Truthahn um zwölf
nicht viel von ihren Reitkünsten, und Paul fährt einen so selten an, daß wir dann immer nachgeben. Sie sagte: »Ach, ich weiß, daß ich es nicht könnte, und ich mach’ mir auch nichts daraus, aber ich hätte so gerne, daß Babette zeigen kann, wie gut sie ist. Könntest nicht du oder Susan sie reiten?«
Ich sagte hastig: »Ich nicht, Tony. Es tut mir leid, aber ich gehöre nicht zu den gelernten Springreiterinnen.«
Paul sagte freundlich, aber ziemlich uninteressiert: »Mein liebes Mädchen, du unterschätzt immer deine Reitkünste. Ursula natürlich...«
(»Ursula natürlich...« — Ich hatte mich inzwischen daran gewöhnt, das zu hören.)
»Und wie steht es mit dir, Paul?« Tony wollte unbedingt, daß ihre Babette mitmachte.
Dann fiel mir Larrys Gesicht ein, als sie sagte: »aber ich wollte…« und ich hatte die Lösung des Problems. »Tony, würdest du sie Larry leihen? Sie ist nicht schwer, trotz ihrer Größe, und du weißt, wie sie mit Pferden umgehen kann. Wenn jemand auf Babette gewinnen kann, dann sie.«
Tonys Gesicht hellte sich auf. »O Susan, was für eine himmlische Idee! Aber ob Larry das tun wird? Es braucht doch viel Zeit!«
Paul lachte. »Larry nimmt sich die Zeit für sowas, und wenn die Familie von Brot und Wasser leben müßte.«
Das ärgerte mich. Larry hatte zwar ihre eigene zwanglose Art, war aber genauso tüchtig wie Ursula, und ich war so dumm, das zu sagen, und erhielt die Antwort: »Du kannst die beiden nicht vergleichen. Larry wird zwar immer irgendwie fertig. Sie ist sehr klug. Aber sie haßt Routine und Methode, und das muß man haben, um wirklich tüchtig zu sein.«
Ich sandte ein Stoßgebet um Geduld gen Himmel und schwieg. Nur weil Larry damit angibt, daß sie keine Routine mag, und sich weigert, montags zu waschen, und um neun Uhr abends den Küchenboden putzt, wenn es sie packt, meint Paul, sie könne sich ihre Zeit nicht einteilen. Ich hielt es für ungefährlicher, das Gespräch wieder auf die Pferde zu bringen.
»Natürlich müßtest du Babette ganz Larry überlassen. Das bedeutet, daß du sie die Woche über nicht in Tiri haben kannst, aber ich kann dich gut am Montag morgen hinbringen und am Freitag abend wieder abholen. Da hab’ ich gleich eine gute Ausrede, Tantchen öfter zu besuchen.«
Tony stürzte zum Telefon. »Larry, ich möchte so gerne, daß Babette am Sportfest beim Springen mitmacht. Sie wäre sicher gut. Der Mann, von dem Paul sie gekauft hat, hat es gesagt, aber ich hab’ es nur so auf der Koppel ausprobiert und ich reite sowieso nicht gut genug. Würdest du sie trainieren und beim Rennen reiten?«
Die Antwort kam prompt. »Würde ich wohl gerne in den Himmel kommen? Nur, daß Babette reiten mehr nach meinem Geschmack ist. Ja, ganz klar, Tony, liebend gerne. Aber — wie steht es mit dir? Kannst du sie einen ganzen Monat entbehren?«
»Natürlich. Am Wochenende komm’ ich dann immer und schau euch zu. O Larry, glaubst du, sie kann Sahib schlagen?«
»Wir werden verdammt gute Chancen haben. So ein Spaß, Tony, und gerade im richtigen Moment. Ich hab’ mich schon so gelangweilt, daß ich mit dem Gedanken spielte, einen Hausputz zu machen. Sam wird dir schrecklich dankbar sein. Er haßt die Putzerei, weil ich immer neue Ideen habe, wie man die Zimmer einrichten könnte, und dann muß er Möbel rücken. Lächerlich, daß ein großer, starker Mann deshalb so ein Theater macht.«
Sam, der gerade im Zimmer war, schnappte sich den Hörer aus der Hand seiner Frau und sagte: »Tony, hör dieser Frau nicht zu. Heute früh bestand sie darauf, das ganze Schlafzimmer so umzuräumen, daß sie vom Bett aus zum Fenster hinausschauen kann. Als wir fertig waren, entschied sie, daß man so alle kaputten Stellen im Teppich sehen kann und meinte, ich würde doch sicher gerne alles wieder zurückräumen. Dann stellte sie mir noch eine Kommode auf den Fuß. Jetzt werde ich mein ganzes Leben lang hinken. Hausputz ist die Hölle auf Erden. Mir wäre es wesentlich lieber, sie ritte ein halbes Dutzend Pferde im Zirkus.«
»Sie wird keine Zeit mehr für einen Hausputz haben, wenn sie Babette nimmt und ihr das Springen beibringt.«
»Dem Himmel sei Dank. Eine gute Idee, das Pferd beim Sportfest mitmachen zu lassen. Ich hab’ gehört, daß Ursula Maitland Sahib trainiert. Gegen ihn hat Babette selbstverständlich keine Chancen, besonders, wenn Ursula ihn reitet. Diese Engländerinnen sind im Geländeritt vielleicht nicht so gut, aber sie verstehen was vom
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