TS 90: Die dritte Chance
Und gleichzeitig schrieb er: „Es ist zu umständlich, alles niederzuschreiben. Wir müssen uns an einem Ort treffen, wo wir reden können. Ich arbeite jetzt für Harrison und die Organisation. Bin eingeweiht, auch in ihre Position. Dringend!“
Fellinger antwortete laut:
„Ich bin überzeugt, Herr Kollege, Sie werden auch eines Tages wieder bei uns arbeiten. Uns fehlt Ihr Können und Ihr Wissen. Ich bin nur ein sehr unwürdiger Nachfolger des großen Weißberger. Trotzdem – der Antrieb ist bereit. Das Werk, das Sie begannen, ist vollendet.“ Auf dem Zettel aber stand: „In Ihrem Hotel. Ich werde beauftragt werden, alles aufzunehmen, aber das arrangieren wir dort. Kennen Sie den Verbindungsmann zwischen Harrison und mir?“
Fabian schüttelte den Kopf, und Fellinger zuckte die Achseln.
Es war eine sehr anstrengende Unterhaltung, aber sie würde sich lohnen. General Rogers würde sehr enttäuscht sein, wenn er das Tonband erhielt. Zwei Wissenschaftler, die sich trafen, sprachen für Laien nur selten interessant. Sie spickten ihre Unterhaltung mit Fachausdrücken und stritten sich fast eine halbe Stunde über eine belanglose Kleinigkeit. Dann lud Fabian seinen alten Kollegen ein, den Abend in der Stadt zu verbringen und versprach ihm ein saftiges Steak. Fellinger sagte zu, betonte aber, er müsse den General um Urlaub bitten. Dafür habe er, betonte Fabian, natürlich vollstes Verständnis.
Beim Rückweg zur Kantine besprachen sie das Band neu. Sie gingen langsam genug, um zuerst die Begrüßung wiederholen zu können, ohne Fabians verräterische Äußerung „Ich komme im Auftrag von Harrison“.
Fabian fuhr in die Stadt zurück, suchte vergeblich nach seinen beiden Beschattern und bemühte sich dann, seine neuen zu entdecken. Er war davon überzeugt, daß die Kendalls ihren Geschäftsbesuch in Silver Peak sehr überraschend und überstürzt abgebrochen hatten. Agenten, die man offiziell als solche erkannt hatte, waren wertlos geworden.
Er blieb im Hotelzimmer und untersuchte es eingehend, aber er konnte nicht die Spur einer inzwischen angebrachten Abhörvorrichtung finden. Man verließ sich also voll und ganz auf Fellingers Taschen-Tonbandgerät.
Sie aßen im Speisesaal und zogen sich dann nach oben zurück. Fellinger grinste und zog wieder sein Gerät aus der Tasche, schaltete es ab und ließ das Band zurücklaufen. Dabei sagte er:
„Ich spielte ihnen unsere Aufnahme vor. Sie hätten mal ihre enttäuschten Gesichter sehen sollen. Auch von unserem Gespräch beim Whisky waren sie nicht begeistert. Man scheint Ihnen mehr zugetraut zu haben. Ich hörte, man ist der Ansicht, daß Sie mich dazu überreden wollen, Weißbergers Bomben unschädlich zu machen.“
„Das hält Harrison heute auch für die beste Lösung“, erwiderte Fabian, jetzt völlig sicher, ungestört sprechen zu können. „Und nun hören Sie genau zu, Fellinger, ich will Ihnen erklären, warum ich mit Harrison zusammenarbeite und warum ich von Ihrer Rolle erfuhr. Nicht nur die Existenz von West oder Ost steht auf dem Spiel, sondern die der ganzen Welt.“
Fellinger war der vierte Mensch, der Fabians erstaunliche Geschichte in allen Einzelheiten erfuhr. Er war ebenfalls verblüfft und ungläubig, aber er war Wissenschaftler genug, die vorgelegten Beweise anzuerkennen, die dem nüchternen General Rogers nicht genügt hatten. In mancher Hinsicht dachte er ähnlich wie Fabian und verdammte die atomare Aufrüstung, aber er hatte nie einen Weg gefunden, sie zu verhindern. Seine These, man müsse bis in die Herzen der Menschen vordringen, hatte ihn zu Harrison geführt, der seine Gewissensqualen auszunützen verstand und ihn erpreßte. So war Fellinger Agent geworden, ohne bisher wichtige Informationen geliefert zu haben. Er hatte Harrison nur gehorcht, weil er fürchtete, sonst seine gute und einflußreiche Stellung zu gefährden.
„Also außerirdische Intelligenzen“, murmelte er und starrte gedankenverloren gegen die Wand des Hotelzimmers. „Und wir bauen einen Raumantrieb …! Wie sinnlos das Leben von einer Sekunde zur anderen werden kann.“
„Weißbergers Bomben, Fellinger! Gibt es keine Möglichkeit, an sie heranzukommen?“
„Jetzt, wo alle wissen, daß wir miteinander sprachen? Man vermutet doch, daß Sie mir diesen Vorschlag machen. Nein, es ist ausgeschlossen. Ich sehe auch keine Möglichkeit. Wenn General Rogers Ihnen die Geschichte nicht abnimmt, bleibt nur noch die Schocktherapie. Wir müssen versuchen, die
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