TS 25: Die Reise des schlafenden Gottes
müßt ihr euer Augenmerk auf die Besatzung richten. Eine recht, eigentümliche Besatzung, wenn ich so sagen darf.“ Der Mutant lachte leise.
Matchett richtete sich auf.
„Wieso?“ fragte er energisch. „Was weißt du über die fremde Rasse? Wie sieht sie aus? Warum ist sie so eigentümlich?“
Der Mutant hüllte sich in Stillschweigen.
Matchett wiederholte seine Fragen mit drängenderen Worten.
Keine Antwort.
Douglas Matchett kannte den schlafenden Gott gut genug, um noch weiter in ihn zu dringen. Wenn Chester Clayton King nicht reden wollte, dann gab es nichts auf der Welt, womit man seinen Entschluß hätte umstürzen können.
Matchett seufzte und zuckte die Achseln. Dann sagte er:
„Nun gut, meinetwegen hat das fremde Raumschiff menschenfressende Ungeheuer an Bord. Aber ich möchte dich bitten, schleunigst die Erde davon zu verständigen. In wenigen Monaten wird das fremde Schiff das irdische Sonnensystem erreichen und damit nicht nur unsere Kolonien auf den Planeten bedrohen, sondern auch die Erde selbst.“
„Sei unbesorgt, Doug“, entgegnete die Stimme des Mutanten. „Hältst du mich für so verantwortungslos? Ich stehe schon seit einiger Zeit mit meinem Bruder in Verbindung. Er wird die irdische Regierung warnen, sobald der richtige Zeitpunkt dafür gekommen ist. Solange die Erde und ihre Kolonien unter dem persönlichen Schutz meines Bruders stehen, brauchen sie sich vor dem Eindringling nicht zu fürchten.“
„Dank“, entgegnete Matchett ein wenig verärgert. „Nett von euch beiden! Ohne euch wäre die Menschheit ja schon längst den Unbilden der Natur erlagen.“
„Laß dir darüber keine grauen Haare wachsen“, tröstete ihn der Mutant. „Eines Tages werdet auch ihr den Kinderschuhen entwachsen sein.“ Er lachte leise.
Damit war das Gespräch beendet. Noch immer ein wenig verstimmt, nahm Matchett den Schlüssel an sich und verließ die Abteilungsräume.
Auf dem Weg zur Kommandobrücke überlegte er sich, wie er dem Direktor möglichst schonend beibringen konnte, daß ihm der Mutant, abgesehen von seinem seltsamen Rat, eigentlich nichts Neues gesagt hatte.
5. Kapitel
Mit vieltausendfacher Lichtgeschwindigkeit raste das Expeditionsschiff TELLUS durch die schwarze Unendlichkeit zwischen den Milchstraßen. Von Sekunde zu Sekunde stieg seine Geschwindigkeit weiter an, und während auf den Schiffschronometern Minute um Minute verstrich, fraß es buchstäblich Lichtjahr um Lichtjahr.
Die Tage wurden zu Wochen und die Wochen zu Monaten. Immer näher rückte das Spiralgebilde des fernen Nebels heran. Im hellen Glanz von Milliarden und aber Milliarden von Sonnen erstrahlte es in unendlicher Pracht und hob sich mit zunehmender Größe in feiner, zarter Filigranarbeit vom nachtschwarzen Hintergrund des Raums ab.
Douglas Matchett, der aufmerksam eine von der astronomischen Abteilung zusammengestellte Serie von photographischen Platten betrachtete, die in regelmäßigen Abständen exponiert worden waren und dank der endlichen Geschwindigkeit des Lichts die Entstehungsgeschichte von ganzen Sonnensystemen zeigte, stellte fest, daß die Sonnen mit stetig abnehmender Entfernung nicht nur wuchsen, sondern auch voneinander zu fliehen schienen. Die wirklichen Entfernungen zwischen ihnen traten deutlicher zu Tage. Der Spiralnebel M-33, der noch vor wenigen Monaten wie ein winziger Nebelfetzen am Firmament ausgesehen hatte, entpuppte sich jetzt als ein unübersehbares Sternenmeer, das jeden Vergleich mit der Heimatgalaxis der Menschen aushalten konnte.
Die TELLUS trat in die Randgebiete der Milchstraße ein, und die Zahl der Sonnen, die in ihrer näheren Umgebung verstreut lagen, war noch äußerst gering. Die eigentliche Zusammenballung der Sterne begann erst nach den nächsten zweihundertfünfzig Lichtjahren. Da die TELLUS in der Peripherie des Spiralnebels eingetreten war, bildeten sie eine linsenförmige Ansammlung von strahlenden Stecknadelköpfen, die sich in der Gegend des Mittelpunkts der Galaxis zu einem dichten Haufen konzentrierten.
Das riesige Expeditionsschiff beschrieb eine sorgfältig berechnete Kurve und raste auf den fernen Stern zu, der sich vor ihren Bug schob.
Matchett, der aus der abgeriegelten Sektion heraufkam und in die Bibliothek trat, um die neueste Ausgabe der Schiffszeitung in Ruhe lesen zu können, sah die Sonne bereits als gigantischen, blau-weißen Ball auf dem Kommunikatorschirm des Lesesaals, der von einem aufmerksamen Angestellten auf die großen
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