TS 87: Der kleine Fuzzy
Glases und schenkte sich dann nach. „Ich hätte genauso gehandelt wie du, Jack aber trotzdem wäre mir lieber, wenn das alles nicht passiert wäre.“
„Hah!“
Mama Fuzzy fuhr erschreckt zusammen, als sie Brannhards Ausruf hörte.
„Was glaubt ihr, was Victor Grego sich im Augenblick wünscht?“
Victor Grego legte gerade den Hörer auf die Gabel. „Das war Leslie auf der Jacht“, sagte er.
„Sie kommen jetzt herein. Sie machen am Krankenhaus Station, um Kellogg abzuliefern, dann kommen sie hierher.“
Nick Emmert knabberte an einem Sandwich. Er hatte rötliches Haar, wäßrige Augen und ein weichliches Gesicht.
„Holloway muß ihn ziemlich zugerichtet haben“, sagte er.
„Ich wollte, er hätte ihn umgebracht!“ stieß Grego hervor. Der Generalresident zuckte zusammen.
„Das ist doch nicht Ihr Ernst, Victor!“
„Den Teufel ist es!“ Er deutete auf das Bandgerät, wo soeben die Aufnahme des Verhörs abgelaufen war.
„Das ist nur ein Vorgeschmack auf das, was bei der Verhandlung herauskommen wird. Wissen Sie, was auf dem Grabstein der Gesellschaft stehen wird? ,Zu Tode getrampelt, zusammen mit einem Fuzzy, von Leonard Kellogg.’“
„Aber, Victor, sie werden Leonard doch nicht wegen Mordes verurteilen“, sagte Emmert. „Nicht, weil er eines von diesen kleinen Viechern umgebracht hat.“
„Unter Mord ist die vorsätzliche und ungerechtfertigte Tötung eines vernunftbegabten Wesens einer jeden Rasse zu verstehen“, zitierte Grego. „So lautet das Gesetz. Wenn sie vor Gericht beweisen können, daß die Fuzzys vernunftbegabte Wesen sind …“
– dann würden eines Tages zwei Gerichtsbeamte Leonard Kellogg in den Gefängnishof führen und ihm eine Kugel durch den Kopf schießen, spann er den Gedankenfaden weiter. Das für sich allein betrachtet wäre kein großer Verlust. Das Unangenehme daran würde nur sein, daß sie gleichzeitig mit ihm auch dem Vertrag der Zarathustragesellschaft ein Ende bereiten würden. Vielleicht konnte man verhindern, daß Kellogg vor Gericht auftreten mußte. Es kam oft genug vor, daß auf ein startendes Raumschiff in letzter Minute ein betrunkener Raummatrose geschmuggelt wurde, und wenn man überlegte, wie Holloway Kellogg zugerichtet haben mußte, würde es gar nicht schwer sein, ihn als betrunkenen Raumfahrer zu deklarieren. Die fünfundzwanzigtausend Sol Kaution mußten dann eben abgeschrieben werden – für die Gesellschaft war das ein Pappenstiel. Nein, dann galt es ja immer noch den Hollowayprozeß durchzustehen.
„Wollen Sie, daß ich mit dabei bin, wenn die anderen kommen, Victor?“ fragte Emmert und griff nach einem neuen Sandwich.
„Aber selbstverständlich. Das wird die letzte Gelegenheit sein, gemeinsam über die Sache zu sprechen; nachher müssen wir alles vermeiden, das nach Beeinflussung aussieht.“
„Aber mit Vergnügen, ich helfe doch gern, das- wissen Sie ja, Victor“, sagte Emmert.
Ja, das wußte Grego. Wenn es zum Schlimmsten kam und der Vertrag der Gesellschaft gekündigt wurde, konnte er immer noch hierbleiben und sich irgendwie über Wasser halten und vielleicht sogar aus dem Zusammenbruch der Gesellschaftsbürokratie seinen Nutzen schlagen. Nick dagegen würde erledigt sein. Sein Titel, seine gesellschaftliche Stellung, seine Schmiergelder, seine Privilegien – erledigt.
Die Sprechanlage auf dem Schreibtisch gab einen leisen Summton von sich. Dann teilte eine Frauenstimme mit, daß Mr. Coombes und seine Begleiter eingetroffen seien.
„Okay, führen Sie sie herein.“
Coombes trat als erster ein, eine hochgewachsene, elegante Gestalt mit einem glatten, zufriedenen Gesicht. Den gleichen Gesichtsausdruck würde er inmitten eines Bombardements oder eines Erdbebens zeigen. Grego hatte Coombes als Anwalt gewählt – der Gedanke daran verlieh ihm Auftrieb. Mohammed Ali O’Brien war weder hochgewachsen noch elegant noch ruhig. Seine Haut war beinahe schwarz – er war auf Agni geboren, unter einer heißen B3-Sonne. Sein kahler Schädel glänzte, und eine große Nase stach über einem mächtigen weißen Schnurrbart hervor. Und hinter ihnen drängte sich der Rest der Expedition zum Beta-Kontinent herein – Ernst Mallin, Juan Jimenez und Ruth Ortheris. Mallin sagte gerade: „Wie schade, daß Dr. Kellogg nicht hier ist.“
„Das bezweifle ich. Und bitte setzen Sie sich. Wir haben leider eine ganze Menge zu besprechen.“
Oberrichter Frederic Pendarvis schob den Aschenbecher ein paar Zoll nach rechts und gleich
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