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Truthahn um zwölf

Truthahn um zwölf

Titel: Truthahn um zwölf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott
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Platz gedrängt und nach vorne gelehnt hatten, hatten die Bank zum Kippen gebracht, und sie war noch auf sie drauf gefallen. Sie krochen nun darunter hervor, und die Leute, die in der Nähe saßen, halfen ihnen aufgeregt.
    Niemand war verletzt, aber die Wirkung war ungeheuer. Edith war nicht in Ohnmacht gefallen, aber sie hatte sich umgeschaut und ihr Gesicht hatte für einen Augenblick alle Anmut verloren und war von Angst verzerrt gewesen. Paul, der ganz vorne saß, sprang auf, Sam und Tim drängten sich an den anderen vorbei aus ihren Bänken heraus. Jeder der Väter ergriff seine Sprößlinge und führte sie unnachgiebig an ihre Plätze zurück. Die Kinder waren tatsächlich so entsetzt über ihre Tat, daß sie nicht einmal weinten, wie ich erleichtert feststellte.
    Aber die Unruhe hatte auch die Gruppe am Altar erfaßt. Ich war glücklich, daß Edith sich wieder gefangen hatte und ruhig dastand. Der Pfarrer wartete und auch Ted hatte seine Haltung wiedergefunden. Aber jetzt trug Colin noch zur allgemeinen Verwirrung bei. Ihm kam plötzlich seine gewohnte Lässigkeit abhanden und er ließ den Ring fallen, den er schon bereitgehalten hatte. Er rollte davon, und ich hörte Tony unterdrückt kichern, als sie sich danach bückte. Im selben Moment beugte Colin sich hastig vor, und sie stießen hart mit den Köpfen zusammen. Diesmal hörte ich Colin unterdrückt lachen, als er sich aufrichtete und seine gelassene Haltung wieder annahm.
    Die Krise war vorbei, der Pfarrer fuhr ruhig in seinem Gottesdienst fort. Aber es war nicht verwunderlich, daß Teds Stimme, als er sein Gelübde ablegte, vor Erleichterung so laut war, daß sogar er selbst staunte.
    Ich freute mich, daß Ediths Stimme nicht zitterte, und sie ihre Antwort ruhig und fest sprach. Ich glaube, daß dieser Schreck ihre Angst verscheucht hatte, und der Geist von Percy Freeman für immer gebannt war.
     
     
     

7
     
    Wenn der Colonel und Mrs. Evans sich entschließen, ein Fest für die ganze Gegend zu geben, dann steht das Haus jedermann offen. Und alle kommen, von Miss Adams (die der Colonel bedauernd »eine der Unseren« nennt) bis zu Mick O’Connor und vielen kleinen Maorikindern.
    Die Party nach Ediths Hochzeit wurde ein toller Erfolg. Die Brautleute waren ganz überwältigt von dem Wirbel, der um sie gemacht wurde. Edith bekam rote Backen und strahlte über’s ganze Gesicht, und der Vorfall in der Kirche war vergessen. Ted war blendender Laune, aber sein blauer Anzug war ihm offensichtlich ein wenig unbequem und zu warm. Er verlor kein Wort über den unglücklichen Zwischenfall, jedoch gestand er Tony, daß er sich wegen Trilby große Sorgen mache.
    »Das Kalb ist gesund, aber klein. Komisch! Trilby hatte sonst immer solche Prachtexemplare.«
    »Regen Sie sich nicht auf, Ted. Es wächst sich sicher zu einer großartigen Kuh aus. Kleine Babies sind später oft die kräftigsten«, sagte Tony und redete wie immer sehr klug daher, ohne etwas davon zu verstehen.
    »Haben Sie was dagegen, wenn Edith und ich es nach Ihnen nennen?« fragte er und strahlte sie plötzlich an, und sah genauso glücklich aus wie die Braut. »Schließlich haben Sie diese Idee gehabt.« Er deutete mit seiner großen roten Hand auf die fröhliche Gesellschaft, die sich um das kalte Buffet drängte.
    Tony genoß dieses Lob und war sehr mit sich zufrieden. Doch dann sagte sie mit der ihr eigenen Fairness: »Aber nein, Ted. Miss Adams hat den Kuchen gestiftet, und Mrs. Evans hat alles andere gemacht. Ist das nicht rührend von ihr?«
    Mir gestand Mrs. Evans, daß ihr solche Parties Spaß machten.
    »Es kommt ja nicht oft vor, Mrs. Russell, und wir haben noch nie eine Hochzeit im Haus gehabt. Unsere liebe Miss Anne hat ja ganz allein in der Stadt geheiratet.« Ich hatte schon immer vermutet, daß Mrs. Evans über Annes unüberlegten und verzweifelten Schritt traurig gewesen war, weil er sie um die Freude gebracht hatte, eine Hochzeit auszurichten. Sie zögerte einen Moment und sagte dann: »Wie finden Sie, daß sie aussieht? Ein bißchen überanstrengt, nicht? Es wird ihr wohl langsam zuviel?«
    Ich konnte mir denken, was Mrs. Evans mit »es« meinte. Sie dachte nicht an den Haushalt und auch nicht an die Zwillinge. Wir blickten einander gedankenvoll an, aber nichts hätte sie dazu gebracht, deutlicher zu werden und sich mit mir oder jemand anderem über die Nichte des Colonels zu unterhalten. Ich sagte leichthin: »Ach, der letzte Monat ist eine scheußliche Zeit. Alles geht einem auf

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