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Truthahn um zwölf

Truthahn um zwölf

Titel: Truthahn um zwölf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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den Preis
entgegennahm, schlich traurig davon. Damit zeigte er viel Zartgefühl, wie Larry
später meinte: »Denn die ganze Geschichte, mit Fotos von dem Pokal vorher und
nachher, wäre ein toller Erfolg geworden.«
    Und Ursula? Endlich einmal war
ihr die Laune verdorben, für den Augenblick wenigstens. Außer einer
leidenschaftlichen Beschimpfung unseres Autos, hatte sie gar nicht versucht,
sich zu verteidigen, ging sogar unseren Männern aus dem Weg und suchte Schutz
an Miss Adams Seite, wo sie Freundlichkeit und Mitgefühl fand. Wenn ich sie
lieber gemocht hätte, hätte sie mir lange nicht so leid getan. Sich in aller
Öffentlichkeit zu blamieren, ist schlimm genug, aber für jemanden, der mit so
großem Geschick andere Leute lächerlich macht, ist das eine sehr erniedrigende
Erfahrung. Ich wollte irgend etwas sagen, konnte aber nur murmeln, daß sie sich
hoffentlich nicht zu sehr gefürchtet habe.
    Vermutlich sagte ich genau das
Falsche, oder meine Bemerkung nahm ihr den letzten Halt. Jedenfalls sah ich
beschämt, daß Ursula einen dunkelroten Kopf bekam, und ihr Tränen in die Augen
traten. Ich sagte hastig: »Jetzt muß ich mich auf die Suche nach den Kindern
machen. Sie müssen irgendwo hinter dem Hügel verschwunden sein. Kommen Sie
mit«, denn ich hatte schreckliche Angst, daß sie vor allen Leuten in Tränen
ausbrechen könnte.
    Natürlich wäre ihr so etwas nie
passiert, aber ich glaube, sie war dankbar, von den anderen wegzukommen. Als
wir den Hügel hinauf gingen, sagte ich: »Zwar haben die beiden Kinder einen
gehörigen Schreck bekommen, aber je eher wir heimkommen, desto besser. Meine
Eltern kommen morgen, und vor Weihnachten gibt es im letzten Moment immer noch
einen Haufen Arbeit. Es wird recht lustig werden, meinen Sie nicht auch?«
    Ich wußte, daß ich Unsinn
daherredete, aber es traf mich doch unvorbereitet, als Ursula sagte: »Jetzt
hören Sie doch endlich auf mit Ihren Versuchen, die ganze Geschichte zu
überspielen, Susan! Ich weiß, daß Sie nett sein wollen. Sie sind immer nett
gewesen, und wahrscheinlich haben Sie geglaubt, daß ich das nicht zu schätzen
wußte. Weihnachten? Hoffentlich wird es ein schönes Fest für Sie alle, aber ich
werde nicht mehr hier sein.«
    »Nicht mehr hier? Aber ich hab’
gedacht, Sie bleiben noch länger?«
    »Nein. Ich will von hier fort
und niemand mehr sehen. Ich habe mich lächerlich gemacht. Ach, Sie brauchen
nicht zu sagen, daß das jedem hätte passieren können. Tatsache ist, daß ich
unbedingt fahren wollte, und dann... Und der wunderschöne Pokal! Es wäre alles
halb so schlimm gewesen, wenn er nicht nachher so platt gewesen wäre.«
    Ich wußte nicht, ob ich lachen
oder weinen sollte. Es klang so fürchterlich traurig, und Ursula war wirklich
am Boden zerstört. Ich sagte: »Ach, das bringt der Colonel schon in Ordnung.
Ihm macht das nichts aus. Und in Wirklichkeit sind unsere verflixten Bremsen
daran schuld gewesen. Machen Sie sich nichts draus, Ursula. Sie sind zu Anne so
nett gewesen, haben so viel getan, sich nützlich gemacht...«
    Warum benutzte ich diesen
dummen Ausdruck, über den wir uns alle lustig gemacht hatten? Und warum war ich
so unaufrichtig, was Anne betraf? Larry hätte mich   verachtet. Aber es war das erste Mal, daß ich
Ursula wirklich mochte. Sie war auch nur ein Mensch, genau wie wir, und konnte
Fehler machen.
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein.
Ich kann nächste Woche einen Platz in einem Flugzeug bekommen. Ich wollte schon
absagen, aber jetzt nehme ich ihn doch. Ich werde Onkel Charles bitten,
mich   morgen in die Stadt zu fahren, ich
werde dort auf das Flugzeug warten.«
    Ich sagte: »Tun Sie das nicht,
Ursula. Sie verderben uns alles. Wenn Sie uns schon verlassen wollen, dann erst
nach Weihnachten.« Anne kam mir wieder in den Sinn, und ich wiederholte:
»Gleich nach Weihnachten. Fahren Sie nicht morgen. Wir würden es alle bedauern.
Wir — wir würden Sie vermissen.«
    Als ich das sagte, merkte ich
zum tausendsten Mal, daß ich eine sehr schwache Frau bin. Aber schwache Frauen
sind manchmal auch nützlich. Nachdem sie lange geschwiegen hatte, sagte Ursula:
»Gut, ich warte bis nach Weihnachten, wenn Sie es wirklich für besser halten.
Wenn die anderen mich   vermissen würden...«
    »Natürlich.« Dann beschloß ich,
ganz genau zu sein, und sagte höflich: »Sam und Tim und Paul würde es furchtbar
leid tun. Sie sind so ein guter Freund gewesen, so eine Hilfe.«
    Das saß. Ursula sagte langsam:
»Da haben Sie

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