weiter: »Im Augenblick kann ich nicht nach Te Rimu fahren, weil wir
fürchterlich viel zu tun haben, und du und Larry, ihr wißt sowieso besser, was
Edith brauchen kann. Könntet ihr bitte Daddys Scheck für eine Aussteuer für
Edith nehmen? Ich weiß, daß er es verstehen wird.«
Das
würde er sicher nicht. Edith war sicher nicht nach seinem Geschmack. Aber ich
mußte natürlich zustimmen. Tony wickelte uns einfach alle um den Finger. Doch
ich war froh, daß sie nicht selbst fahren konnte. Ich hatte nicht vor, das
ganze Geld, das Alastair seiner Tochter geschickt hatte, für eine Ausstattung
für Ediths sehr einfaches Farmerleben zu verwenden, und ich wußte, daß Tony
Großartiges vorhaben würde.
Ich
erwiderte: »Selbstverständlich machen wir das. Schreib uns nur eine Liste von
allem, was wir kaufen sollen«, und beschloß im Stillen, ein Wort mit Paul zu
reden. Die Hochzeit begann eine Sache von allgemeinem Interesse zu werden, und
wir waren immer so stolz darauf gewesen, daß alle in der Gegend so gut
zusammenhielten.
Ich
sprach mit Larry darüber, und sie war begeistert. »Ganz klar, daß Sam da
beisteuert. Schließlich war es nicht die Schuld dieser armen kleinen Frau, daß
sie diese Schulden abbezahlen mußte, und außerdem geben wir dieses Jahr nichts
für Weihnachten oder ein großes Essen oder sowas aus.
Viel besser, dafür etwas zu zahlen.«
Paul
war der gleichen Meinung. »Natürlich helfe ich. Viel vernünftiger, als einen
Haufen Geld für Geschenke auszugeben, die doch niemand will. Die Frau hat ihr
Teil hinter sich, wir sollten ihr wirklich helfen.«
Tony
brach fast in Tränen aus, als sie von Pauls Scheck hörte. Dann kicherte sie
plötzlich. »Wenn der Gute nur wüßte, daß er der nächste ist, dem ich einen
Vorschlag zu machen hab’! Er muß einfach für Edith den Brautvater machen. Es
gibt niemanden anderen, der sich breitschlagen ließe, und außerdem sieht Paul
so gut aus.«
Das
war zu viel für mich. Ich lachte schwach und sagte: »Wenn du das fertigbringst,
dann ist dir wirklich nichts unmöglich — aber trotzdem viel Glück!«
Der
Bräutigam tat alles, was er von Tony gesagt bekam. Er hatte ein viel moderneres
Auto gekauft, mit Caleb ausgemacht, daß er die Farm für drei Tage übernehmen
würde, und mit dem Pfarrer gesprochen. Dann war er nach Te Rimu gefahren und
hatte einen Ring gekauft, und war nun sehr zufrieden mit sich.
Die
Hochzeit sollte schon in einer Woche stattfinden, und Larry und ich fuhren
eiligst in die Stadt, um für Edith einzukaufen.
»Und
wir können dabei gleich ein paar Kleinigkeiten für Weihnachten besorgen«, sagte
sie beiläufig.
»Ich
dachte, wir machen
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