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TS 75: Einzelgänger des Alls

TS 75: Einzelgänger des Alls

Titel: TS 75: Einzelgänger des Alls Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredric Brown
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weggenommen hatten, als er arretiert wurde, und auch nicht dann, als man ihn entkleidete und in Gefängnistracht steckte. Ein ehemaliger Chirurg, der sich in Rio vor dem Zugriff der Gesetzeshüter verbarg, hatte diese Sache für ihn erledigt, indem er die Muskelstränge des Unterarmstumpfes derart verpflanzte und behandelte, daß Crag ganz automatisch und ohne es direkt zu wollen, die künstliche Hand festhielt. Entspannte man jedoch die Muskeln, so war die beschwerte Hand augenblicklich abnehmbar und wurde zu einem Geschoß, das, mit der Rechten geworfen, nach langer Übung tödlich genau ins Ziel traf.
    Crag trug nie eine andere Waffe als seine künstliche Hand.
    Eine Stimme ertönte im Lautsprechergitter an der Decke und sagte: „Ihre Aburteilung wurde auf vierzehn Uhr festgesetzt. Also in zehn Minuten. Machen Sie sich bereit.“
    Crag blickte kurz hoch und bedachte das Lautsprechergitter mit einem Fluch. Da jedoch der Verkehr über den Kommunikator nur einbahnig verlief, wurde ihm keine Aufmerksamkeit geschenkt.
    Crag schritt hinüber zum Fenster und blickte auf Albuquerque nieder – ein Meer von Häusern, Straßen, Hochbahnen und Landeplätzen. Da lag sie vor ihm, Albuquerque, die drittgrößte Stadt im Solsystem und zweitgrößte Stadt der Erde. Weit im Süden, etwa achtzig Kilometer entfernt, konnte er die Ausläufer des mächtigsten Raumhafens ausmachen, der je von Menschenhand erbaut worden war.
    Das Fenster war nicht vergittert, aber die Scheibe, gefertigt aus durchsichtigem Plastikstoff, war extrem hart. Er könnte sie wahrscheinlich mit seiner linken Hand herausschlagen, würde aber Flügel benötigen, um eine Flucht in dieser Richtung fortzusetzen. Seine Zelle befand sich im obersten Stock des Föderativ-Gerichts-Gebäudes, das dreißig Geschosse zählte und dessen Wände ebenmäßig waren, genauso wie seine Fenster keine Vorsprünge kannten. Auf diesem Weg konnte er nur Selbstmord begehen, und der konnte warten, solange noch eine Chance bestand, zur Strafkolonie anstatt zum Psycher verurteilt zu werden.
    Er haßte diese Stadt. Albuquerque war Mittelpunkt der Intrigen zwischen den Anhängern der Gilde und denen der Innung.
    Die Stimme sagte von der Decke herab: „Die Tür ist nun unverschlossen. Begeben Sie sich ans Ende des Korridors außerhalb Ihrer Zelle, wo Sie auf Wachen treffen werden, die Sie zum zuständigen Gerichtsraum führen.“
    Er wartete keine Sekunde, da er wußte, daß dieser Befehl in gewisser Hinsicht ein Test war. Natürlich konnte er hier warten und die Wachen zwingen, herzukommen und ihn zu fassen, doch würde in diesem Fall seine Widerspenstigkeit berichtet und in Betracht gezogen werden, wenn es hieß, die ihm gebührende Strafe festzusetzen. Es konnte leicht die Entscheidung zwischen Callisto und dem Psycher ausmachen.
    Also öffnete er die jetzt unverschlossene Tür und schritt den Korridor entlang; es gab nur einen Weg. Etwa hundert Meter von seiner Zelle entfernt, erwarteten ihn zwei grün uniformierte Wachen. Sie waren mit Hitzestrahlern bewaffnet.
    Er sprach nicht zu ihnen, wie auch sie nicht zu ihm. Sie schritten zur Seite und nahmen ihn in die Mitte. Das Tor, vor dem sie gestanden hatten, öffnete sich automatisch bei ihrer Annäherung, aber Crag wußte, daß es sich für ihn allein nicht einmal gerührt hätte. Er schritt schweigend zwischen den Wachen einher, Rampen hinunter und Gänge entlang, bis er zu dem Raum gelangte, in welchem er verurteilt werden sollte.
    Er war der letzte Ankömmling, rechnete man nicht die beiden Wachen, die hinter ihm die Tür passierten.
    Der Raum war verhältnismäßig groß, aber nur ein Dutzend Personen, einschließlich Crag und seine beiden Begleiter, hielten sich darin auf.
    Ein Richter, angetan mit einem ganz gewöhnlichen Geschäftsanzug, saß hinter einem Schreibtisch. Links und rechts von ihm standen zwei kleinere Pulte; das des Klägers und das des Verteidigers. Weiter befanden sich noch fünf Geschworene und ein Techniker im Raum, der die Aufnahmegeräte bediente. Der Stuhl des Angeklagten wies mit seiner Front diagonal zum Richter und zu den Geschworenen. Es waren weder Reporter noch Zuschauer anwesend, wenn die Verhandlung auch nicht geheim war. Sie wurde vorschriftsmäßig auf Band aufgenommen, welches den Vertretern aller bevollmächtigten Nachrichtenorgane zugänglich war.
    Nichts von all dem war Crag unbekannt – er hatte schon einmal eine Verhandlung über sich ergehen lassen müssen, war jedoch mangels Beweisen

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