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TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit

Titel: TS 76: Eine Handvoll Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip K. Dick
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„So – jetzt kann der Frosch auch bestimmt nicht mehr auf dieser Seite heraus.“
    „Was haben Sie eigentlich für einen Frosch erwartet?“ fragte Pitner.
    „Ich meine, wie groß? Da könnte ja ein ausgewachsener Mann hineingehen.“
    „Jetzt passen Sie auf.“ Hardy drehte an einem Handrad. „Diese Seite der Röhre wird erhitzt. Die Hitze treibt den Frosch weiter. Wir sehen jetzt durch das Fenster zu.“
    Sie sahen in die Röhre. Der Frosch saß behäbig da und glotzte vor sich hin.
    „Spring doch, du blöder Frosch!“ schimpfte Hardy. Er drehte weiter an seinem Handrad.
    „Nicht so stark, Sie sind wohl verrückt!“ schrie Grote. „Wollen Sie ihn sieden?“
    „Da!“ schrie Pitner. „Jetzt hüpft er ja.“
    Der Frosch sprang. „Die Röhre ist wärmeleitfähig“, erklärte Hardy. „Er muß also weiterspringen, wenn es ihm zu warm wird. Sehen Sie ihm zu.“
    Plötzlich schrie Pitner erschreckt auf. „Mein Gott, Professor Hardy. Der Frosch ist zusammengeschrumpft. Jetzt ist er nur noch halb so groß wie vorher.“
    Hardy strahlte. „Das ist das Wunder. Sehen Sie, am anderen Ende der Röhre ist ein Kraftfeld. Der Frosch wird durch die Hitze gezwungen, darauf zuzuspringen. Die Wirkung des Feldes ist so, daß tierisches Gewebe mit zunehmender Nähe zusammenschrumpft. Der Frosch wird kleiner, je weiter er kriecht.“
    „Warum?“
    „Das ist die einzige Möglichkeit, die Sprungweite des Frosches herunterzusetzen. Bei jedem Sprung wird der Frosch kleiner. Folglich ist auch jeder Sprung proportional kürzer. Wir haben das so eingerichtet, daß die Größenordnung die gleiche ist wie in Zenos Paradoxon.“
    „Aber wo hört das alles auf?“
    „Das“, sagte Hardy, „ist genau die Frage, auf die wir hinauswollen. Am anderen Ende der Röhre ist eine Lichtschranke, die der Frosch passieren müßte, wenn er je so weit käme. Wenn er sie erreichte, würde er das Feld abschalten.“
    „Er wird sie erreichen“, murmelte Grote.
    „Nein. Er wird kleiner und kleiner werden und immer kürzere Sprünge machen. Für ihn wird die Röhre immer länger werden, endlos länger. Er wird nie dorthin kommen.“
    Die beiden Gelehrten funkelten einander an. „Seien Sie sich Ihrer Sache nur nicht zu sicher“, sagte Grote.
    Sie spähten durch das Fenster in die Röhre. Der Frosch hatte schon eine ziemliche Entfernung hinter sich gebracht. Er war jetzt beinahe unsichtbar, ein winziger Punkt, nicht größer als eine Fliege, der kaum merkbar am Boden der Röhre dahinkroch. Er wurde immer kleiner. Jetzt war er noch so groß wie eine Nadelspitze. Und dann verschwand er.
    „He“, machte Pitner.
    „Pitner, lassen Sie uns allein“, sagte Hardy. Er rieb sich die Hände. „Grote und ich haben etwas zu besprechen.“
    Er schloß die Tür hinter dem jungen Mann ab.
    „Also“, sagte Grote. „Sie haben diese Röhre konstruiert. Was ist aus dem Frosch geworden?“
    „Nun, er hüpft immer noch herum, irgendwo in einer subatomaren Welt.“
    „Sie sind ein Schwindler. Dem Frosch ist irgendwo in der Röhre etwas zugestoßen.“
    „Nun“, meinte Hardy, „wenn Sie das glauben, sollten Sie die Röhre vielleicht persönlich inspizieren.“
    „Ich glaube, das werde ich tun. Vielleicht finde ich eine Falltür.“
    „Wie Sie meinen“, grinste Hardy. Er schaltete die Heizung ab und öffnete die große Eisentür.
    „Geben Sie mir die Taschenlampe“, bat Grote.
    Hardy reichte sie ihm hin, worauf der andere knurrend in die Röhre kroch. Seine Stimme hallte hohl. „Aber keine faulen Tricks.“
    Hardy sah ihm nach. Er bückte sich und blickte ins Innere der Röhre. Grote hatte etwa den halben Weg zurückgelegt und mußte sich sichtlich plagen.
    „Was ist denn?“ fragte Hardy.
    „Zu eng …“
    „Oh?“ Hardys Grinsen wurde breiter. Er nahm die Pfeife aus dem Mund und legte sie auf den Tisch. „Nun, vielleicht können wir dagegen etwas tun.“
    Er knallte die Eisentür zu. Dann rannte er zum anderen Ende der Röhre und legte die Schalter um. Röhren leuchteten auf, Relais’ klickten.
    Hardy verschränkte die Arme über der Brust.
    „Jetzt hüpfen Sie, mein lieber Frosch“, sagte er. „Hüpfen Sie nur.“
    Er eilte zum anderen Ende zurück und drehte die Heizschraube.
     
    *
     
    Es war sehr finster. Grote lag eine lange Zeit bewegungslos da. Tausend Gedanken huschten durch seinen Geist. Was war nur mit Hardy los? Was führte er im Schilde? Er stemmte sich in die Höhe, stieß mit dem Kopf oben an.
    Es begann warm zu werden.

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