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TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff

TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff

Titel: TS 02: 220 Tage im Weltraumschiff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: G. Martynow
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aus.
    Als er den dunklen Fleck erreicht hatte, bückte er sich und betrachtete aufmerksam das menschliche Bein, das unterhalb des Knies abgerissen war. Andere Körperteile waren nicht zu sehen.
    ,Was hat die Uhr hier zu suchen?’ fragte er sich. ,Wie kommt sie hierher? Sind hier mehrere Menschen ums Leben gekommen oder nur einer? Wie ließ sich das nur feststellen?’
    Das Schnappen eines Schlosses veranlaßte ihn, sich rasch wieder aufzurichten. Am Schiff öffnete sich eine Tür. Ein Mann erschien in einem dunkelblauen Overall. Sein Gesicht bedeckte eine Sauerstoffmaske.
    Wie überlegend blieb er auf der Türschwelle stehen, dann sprang er herunter und ging mit unsicheren Schritten auf Kamow zu. »Guten Tag! Sind Sie die russischen Raumschiffer?« klang es dumpf hinter der Maske hervor.
    »Ja«, antwortete Kamow. »Wer sind Sie?«
    Bason schrak bei der unerwartet lauten Antwort zusammen. Kamow – er erkannte ihn – hatte ihn auf englisch angesprochen. »Ich gehöre zur Besatzung des amerikanischen Weltraumschiffes«, erwiderte er.
    »Das habe ich mir schon gedacht. Ihrer Statur nach sind Sie zwar nicht Charles Hapgood, aber ich vermute, daß dieses Raumschiff unter seinem Kommando geflogen ist. Wo ist Hapgood selbst?«
    »Das ist alles, was von ihm übrig blieb.«Bason wies auf das abgerissene Bein. »Heute nacht überfiel uns ein unbekanntes Tier. Es hat Charles Hapgood zerrissen. Ich selbst brachte mich mit Mühe in Sicherheit, nachdem ich alle Patronen verschossen hatte. Meinen Kameraden vermochte ich nicht mehr zu retten.«
    »Wie sah das Tier aus?« fragte Kamow rasch.
    »Es war eine dicke, zottige Schlange von silbriger Farbe. Ich sah sie nur beim Aufleuchten des Magnesiumblitzes und konnte sie nicht richtig erkennen.«
    »Dann ist es nicht verwunderlich, daß Sie das Tier nicht getroffen haben«, meinte Kamow, »denn Sie schossen ja blind.«
    Bason errötete, aber Kamow bemerkte es nicht.
    »Wer ist noch bei Ihnen?« fragte er.
    »Niemand. Wir waren zu zweit.«
    »Wie heißen Sie?«
    »Ralph Bason, Korrespondent der ,New York Times’.«
    »Ihre Expedition verfolgte demnach keine wissenschaftlichen Zwecke?«
    »Hapgood stellte Beobachtungen an.«
    »Das stimmt, er war ein großer Gelehrter. Schade, daß er ums Leben gekommen ist.« Plötzlich blitzte in Kamow ein Gedanke auf, und er sah den Amerikaner scharf an: »Sie sagten, das Tier hätte Sie heute nacht überfallen. Wann sind Sie gelandet?«
    »Gestern am späten Abend. Und Sie?«
    »Warum sind Sie nachts ausgestiegen? Ins unbekannte, gefahrdrohende Dunkel? Warum haben Sie nicht bis Tagesanbruch gewartet wie wir? Ich weiß, weshalb Sie das getan haben. Die Uhr und die Lampe verraten es besser als alle Worte. Aber erlauben Sie, Mr. Bason, daß ich Ihnen sage: Sie und Hapgood haben sich wie kleine Jungs benommen.«Kamow war tief empört. Es dauerte ihn, daß Charles Hapgood so sinnlos ums Leben gekommen war.
    »Wir sind vierundzwanzig Stunden vor Ihnen auf dem Mars angekommen«, fuhr er fort, da Bason keine Antwort gab, »haben unser Schiff jedoch erst gestern früh verlassen. Und haben keine Uhr fotografiert.«
    »Wir wollten die ersten sein«, sagte Bason. »Wir fürchteten, Sie, Mr. Kamow, könnten uns zuvorkommen.«
    »Sie kennen mich?«
    »Wer kennt den ,Mondkolumbus’ nicht! Sie und Mr. Paitschadse sind so berühmt, daß man Sie gleich erkennt, vor allem auf dem Mars.«
    »Was gedachten Sie denn nach Hapgoods Tod zu tun?« fragte Kamow. »Können Sie das Schiff steuern?«
    »Nein«, gab Bason freimütig zu. »Ich wollte mir das Leben nehmen und hätte es auch schon getan, wenn nicht Sie im letzten Moment dazwischengekommen wären.«
    Kamow begann der Mann leid zu tun. »Entschuldigen Sie«, sagte er, »wenn ich heftig zu Ihnen war. Mich schmerzt, daß Charles Hapgood für nichts und wieder nichts umgekommen ist. Das hat mich etwas aus der Fassung gebracht. Sie brauchen sich durchaus nicht das Leben zu nehmen. Sie fliegen ganz einfach mit uns zur Erde zurück.«
    Kamow ging zu dem Geländewagen und wiederholte Paitschadse sein Gespräch mit Bason. »Sie haben beide ihren Leichtsinn teuer bezahlen müssen«, sagte er. »Dieser Reporter ist noch ganz jung, hat aber schon graues Haar. Wahrscheinlich hat er es in dieser Nacht bekommen.«
    Während Kamow mit Paitschadse sprach, überdachte Bason angestrengt seine Lage. Der Siegeslorbeer war ihm entgangen. Die Russen hatten sie überflügelt. Ein jäh in ihm aufzuckender Gedanke benahm ihm den Atem …

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