TS 06: Das andere Universum
frei.
Aber ihre Augen strahlten – und waren zugleich ein wenig verschleiert. „Wiedersehen, Keith!“ wiederholte sie. „Wir sehen uns in New York.“
„Morgen abend? Das ist eine Verabredung!“
Sie nickte und lief ins Haus. Keith stand da, ein albernes Lächeln auf dem Gesicht, und lehnte sich schließlich gegen den Türpfosten.
Er kannte Betty Hadley erst seit drei Tagen. Am Donnerstag war sie zum ersten Male bei Borden Publications, Inc. erschienen. Perfect Love Stories, das Magazin, welches sie herausgab, war von Borden aufgekauft worden, und da Betty Hadley in den drei Jahren, seit dies ihr Beruf war, sich ausgezeichnet geschlagen hatte, war Borden geschickt genug gewesen, die Herausgeberin mit dem Magazin zu übernehmen. Die Whaley-Publishing-Company hatte lediglich verkauft, weil sie im Begriff war, sich der ausschließlichen Veröffentlichung von Digest-Magazinen zuzuwenden.
Gestern nachmittag – es war Samstag – war er L. A. Bordens Einladung gefolgt und zum dritten Male hierher gefahren. Das Wochenende erhielt plötzlich magische Anziehungskraft, als sich herausstellte, daß Betty Hadley einen der beiden anderen Gäste aus dem Büro verkörperte.
Betty Hadley – groß, geschmeidig und von goldenem Blond, mit weicher, sonnengetönter Haut, mit einem Gesicht und einer Figur, die eher auf einen Fernsehschirm als hinter den Schreibtisch eines Editors gehörte –
Keith seufzte und betrat ebenfalls das Haus. Er ging durch das große, in Walnuß gehaltene Wohnzimmer die Treppe hinauf und stellte, in seinem Raum angekommen, seine Schreibmaschine auf den Tisch. Dann entnahm er seiner Aktenmappe den Schnellhefter, welcher die an die Leserecke – Raksprechabteilung genannt – oder auch an ihn selbst, den „Raketeur“, adressierte Korrespondenz enthielt.
Obenauf lag der Brief seines Preisfans, Joe Doppelberg, denn Doppelberg hatte sich für einen persönlichen Besuch angesagt, und Keith wollte dann sein Schreiben bei der Hand haben. Er seufzte und vertiefte sich dann in die Zeilen.
Sie lauteten:
„Werter Racker-teur: Eigentlich müßte ich Ihnen überhaupt nicht schreiben, denn außer dem Wheeler-Garn stinkt Ihre letzte Nummer bis zum Arkturus. Wer hat eigentlich von diesem Dussel Gormley behauptet, er könnte schreiben? Seine Raumnavigation – na, das Rindvieh könnte nicht mal bei Sonnenschein ‘n Ruderboot über den ersten Schmutzbach schippern. Und diese Titelseite von Hooper – die Kleine war okay, mehr als okay, aber welches Mädchen wäre das auf dem Umschlag nicht? Jedenfalls das Ding, das sie verfolgt – soll das etwa einer der merkurischen Teufel aus der Story von Wheeler sein? Na, sagen Sie Hooper man, ich könnte mir erschröcklichere Bemsvorstellen, ohne einen versüßenden Spritzer Venuswein.
Warum dreht sie sich nicht einfach um und jagt es?
Behalten Sie Hooper für die Innenseiten – der Stoff, den er in schwarz-weiß aufs Tablett bringt, ist in Ordnung – und hetzen Sie jemand anders auf die Titelseiten. Wie wäre es mit Rockwell Kent oder Dali? Ich wette, Dali könnte ein Herzchen von einem Bem produzieren.
Und nun, Racker, stellen Sie das uranidische Insektenfleisch kalt, denn an einem Tag in dieser Woche werde ich den Fuchs aus seiner Höhle jagen.
Bilden Sie sich nichts darauf ein, Racker, komme nicht zum Raumhafen N’Yawk, um nur Sie zu besuchen. Muß aber auf jeden Fall ‘nen Martier sehen, der etwa einen Hundsstern entfernt lebt, und möchte bei der Gelegenheit doch mal feststellen, ob sie wirklich so häßlich sind, wie behauptet wird.
Ihre letzte Idee, Racker, war glänzend. Ich meine die Veröffentlichung von halbspaltigen Porträts Ihrer treuesten und regelmäßigsten Korrespondenten mit ihren Briefen. Ich habe also eine Überraschung für Sie – meins liegt bei. Wollte es persönlich überbringen, aber der Brief wird vor mir ankommen, und ich könnte ja eine Ausgabe verpassen, die inzwischen in Druck geht.
Ennahoo, Racker, schlachten Sie ein fettes Mondkalb, denn ich werde Sie bald, wenn nicht gar bälder, heimsuchen.
Joe Doppelberg“
(*BEM=Bug-eyed monster oder „Ungeheuer mit Käferaugen“)
Keith Winton seufzte erneut, nahm einen Blaustift zur Hand und strich die Sätze über die Fahrt nach New York heraus, denn sie würden die anderen Leser nicht interessieren. Dann betrachtete er das Foto, das mit dem Brief angekommen war.
Joe Doppelberg sah nicht so aus, wie seine Briefe es vermuten ließen. Er war ein nicht unschöner, ziemlich
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