Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
mehr zu seinem Publikum durchdringen zu können, nicht mehr dessen Energie erfassen, den so psychedelischen, segnenden Zusammenschluss herstellen zu können. Es begann, ausweglos zu werden. Ohne Schmerzmittel konnte er das nicht durchstehen. Aber durch sie war er gefährdet, weniger leistungsfähig, ausfallsgefährdet. Und abhängig.
Michael schwankte zwischen Hoffnung und Angst, zwischen erwachendem Selbstwert und bestehender Minderwertigkeit, zwischen Loslassen und Festhalten alter Denkweisen und sein Körper schwankte mit.
Die Tage vergingen. Und die Stimmung an den Proben änderte sich komplett.
Die Verantwortlichen wurden ungehalten und sauer.
Sie hatten den Konzertbeginn schon um eine Woche verschieben müssen und waren immer noch zeitlich im Rückstand. Das war nicht Michaels Schuld, aber es war gut, jemanden zu haben, dem man die Schuld zuschieben konnte und dessen Image alles rechtfertigte.
Trotz hektischen Bemühens befand sich die Show noch im Rohzustand. Nervosität griff um sich, die Veranstalter waren gestresst und die Nerven lagen mit Näherkommen des ersten Konzertes bei jedem blank.
Philipps machte klar, dass der Zeitplan einzuhalten wäre, und er begann, Michael vor allen anderen anzuschreien, und auch andere fielen in diesen Tenor mit ein. Vor allem wurden sie rasend, wenn er nicht auftauchte und damit signalisierte, dass das Pensum einfach zu hoch war.
Die Medikamente taten ihr Übriges dazu: Michael fiel in eine infantile Angst vor Strafe, wirkte zunehmend scheuer und unsicher. Und als AEG auf die 50 Konzerte bestand, und Mike vor Schmerzen manchmal morgens nicht aus dem Bett kam, sagte er zum ersten Mal deutlich, dass er keinen Vertrag unterschrieben habe, der ihn dazu verpflichte, eine solche Anzahl zu leisten.
Er hatte immens abgenommen und das noch vor den Konzerten, an denen er ohnehin zusätzliche Kilos verlor. Schmerzen überzogen seinen Körper wie eine zweite Haut. Er zitterte oft und vor allen Dingen fror er entsetzlich, zuhause wie auf den Proben.
Aber die Tickets waren verkauft. Das Geld eingenommen und Kosten in Massen produziert – die Veranstalter machten ihm klar, dass es kein Zurück mehr gäbe und sie waren gar nicht mehr höflich. Betreten schwiegen Kenny Ortega und die Tänzer zu Michaels Behandlung. Mit Grauen verfolgten sie seinen körperlichen Verfall. Michael sah in ihren Augen alles.
Kein Jake in Sicht. Keine Nachricht, keine Hoffnung, nichts.
Michael weinte. Michael fror. Auch er konnte nur noch auf Risiko spielen.
Mike wusste: Fünfzig - das war sein Todesurteil.
Die Kraft flieht in Riesenschüben aus seinem Körper. Auf einmal. Als habe er ein Leck in sich. Als Michael es erkennt, wird es ruhig in ihm. Er hat nicht mehr viel Zeit, gar nicht mehr viel Zeit. Die Uhr läuft auf allen Ebenen ab. Vielleicht schafft er noch ein Konzert. Er steht auf der Bühne und Kenny Ortega hat Tränen in den Augen, wenn er ihn ansieht. Mike ist zum Skelett abgemagert. Er schwankt oft und manchmal schafft er nicht mal die kleinste Muskelanstrengung.
„Mike“, sagt Kenny hilflos und streichelt ihn, weil er weiß, es muss irgendwie gehen, Michael muss auftreten, das ist seine einzige Chance. Er hat seine eigene Meinung dazu... und er hat schreckliche Angst um ihn. „Mike“, sagt er wieder, „du musst essen, schau, ich hab hier was...wir teilen...schau...nur ein bisschen essen...ein bisschen essen...“
Und er füttert ihn wie ein kleines Kind. Michael macht unglücklich den Mund auf, kaut ein bisschen, schluckt, ist dankbar für die Fürsorge, sehnt sich so sehr danach...ein bisschen Fürsorge...jemand, der freundlich zu ihm ist.
Tagträume verfolgen ihn. Er spielt mit seinen Kindern. Er nickt kurz ein. Er hängt oben am Himmel der Bühne. Diesmal ist der Space-Anzug bequem, er ist groß, innen ist genügend Platz. Die Nebelmaschinen sind in vollem Einsatz, verhindern den Blick auf die Bühne...der Bass wummert, Musik setzt ein. Streicher, Trommeln...Erwartung erzeugend.
Er spürt die Energie in seinem Körper, freut sich auf seine Fans, freut sich darauf, ihnen etwas bieten zu können. Es ist alles bereit. Der Nebel ist so dicht, dass nichts zu sehen ist...dann ein gleißender Lichtstrahl, auf dem er mit seinem schweren Glitzeranzug, nach unten gebeamt wird. Er hört die Menschen kreischen, schreien, fühlt das Altbekannte, seine Welt... fühlt das belebende Adrenalin...er setzt auf dem Boden auf...der Anzug öffnet sich... Stück für Stück, Teil für Teil gibt er
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