TS 29: Die Zeitbombe
ernst und nachdenklich geworden. „Ich möchte gerne einem begegnen. Ich bin höchst neugierig. Aber ich glaube nicht, daß ein Zeitreisender die auftretenden körperlichen Anstrengungen ertragen würde.“
Danforth machte eine abwehrende Handbewegung.
„Ich habe viel über das Problem nachgedacht, aber auf diesen besonderen Punkt bin ich nie gestoßen. Ehrlich gesagt, verstehe ich sehr wenig davon – ob sie überhaupt existieren oder nicht, gesund oder anders. Aber ich habe etwas, das einem Fernlenkgeschoß ähnlich sieht und mit etwas Glück werde ich auch in einigen Tagen den Mann haben, der es abgeschossen hat.“
„Gute Jagd! Dumm von dem Burschen, die Teile herumliegen zu lassen. Ist bloß noch ein Zusammensetzspiel.“
„Mr. Ramsey denkt, daß es eine Einladung war.“
„Ich auch. Werde demnächst ein wenig herumexperimentieren. Ich las Ihre Skizze. Jeder Kreislauf interessiert mich; ich glaube aber, Sie verloren irgend etwas davon. Einen Transistor oder sonst etwas.“
Danforth war einen Augenblick lang überrascht, bis er sich klar wurde, daß Nash die Zeichnung des Apparates in seinem Gehirn gesehen hatte. „Ich habe jeden einzelnen Bestandteil nachgeprüft“, berichtete er seinem Gastgeber. „Den Zylinder ausgeräumt und alles in einer Liste aufgezeichnet. Fangen Sie jetzt um Himmels willen nicht auch noch an, Zeitbomben zu bauen!“
„Ruhig, mein Freund, nur ruhig! Alles im Interesse der Wissenschaft! Aber ich verspreche Ihnen – keine Bomben!“ Sein Ausdruck wandelte sich in Verwirrung. „Danforth, ich kann mir die Kraftzufuhr nicht vorstellen. Zugegeben, der Mann weiß vorläufig mehr als wir, – aber es ist Energie nötig, um jenes Geschoß fortzubewegen. Ich versuche eine Parallele zum Transistor für diesen Fall hier zu finden. Die Tontechniker haben sie benützt, um ein Piepsen in Getöse umzuwandeln; könnte Ihr Mann nun nicht die Energie eines Wasserfalles aus zwei gewöhnlichen Batterien herausholen?“
„Ich werde Ihnen eine Kopie seines Geständnisses zuschicken“, versprach der Leutnant. „Wenn es Ihnen gelingt, ein funktionierendes Modell herzustellen, so nehmen wir Sie vor Gericht als Sachverständigen.“
„Um am Tag darauf von der Öffentlichkeit gesteinigt zu werden? Nichts zu machen!“
„Die Polizei könnte einen Mann wie Sie gebrauchen. Wenn ich das Vorhandensein von seltener Erde in Simon Olivers Haus nachweisen kann, nehme ich an, den Fall aufbauen zu können.“
„Nicht nötig, daß sie im Inneren des Hauses war“, widersprach Nash. „Hatte er zufällig Rosenbüsche vor dem Hauseingang? Man brauchte in dam Fall das Zeug nur in den Blumenbeeten zu verstreuen.“
Danforth blickte den Mann überrascht an und gab ihm im stillen recht. Das Stehaufmännchen konnte schließlich doch nur ein harmloses Spielzeug gewesen sein; ein Einschlag zehn Meter von der Gummipuppe entfernt war genauso wirksam wie ein Volltreffer. Ein Sack voll von dem Gemisch im Abfalleimer hinter dem Haus würde sich als genau so tödlich erweisen.
Einmal zum Starten gebracht, würde die Bombe das Gegenstück zu der Zusammensetzung in ihrer Nase anpeilen, die entsprechende Erde suchen, die entweder sorgfältig in ein Haus verbracht, in einem Garten verstreut oder mit der Post zugesagt worden war. Diese konnte in einer Gummipuppe verborgen worden sein, oder sie wurde von schmutzigen Schuhen hereingebracht.
Zeitbombe – ein tödliches Wortspiel!
*
Er lag bis spät in die Nacht hinein wach und las in einem der beiden Bücher, die ihm Shirley Nash geliehen hatte. Der Band, den er ausgewählt hatte, fesselte seine Gedanken. Er las ihn, ohne auf die verstreichenden Stunden zu achten, ohne der allmählich verstummenden Geräusche im Haus gewahr zu werden, ohne das plätschernde Geräusch des Wassers am Ufer zu hören. Er las, bis ihm die Augen schmerzten und bemerkte erst dann, daß er seine Brille zu Hause gelassen hatte. Schließlich legte er das Buch beiseite und drehte das Licht aus. Auf leisen Sohlen begab er sich zu den geöffneten Fenstern. Als er hinausschaute, entdeckte er, daß alle Schlafräume gegen den See zu gelegen waren. Danforth zog einen Stuhl ans Fenster, setzte sich hin und blickte auf das schwarze Wasser hinaus. Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit.
Jemand schwamm auf den Landesteg zu.
Sein Interesse erwachte, und er beobachtete die Gestalt, vermochte aber ihre Identität nicht auszumachen. Der Schwimmer bewegte sich geräuschlos durch das
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