Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 91: Bis in die Unendlichkeit

TS 91: Bis in die Unendlichkeit

Titel: TS 91: Bis in die Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. E. van Vogt
Vom Netzwerk:
in tiefem Schlaf. Sie hatte dunkelbraunes Haar, einen schneeigweißen Hals, und ihr Gesicht sah selbst im entspannten Schlummer edel und intelligent ans. Sie schien an die dreißig Jahre alt zu sein.
    Drakes Betrachtung ging nicht weiter. Wie ein nächtlicher Einbrecher glitt er unter der Bettdecke hervor. Er erreichte den Fußboden und kauerte sich dort nieder. Fast schreckerfüllt hielt er die Luft an, als das stete Atmen vom Bett her verstummte. Der Seufzer einer Frau war zu hören, und dann:
    „Liebling“, sagte eine weiche Altstimme, „was auf Erden machst du am Fußboden?“
    Der von Locken umrahmte Kopf schob sich über die Bettkante. Graue Augen blitzten Drake an. Die junge Frau schien ihre erste Frage vergessen zu haben, denn sie sagte nun:
    „Liebling, bist du heute zur Erde eingeteilt?“
    Das traf ihn. Die Frage selbst war so unsinnig, daß seine eigene persönliche Haltung den Dingen gegenüber zweitrangig erschien. Abgesehen davon begann er langsam, aber vage zu verstehen.
    Dies war eine jener Wahrscheinlichkeitswelten, von denen er in den Journalen des Besitzers Kingston Craig gelesen hatte. Was hier geschah, war etwas, das Ralph Carson Drake passieren konnte. Und irgendwo hinter der Weltenbühne machte es jemand wirklich. Warum? – Einfach deshalb, weil er, Drake, nach seinem Gedächtnis gesucht hatte …?
    Drake stand auf. Er schwitzte. Sein Herz pochte wie ein Preßlüfthammer. Seine Knie zitterten. Aber er stand auf und sagte:
    „Ja, ich gehe zur Erde.“
    Es gab ihm ein Ziel, überlegte er grimmig, einen Grund, der es ihm gestattete, so schnell wie möglich diesen Ort zu verlassen. Er schritt gerade zum Stuhl, auf dem seine Kleider lagen, als ein zweiter und größerer Schock, hervorgerufen durch die Wucht seiner eigenen Worte, sein zerrütteltes Ich traf:
    Zur Erde!
    Er fühlte, wie sein Verstand unter dem Gewicht einer Tatsache schwankte, die selbst noch die Wirklichkeit seiner Existenz überstieg. Zur Erde – von wo? Die Antwort sickerte schließlich in sein Bewußtsein:
    Vom Palast der Unsterblichkeit natürlich, dem Palast in den Wolken, wo die „Besitzer“ lebten.
    Er gelangte ins Badezimmer. Die Nacht zuvor hatte er im darin herrschenden Dämmerlicht ein durchsichtiges Gefäß entdeckt, mit der Aufschrift: BARTENTFERNER – AUFTRAGEN, DANN ABWASCHEN!
    Er brauchte eine halbe Minute, für den Rest fünf Minuten länger. Fertig angezogen trat er aus dem Badezimmer.
    „Liebling …“
    „Ja?“
    Kalt und steif wandte Drake sich um. Erleichtert sah er, daß sie ihn nicht anblickte. Dafür hatte sie eine der wunderlichen Füllfedern in der Hand und starrte mit gerunzelter Stirn auf einige Zahlen in einem aufgeschlagenen Buch. Ohne aufzusehen, sagte sie:
    „Unsere Zeitrelation zueinander wird immer schlechter. Du wirst dich länger im Palast aufhalten müssen, um dein Alter zu vermindern, während ich auf der Erde einige Jahre zu dem meinen füge. Du triffst doch die nötigen Maßnahmen, Liebling?“
    „Ja“, sagte Drake, „ja, natürlich!“
    Er ging in die kleine Vorhalle, dann ins Wohnzimmer und schließlich in den Korridor. Dort lehnte er sich gegen die kühle, glatte Marmorwand und dachte hoffnungslos:
    ,Das Alter vermindern …! Das also macht dieses unglaubliche Gebäude! Jeden Tag wird man hier um vierundzwanzig Stunden jünger, und so muß man zur Erde, um ein „Gleichgewicht“ herzustellen.’
    Der Schock nahm zu. Denn die Bedeutung dessen, was im Wohnwagen passierte, war so groß, daß eine übermenschliche Organisation alles daransetzte, um ihm die wahren Geschehnisse vorzuenthalten. Irgendwie mußte er aber heute noch herausfinden, was es mit der ganzen Angelegenheit auf sich hatte, mußte jedes Stockwerk durchsuchen und nach einer Art Zentralbüro Ausschau halten.
    Langsam entspannte er sich, tauchte aus seiner tiefen geistigen Konzentration, als er sich zum erstenmal anderer Geräusche bewußt wurde. Es waren dies menschliche Stimmen und Bewegungen unter ihm.
    Noch als er zum Geländer des Laufstegs sprang, wunderte er sich, daß er nicht schon früher die Sachlage erkannt hatte. Die Frau hatte ihm zu verstehen gegeben, daß hier eine Welt für sich bis ins kleinste Detail bestünde. Aber es erschreckte ihn dennoch. Verwirrt starrte er hinab auf den großen Hauptkorridor des Gebäudes, dessen stille, verlassene Weiten er noch gestern so viele Stunden lang durchmessen hatte.
    Jetzt bevölkerte ihn ein steter Strom von Männern und Frauen. Er glich einer Straße in

Weitere Kostenlose Bücher