Truthahn um zwölf
»Ich verstehe nicht, wie sie das schafft.«
Natürlich meinte ich, wie Ursula es fertigbrachte, so reizend zu den Männern zu sein, daß sogar die intelligenten darauf hereinfielen; aber Paul sagte mit einer Wärme, die ich bei ihm nicht gewöhnt war: »Ja, es ist erstaunlich, wie sie das alles fertigbringt. Anne hat wirklich Glück.«
Als ich am nächsten Tag Larry von Pauls Reaktion erzählte, lachte sie nur: »Typisch. Aber wenn wir uns merken lassen, wie sehr wir uns ärgern, machen wir uns nur lächerlich. Wir werden also Ursulas Loblied immer mitsingen, wenn uns die Männer hören können.«
»Weißt du, daß sie Annes Sahib für das Sportfest trainiert?«
»Ja. Sie reitet gut, aber ich wollte...«
Ich wußte, was Larry wollte — sich ein Pferd wie Sahib leisten können. Aber Sam hatte keine hundert Pfund übrig, um so ein Pferd für seine Frau zu kaufen, und so etwas hätte Larry auch niemals von ihm verlangt. Nichts hätte sie dazu gebracht, auch nur mir gegenüber zuzugeben, daß sie sich ein anderes Pferd gewünscht hätte als ihr braves Pony, das sie seit Jahren ritt.
Wir freuten uns alle auf das Sportfest von Tiri. Die Idee war neu für unsere Gegend, und wir hielten es dieses Jahr erst zum dritten Mal ab. Das Ganze war noch dilettantisch, aber uns gefiel es so. Ein richtiges Provinztreffen mit ein paar Außenseitern, bei dem sich lauter alte Bekannte trafen. Natürlich kamen auch gute Pferde aus anderen Gebieten, aber Tiri war zu abgelegen, um die anzuziehen, die bei den anderen Provinztreffen die Runde machten und die Preise kassierten. Es war zu mühsam, wertvolle und gut trainierte Pferde auf unseren kurvigen Straßen über weite Entfernungen zu transportieren, nur wegen der sehr bescheidenen Preise, die wir uns leisten konnten. Wir waren nur froh darüber und genossen unser anspruchsloses Sportfest so wie es war. In den beiden vergangenen Jahren hatte es im Februar stattgefunden, das war für die Farmer am günstigsten, das Heu war eingeholt, die Lämmer verkauft und das Wetter verhältnismäßig beständig. Aber dieses Jahr mußten wir es in den Dezember legen, denn jeder andere Termin war schon von einem Sportclub aus der Nähe oder einem Kricketspiel oder einem Schulpicknick belegt. Wir fanden das Fest genau am Samstag vor Weihnachten zwar lästig, aber es gab keine andere Möglichkeit.
Ursula würde einen neuen Maßstab in Eleganz setzen, und wenn es ihr gelang, sich mit Sahib zu befreunden, dann würden sie ein eindruckvolles Paar abgeben. Wir unterhielten uns eines Abends darüber, als Tony heimkam, und ich sagte: »Er ist ein prachtvolles Pferd. So etwas gibt es nicht noch einmal in der Gegend, aber natürlich konnte auch nur der Colonel so einen Preis zahlen.«
Das hätte ich nicht sagen sollen. Paul hatte Tony zum Geburtstag ein sehr gutes Pony geschenkt, zu einer Zeit, als sie wegen Norman Craig sehr unglücklich gewesen war. Babette hatte kein Vermögen gekostet, weil wir keines ausgeben konnten, aber wir hatten sie zu einem sehr günstigen Preis bekommen, da ihr früherer Besitzer einen guten Platz für sie suchte. Er hatte sie aufgezogen und war dann sehr enttäuscht gewesen, als er zu schwer für sie war. Außerdem war er in der gleichen Kompanie in Afrika gewesen, wie alle unsere Männer. Paul hatte günstig eingekauft, und Babette war Tonys wertvollster Besitz.
Paul schaute ein wenig beleidigt, sagte aber nichts, Tony dafür um so mehr.
»Sahib ist überhaupt nicht besser als Babette. Er ist etwas höher, dafür hat Babette einen hübscheren Kopf und einen viel liebenswürdigeren Charakter. Sahib ist scheußlich nervös und reizbar und mag keine Fremden. Die gute Babette stört so etwas gar nicht, sie ist ein vollkommenes Lamm. Ich bin sicher, daß sie genauso gut springen kann, obwohl ich es bisher nur über Baumstämme versucht hab’. Wenn ich nur besser reiten könnte, dann würde ich beim Sportfest mitmachen und vielleicht gegen diese Frau gewinnen.«
Paul war nicht begeistert von der Art, mit der sie über die tüchtige Ursula sprach, die er so bewunderte, und sagte scharf: »Ursula Maitland reitet ausgezeichnet, natürlich im englischen Stil. Du kannst dich unmöglich mit ihr vergleichen. Sie ist in England viel bei Jagden geritten, und diese Engländerinnen kann man schon ihres Stiles wegen nicht schlagen.«
Das sind genau die Bemerkungen, die das Herz jeder Neuseeländerin höher schlagen lassen!
Tony steckte den Anschnauzer widerspruchslos ein, sie hielt
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