Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Michael frei. Wieder tobt die Menge, schreit auf, brüllt seinen Namen, streckt ihre Arme nach ihm aus...verzehrt sich nach ihm und er sich nach ihnen. Er steht auf der Bühne und lädt sich auf. Sein Akku ist voll, übervoll. Wow, er fühlt sich gigantisch, Fülle überall, es strömt und fließt und läuft.
Michael tanzt, seine Beine bewegen sich, sein Mund bewegt sich. Er fühlt Gottes Energie in sich, fühlt, wie sie sich ergießt. Er tanzt, wie er schon lange nicht mehr getanzt hat, singt, wie er noch nie gesungen hat, er weiß, da unten sitzen seine Kinder. Seine Kinder, die ihn zum ersten Mal auf der Bühne sehen. Sie haben glänzende Augen. Sie sehen, welch großer Star ihr Daddy ist. Sie klatschen und freuen sich und staunen über die Tausenden von Menschen, die sich für ihren Daddy die Stimme aus dem Leib brüllen, die ihm all ihre Liebe entgegen bringen.
Und dann...spürt er sein Herz. Einen Stich, einen Stromschlag, einen jähen Schmerz. Michael fällt in Zeitlupe um. Er sucht die Gesichter seiner Kinder. Da...da sitzen sie... in der VIP-Lounge, umgeben von Bodyguards...neben seiner Mutter...seine Kleinen...ihre Münder sind vor Entsetzen aufgerissen. Paris schreit wie verrückt. Princes Augen sind in Schock erstarrt und Blanket weint. Er will ihnen noch soviel sagen, noch soviel zurufen, will ihnen sagen, dass sie keine Angst haben müssen, dass alles gut wird...dass er sie liebt, dass er sie so sehr liebt, so sehr... aber er kann nicht sprechen, sich nicht bewegen. Sein Herz hat aufgehört zu schlagen.
Mit einem Keuchen öffnet Michael die Augen und sieht in die Gesichter seiner drei Kinder. Sie sehen ihn besorgt an und Paris legt ihre Arme um seinen Hals. „Daddy“, flüstert sie, „wir sind da. Wir sind immer für dich da. So wie du für uns.”
Eines ist ihm seit diesem Traum klar: Das will er nicht. Nicht vor seinen Kindern auf der Bühne sterben. Doch diese Wahrscheinlichkeit besteht mit jedem Konzert. Auch schon mit dem ersten. Und ihm wird klar, dass dieser Preis zu hoch ist. Da drinnen, in seinem Herzen leuchtet das Licht. Das ist das, was er will, das ist das einzig Wichtige im Leben. Vielleicht ist es schlicht zu früh für diese Konzerte...vielleicht wäre es in zwei, drei Jahren besser gewesen. Vielleicht. Er ist krank. Er ist sehr krank. Er kann nicht mehr warten.
Er greift zum Telefon und beruft eine Sitzung ein.
A m 20. 06. findet ein Treffen zwischen Kenny Ortega, Randy Philipps, Frank DiLeo, Conrad Murray und Michael Jackson statt. Der nach außen sickernde Grund für dieses Meeting sind Michaels Absenzen von den Proben. Die Leute von AEG lesen Mike die Leviten, drohen nochmals: sie ziehen den finanziellen Stecker und er wird alles verlieren, wenn er nicht tut, was sie sagen. Alles verlieren. Ob er weiß, was das bedeutet? Sie meinen wirklich: Alles.
In einer Woche soll es nach London gehen. Die Show ist nicht fertig und fünf Tage intensiver Proben würden daran nicht viel ändern.
Michael steht mit dem Rücken zur Wand. Er holt tief Luft und erzählt ihnen seine Geschichte, eine Geschichte, die bereits zu Ende ist. Er erzählt ihnen von seinen Hoffnungen, seinen Ängsten und zeigt ihnen seinen Körper. Er sagt ihnen alles. Er braucht ihre Hilfe. Er hat einen Plan.
Erschüttert, entsetzt sitzen sie vor ihm, Kenny Ortega schießt das Wasser in die Augen. Ungläubige Mienen. Sie denken darüber nach – das ist das einzige, was sie ihm zugestehen. Michael muss sich damit zufrieden geben. Und erneut ist alles offen. Weinend geht Kenny zurück ins Staples Center und sagt zu den Mitwirkenden der Show: „Betet für Michael“.
***
Am 21. 06. ruft Michael seine ihn früher betreuende Krankenschwester, Cherilyn Lee an. Er klagt darüber, dass seine eine Körperhälfte heiß, die andere kalt sei, dass es ihm sehr schlecht ginge, er sich nicht wohl fühle. Cherilyn wundert sich. Er hat doch einen 24-Stunden-Arzt bei sich? Es hört sich gar nicht gut an, was Michael da sagt.
„Geh ins Krankenhaus“, drängt sie ihn. Aber er geht nicht.
Am 22. 06. sucht Michael Dr. Arnold Klein, seinen Dermatologen und langjährigen Arzt, auf. Sein Gesundheitszustand befindet sich an der absoluten Grenze. Michael geht es ausgesprochen schlecht.
Doch von keiner Partei, Jake, Greg, oder AEG kommt ein positives Zeichen, kein Hinweis. Das erste Konzert rückt immer näher. Rastlos wandert Michael in seinem Schlafzimmer auf und ab. Tränen laufen ihm über die hageren Wangen. Er fingert in seinen
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