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TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1

TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1

Titel: TS 58: Das Raumschiff der Verbannten, Teil 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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Platz. Die Siedlerdecks waren als Parklandschaft ausgebildet. Durch weitePrärien schlängelten sich Flüsse, die schließlich irgendwo versickerten und an einer anderen Stelle von gewaltigen Pumpen wieder auf die Ebene zurückgehoben wurden. Künstliche Sonnen, im Tag- und Nacht-Rhythmus ein- und ausgeschaltet, lieferten eine vollkommene Illusion. Künstlich erzeugte Schwerefelder erzeugten überall den Eindruck, man stehe auf ebenem Boden. Die Stützen, die dem Schiff inneren Halt verschafften, waren als Liftschächte ausgelegt, die die Decks vom ersten bis zum zwölftausendsten miteinander verbanden.
    Noch interessanter als die technischen Einzelheiten der GLORIOUS sind vielleicht die Aufzeichnungen über die Begleiterscheinungen, die während der Bauzeit auftraten. Die GLORIOUS kostete einige Billionen Einheiten der damaligen Währung; diese Summe wurde bereitgestellt von der Zentralregierung der Erde, von großen Unternehmen und reichen Einzelpersonen. Prestige spielte in der damaligen Wirtschaftsform eine heute kaum mehr zu verstehende Rolle; von mancher Seite her flossen die Gelder reichlicher, als diese Seite es sich hätte leisten können. Der Bau der GLORIOUS hatte eine Reihe finanzieller Zusammenbrüche im Gefolge.
    Die einfachen Menschen aber gerieten in Verwirrung, als sie die Scheibe der GLORIOUS – größer und heller als der Mond – zum erstenmal am Nachthimmel auftauchen sahen. Manche hielten das Unternehmen für einen zweiten Turmbau zu Babel; andere gründeten gar Sekten, die das Schiff zum leibhaftigen Antichrist deklarierten. Ihnen gegenüber standen diejenigen, denen die GLORIOUS ein göttliches Wesen zu sein schien. Es gab Selbstmorde, Verbrechen, Opferungen, Gebete, Flüche, die „im Namen der GLORIOUS“ getan wurden.
    Niemand kann heute mehr daran zweifeln, daß das Unternehmen GLORIOUS zu gewaltig für die damalige Menschheit war. Man kannte kein Maß mehr, und kluge Leute behaupteten, die GLORIOUS sei weniger um des guten Zweckes willen gebaut worden, den sie erfüllen sollte, als vielmehr des Denkmals wegen, das die menschliche Hybris sich setzen wollte.
    Die Auswahl der verantwortlichen Offiziere bereitete Schwierigkeiten. Interessengruppen – eben die, die am meisten Geld beigesteuert hatten – gerieten einander in die Haare. Cliquenwirtschaft, Morde und Intrigen waren an der Tagesordnung. Abgesehen von einigen Narren glaubte schon Jahre vor dem Start der GLORIOUS niemand mehr daran, daß der Flug ohne Zwischenfälle ablaufen werde …
    Die GLORIOUS ist bis heute das seltsamste und gewaltigste Erzeugnis menschlicher Schaffenskraft geblieben. Aber das Schicksal, das ihre fünfhundertmillionenköpfige Besatzung erlitt, steht dem Schiff selbst an Seltsamkeit nicht nach …

 
1.
     
    Die fünf Männer saßen an der Außenseite des hufeisenförmigen Tisches. Sie hielten die Hände auf der Tischplatte oder auf den Knien, je nach Temperament, und schwiegen.
    Es war ein unbehagliches Schweigen – untermalt von Atemgeräuschen auf fünf verschiedenen Frequenzen, und dann und wann unterbrochen durch das Rascheln eines Kragens, wenn jemand den Kopf hob, um auf die Uhr zu sehen, auf deren langgestrecktem Zifferblatt die Zehntelminuten in roten, die Minuten in blauen und die Stunden in grünen Ziffern dahinhuschten oder sich träge bewegten.
    Die fünf Männer sahen so aus, als gehörten sie der reicheren Schicht ihrer Gesellschaft an. Sie waren gut und sorgfältig gekleidet, wenn auch die Sorgfältigkeit ein wenig nachgelassen hatte; etwa so nachgelassen, wie man es nach langen Konferenzen und heftigen Diskussionen oft sieht.
    Die Uhr zeigte 21:06, als von der Decke herab ein Summer ertönte. Der Mann im Zenith des Hufeisens ließ die rechte Hand nach vorne schnellen – so hastig, als habe er schon lange auf das Zeichen gewartet – und drückte den Knopf in der Basisleiste eines kleinen Gerätes, das zur Hauptsache aus einem etwas schräggestellten Bildschirm bestand.
    Der Schirm leuchtete auf. Das Gesicht eines Mannes erschien.
    „Leinster“, sagte der Mann. „Zu Ihrer Verfügung, Mr. Hobbes.“
    Hobbes nickte.
    „Gehen Sie weiter, Leinster!“
    Das Bild verschwand. Ein anderes tauchte auf. Ein kompliziertes, in grünen Linien gezeichnetes Wellenmuster. Hobbes betätigte einen zweiten Schalter. Ein zweites, sich rot abbildendes Muster wanderte von rechts her über den Schirm und verschwand plötzlich, als es mit dem grünen zur Deckung kam.
    Ein leises Klingelzeichen ertönte. Hobbes

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