Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
wird nur der Arzt angeklagt?“, fragte Murray trotzig zurück. Soweit war er mit seinen Überlegungen ebenso gekommen.
„Weil es das Einfachste ist. Er ist der Uninteressanteste. Vielleicht hat er nach Meinung anderer am wenigsten zu verlieren, der beste Sündenbock! Mit dem besten Motiv: Geldgier! Zumal er ja hätte wissen müssen, auf was er sich einließ. Warum hat er den Job angenommen? Wo sind seine ethischen Grundsätze geblieben? Wäre es nicht verantwortlicher gewesen, zu sagen: ‚Mein Patient kann die geforderte Leistung nicht bringen?’ Come on, was wiegt er inzwischen? Wäre es nicht moralischer, den Job zu kündigen?“
Murray schluckte. Das Bauernopfer. Nun war es sicher.
Unsicher sah er den Mann an. In dessen Gesicht zuckte ein Muskel, aber er blickte nicht zurück.
„Und wenn es klappt?“, fragte Murray.
„Mann, Gottes, auf was hoffen Sie?“, fragte der andere zynisch. „Auf einen Sechser im Lotto?“
Ja, das war es, worauf Murray gehofft hatte. Einmal einen Sechser im Lotto zu haben! Einmal im Leben auf der Glücksseite zu wandeln! Einmal, mit einem Schritt, auf die Sonnenseite des Lebens zu wechseln.
„Ich...ich werde kündigen“, sagte Murray bebend. „Ist es das, was Sie wollen?“
„Als ob Sie das könnten! Nein, keine Kündigung...wir brauchen Sie.“
„Was...was ist Ihr Vorschlag?“ fragte Murray mit zitternder Stimme zurück.
„Setzen wir uns ins Auto“, forderte der Unbekannte ihn auf. „In meines. Dann erkläre ich Ihnen alles. Aber ich sage Ihnen schon jetzt: Es ist vermutlich Ihre einzige Chance...und sie ist nicht lustig. Auch nicht sicher. Sie müssen durch eine lange, unangenehme Phase. Aber wir haben wichtige Leute im Boot... die ein Gelingen in Wahrscheinlichkeitsnähe rücken. Wir können Sie rausholen.”
Murray blieb stumm. Das hatten die anderen ihm auch versprochen.
Die Männer sprachen lange. Das, was der Mann zu Murray sagte, war hart. Er wusste nicht, ob er auf diese Bedingungen eingehen wollte. Aber das Schlimmste war: Er wusste noch nicht einmal, ob er eine Wahl hatte.
K napp drei Wochen bis zum Konzertbeginn in London.
Die Proben machten Michael immer noch Freude, er liebte es, mit den Leuten zusammen zu sein, er genoss diese Magie von Melodie und Tanz. Sein Zustand war tageweise stabil, und wenn es so war, gierte er darauf, die Konzerte machen zu können. Wenigstens einige! Er wollte auf die Bühne, wollte seine Fans wiedersehen, wollte seinen Kindern zeigen, was er drauf hatte, wollte dieses gigantische Gefühl wieder spüren, den Zauber der Bühne, die energetische Verbindung zwischen Publikum und Künstler.
Dann gab es die Nächte, die ihn eines Besseren belehrten... und: Er hatte nun Dinge in die Wege geleitet, deren Zeitplan er sich unterwerfen musste. Er hatte keine Ahnung, ob überhaupt was zustande kam. Die einzige Verbindung war Greg. Und der schwieg.
Es gab Tage, da hing er zwischen Hoffnung und Angst. Und er wusste, er musste mit AEG reden – er konnte keine 50 Konzerte machen, nicht eineinhalb Jahre on tour sein. Soviel war sicher.
Er träumte so oft, auf der Bühne zu stehen, all diese außerordentlichen Talente um sich herum, das Publikum, das ihn anstarrte und ein Übermaß an Show von ihm erwartete – das, wofür er berühmt war.
Aber er stand da wie gelähmt. Sein Hirn leer, alles dumpf, wie in Watte gepackt. Die Beine waren bleischwer, sie bewegten sich nicht, er wusste nicht mehr, wie der Moonwalk ging, er hatte alle Tanzschritte vergessen. Die Musik spielte und spielte...immer wieder die gleichen Takte...sie alle warteten auf seinen Einsatz, der nicht kam. Die gähnende Zeitspanne füllte sich mit den ersten Buhrufen, die lauter wurden, in die immer mehr mit einstimmten, je länger er gelähmt im Scheinwerferlicht stand. Das enttäuschte Raunen der Fans und die verzweifelten Blicke der Mitwirkenden im Rücken. Die Schlagzeilen in der Presse: Jackson, der Versager.
Michael hoffte so sehr, das erste Konzert machen zu können. All diese Mühen, die sie bisher auf sich genommen hatten! All diese Arbeit! Die unglaublichen Tänzer und Sänger! Die Show war so erstklassig, so außergewöhnlich...sie entsprach in allem seinen Vorstellungen, seinen Ansprüchen und es machte phantastischen Spaß, alles mitzugestalten. Er war der Fisch, der wieder im Wasser schwamm...und doch hatte er verdammt Angst davor. Es machte ihn nicht glücklich zu wissen, dass er der größte Unsicherheitsfaktor für die Konzertreihe war. Doch an dem
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