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TS 65: Die Zeit-Agenten

TS 65: Die Zeit-Agenten

Titel: TS 65: Die Zeit-Agenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Merwin jr.
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Forum, wo er in einem Gespräch mit dem jungen Decimus Juvenalis, der kürzlich zum Militärtribun ernannt worden war, den Vergleich „schnell und tödlich wie eine Kriegsrakete“, verwendet hatte. Decimus Juvenalis hatte ihn verblüfft angesehen und war dann darüber hinweggegangen.
    Und jetzt „Lichtgeschwindigkeit“. Sie sah den Dichter aus zusammengekniffenen Augen an und suchte nach anderen Spuren seiner Fremdheit. Aber Gnaius mit seinen weichen Wellen, den weibischen Gesten, seinem Duft nach asiatischem Parfüm, schien der typische aristokratische Dichterling aus dem Kaisertum des Vespasian.
    Und doch war das alles Maske. Intuitiv mußte sie das von Anfang an gewußt haben. Auch in seinen Versen lag eine exotische Note, obwohl sie genau den Regeln der Dichtkunst seiner Epoche entsprachen.
    Jedenfalls begann sich Elspeths Mission zu einer Erde, die etwa neunzehnhundert Jahre hinter ihren Myriaden von Schwesterplaneten zurück war, interessant zu entwickeln. Denn Gnaius hatte bis jetzt noch kein einziges Mal durchblicken lassen, daß er ein Agent der Wächter war, jener unermüdlichen Hüter des delikaten Gleichgewichtes zwischen den parallelen Zeiträumen. Und sie hatte ihm wirklich reiflich Gelegenheit gegeben, das zu tun. Plötzlich begann sie Angst zu empfinden. Ihre Mission war kultureller Natur, nicht diplomatisch, nicht wirtschaftlich und nicht militärisch. Die Entdeckung dieser zurückgebliebenen Welt, die unter den Agenten als Antik bekannt war, bot ungeheure Möglichkeiten, diese antike Welt aus erster Hand zu studieren – ihre Sitten, ihre Sprache, ihre Dichtkunst und den Gang ihres täglichen Lebens.
    Daß die Wahl auf sie gefallen war, war kein Wunder, denn ehe Elspeth sich den Wächtern angeschlossen hatte, hatte sie eine ausgezeichnete klassische Ausbildung erhalten und selbst einige Gedichte veröffentlicht. Und sie hatte ihre Aufgabe mit einem Elan und einer Begeisterung übernommen, denen man es anmerkte, wie sehr sie sich darüber freute, hier zwischen den lebenden Parallelen jener geistigen Giganten sein zu dürfen, deren Gedanken und Werke zwei Jahrtausende überdauert hatten.
    Irgendwie bedauerte sie es, daß die Entdeckung von Antik nicht früher gekommen war – als Virgil, Horaz und Ovid mit seinen schlüpfrigen Geschichten gemeinsam mit Varro, Catull und Lucretius den Höhepunkt der augustischen Dichtkunst dargestellt hatten. Aber die düstere Epoche der claudischen Kaiser war dahin, und das Zeitalter von Martial und Juvenal sollte anheben.
    Sie hatte die Bekanntschaft des jungen Decimus Juvenalis gemacht, eines jungen Mannes von vierundzwanzig Jahren, dessen verschlossene Züge nur selten in der Wärme innerer Freude leuchteten, und hatte feststellen müssen, daß er sich viel stärker für seine militärische Karriere interessierte als für die Dichtkunst, die ihm auf so vielen Hunderten von parallelen Welten schon immerwährenden Ruhm eingetragen hatte.
    Plötzlich wurde ihr bewußt, daß Gnaius Laconius zu lesen aufgehört hatte und sie jetzt mit so verzehrenden Blicken anstarrte, daß sie unwillkürlich die Augen senkte und dann über das Panorama der ewigen Stadt hinausblickte.
    Die Villa, ebenso wie Lamia, ihre Leibsklavin, waren ihr von Plinius dem Älteren großzügig zugewiesen worden, der in dieser anachronistischen Welt ständiger Agent der Wächter war. Und wenn auch Lamia vom Gesichtspunkt des zwanzigsten Jahrhunderts aus entschieden ihre Fehler hatte, konnte man das von der Villa nicht behaupten – abgesehen natürlich von solchen Annehmlichkeiten wie Elektrizität und sonstigen Errungenschaften des technischen Zeitalters.
    Angeschmiegt an den steilen Südwesthang des Cispischen Hügels zwischen dem Vius Patricus und dem Clivus Suburbanus innerhalb der alten Stadtmauern schien sie förmlich aus dem immergrünen Teppich hervorzuragen, der den Rest des Hügels bedeckte. Ihre Säulenhalle blickte über eine unendlich scheinende Folge flacher Dächer auf die unglaublich prunkvollen Paläste hinaus, die am Palatin wie Märchenschlösser hochragten.
    Wenn Elspeth nun auch schon seit mehr als zwei Monaten die Villa bewohnte, fand sie doch täglich neuen Zauber in diesem Anblick. Rom war unter Vespasian neu aus den Trümmern entstanden, die Nero als Vermächtnis seiner Schreckensherrschaft hinterlassen hatte.
    Gnaius hatte sein Manuskript eingerollt und meinte jetzt beleidigt: „Ich fürchte, du hast nicht zugehört, Marina.“
    Elspeth fuhr zusammen – Marina Elspetia

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