TS 88: Das Ende der Zeitreise
keine völlig dominierende Art. Gewisse zusammenlebende Wesen versprechen jedoch eine entsprechende Entwicklung, wenn ihre Reaktion auf das Schaltwort auch noch nicht auf Intelligenz schließen läßt. Es wird vorgeschlagen, die Intervalle zwischen den Inspektionen auf jeweils eine Million Jahre zu kürzen.“
„Fertig, Huhbarum. Soll ich die Wirkung des Tatvamahsi wieder aufheben?“
„Ja, wir wollen sie nicht unnötig ängstigen. Schalte bitte den Reversiblor ein. Der Intelligenztest ist beendet!“
Sunrider 1
„Das geht von mir aus in Ordnung“, rief Jack ins Mikrophon der Richtfunkanlage. „Schicken Sie mir die Maschine schnellstens herauf!
Die Radiometerschüssel ist beschädigt und, wie Sie wissen, ist die Hülle der Station für ein organisches Wesen tabu.“ Verdrossen schaltete er den Sender ab und zündete sich umständlich eine Zigarette an. Eine verteufelte Situation war das! Allein, als einziger Mensch, auf einer winzigen Station, acht Millionen Kilometer über der Plasmahölle der Sonnenoberfläche. Und an allem waren die Industriekapitäne der letzten beiden Generationen schuld.
Seit fast neunzig Jahren war es auf der Erde kein Geheimnis mehr, daß die natürlichen Energievorräte zu Ende gingen. Seit mehr als vierzig Jahren wäre es möglich gewesen, mit einem großangelegten Forschungsprogramm die Fusionsenergie friedlichen Zwecken zu erschließen. Statt dessen hatte man lieber Wasserstoffbomben gebaut und die Bodenschätze skrupellos ausgebeutet – bis die Katastrophe unmittelbar vor der Tür stand. Da endlich hatte die Industrie der Erde sich zusammengetan und das nötige Geld für die Forschungsarbeiten zur Verfügung gestellt. Doch obwohl seit acht Jahren fieberhaft an der Nutzung der Fusionsenergie gearbeitet wurde, zeichnete sich noch kein durchschlagender Erfolg ab. So wurde denn mit einer Notlösung begonnen. Die Station „Sunrider I“ sollte die magnetohydrodynamischen Vorgänge in der Sonne erforschen und Möglichkeiten erkunden, die Sonne durch „Lichtfallen“ anzuzapfen und die aufgefangene Energie mittels Richtstrahlern zur Erde zu senden.
Die Zeit drängte. Versagte Sunrider I, mußte spätestens nach zehn Jahren die Industrie der Erde infolge Energiemangels zusammenbrechen. Jack Woolery wußte, was das für die Menschheit zu bedeuten hatte. Er gönnte sich keine Ruhe. Aber wie sollte er seinen Zeitplan erfüllen, wenn wichtige Instrumente ausfielen – noch dazu solche wie die Radiometerschüssel, die wegen der Strahlenhölle der nahen Sonne für Menschen nicht zugänglich war?
Deshalb freute sich Jack über die Nachricht der Bodenstation, daß man einen Arbeitsroboter heraufschicken wollte – eine Neukonstruktion, denn die alten Typen waren „hier oben“ nicht zu gebrauchen.
*
„Jawohl, Sir, ich habe verstanden.“ Sigma Fünf stand stramm. „Keine Zwischenlandung möglich, da alle Raumobjekte zurückbeordert wurden.“ Er machte kehrt und durchschritt gleich darauf die Bodenschleuse des kleinen Raumschiffes. Dumpf schlugen die magnetischen Verriegelungen der Schleusentür zusammen.
Die Strahlen der am Horizont versinkenden Sonne hexten rote Lichtkringel auf die polierte Schiffshülle. Die Elemente der Beschriftung schienen frei zu schweben. STARBRIDGE 336-SSC – ein etwas hochtrabender Name für ein Fahrzeug, das keineswegs eine Brücke zwischen den Sternen, sondern nur eine simple Verbindungsrakete war.
Rote Glut waberte aus den Heckdüsen, verwandelte sich in blendendes, blauweißes Licht, das wie gelatiniertes Plasma oder eine feurige Riesenamöbe pulsierend über den Glasfaserbeton des Startplatzes kroch. Ein anschwellender, brummender Ton lag in der Luft. Langsam stieg das eiförmige Fahrzeug empor, schien in wenigen Metern Höhe stillzustehen, und schoß dann blitzschnell in den dämmergrauen Himmel. Sekunden später konnte man nur noch den verblassenden Schlauch ionisierter Moleküle sehen. An- und abschwellend rollte ferner Donner heran, bis auch er versiegte.
Unbeweglich saß Sigma Fünf vor den Kontrollen. Nachdem er die vorgeschriebene Geschwindigkeit erreicht hatte, schaltete er die Automatsteuerung auf den Peilstrahl der Sonnenstation um. Bis zum Anpassungsmanöver konnte er jetzt nichts mehr tun.
Ein Mensch in seiner Situation hätte vermutlich versucht, noch ein wenig zu schlafen. Aber Sigma Fünf war kein Mensch, sondern eine Maschine – eine denkende Maschine. Da sein neuartiges Quantengehirn zudem eigene Initiative
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