TS 91: Bis in die Unendlichkeit
der Großstadt, mit einem Auf- und Abgewogen von Leuten, alle in Eile, alle mit sich selbst beschäftigt.
„Hallo, Drake!“ erklang die Stimme eines jungen Mannes hinter ihm.
Drake drehte sich langsam um. Der Fremde, der ihn betrachtete, war groß und gut gebaut. Er hatte dunkles Haar und ein kantiges Gesicht. Seine Kleidung bestand aus einer lockeren, welligen Kombination, die um die Taille herum wie angegossen saß. Die Beinpartie war aufgebläht wie eine Reithose. Er lächelte freundlich. Schließlich sagte er:
„Sie wüßten gerne, was hier los ist? Keine Sorge, Sie werden es bald erfahren. Zuerst aber probieren Sie diesen Handschuh und kommen mit. Ich heiße übrigens Price.“
Drake starrte auf den Handschuh. „Was …?“ begann er verständnislos. Er brach jäh ab. In seinem Geist formte sich die Gewißheit, daß er die Entwicklung der Dinge nicht mehr verfolgen konnte. Es war keineswegs ein Zufall, daß dieser Mann beim Tor auf ihn gewartet hatte. Drake straffte sich. Das Überwältigende, Wichtige daran war, daß sie zu guter Letzt die Katze aus dem Sack ließen. Was aber sollte er mit diesem Handschuh anfangen?
Stirnrunzelnd nahm er ihn entgegen. Er war für seine Rechte und paßte ausgezeichnet. Er war leicht, biegsam, aber schien unnatürlich dick. Die Oberfläche besaß einen schwachen metallischen Schimmer.
„Packen Sie damit seine rechte Schulter, von hinten“, sagte Price. „Drücken Sie mit den Fingerspitzen unter das Schlüsselbein, drücken Sie stark. Ich zeige Ihnen nachher, wie es gemacht wird. Jetzt aber schütten Sie mir Ihr Herz aus. Welche Fragen beschäftigen Sie?“
Noch ehe Drake sprechen konnte, fuhr Price fort: „Ich erkläre Ihnen alles, während wir gehen. Achten Sie auf diese Stufen da.“
Drake schluckte schwer und sagte:
„Was soll dieser Unsinn, jemand bei der Schulter zu packen? Wieso, ich …“
Hoffnungslos brach er ab. So sollte seine erste Frage nicht lauten. Er benahm sich wie ein Blinder, dem man bruchstückweise eine Welt umriß, die er nicht sehen konnte. Es gab keinen Anfang, auch keinen Zusammenhang, nichts als diese unklaren, halben Tatsachen. Er mußte sich auf grundlegende Fragen beschränken. Irgend etwas war im Wohnwagen geschehen, und seitdem war eins aufs andere gefolgt wie Tag auf Nacht. Das mußte er sich vor Augen halten, dann konnte nichts schiefgehen.
„Verdammt!“ stieß Drake hervor. „Verdammt, Price, ich will wissen, was hier gespielt wird.“
„Regen Sie sich nicht auf. Alles mit der Ruhe.“
Sie waren jetzt am Fuß der Treppe angelangt und richteten ihre Schritte durch den Seitengang zur großen Haupthalle. Price drehte sich halb um beim Sprechen:
„Ich weiß genau, wie Sie sich fühlen, Drake. Aber Sie müssen einsehen, daß Ihr Verstand nicht in einem Ansturm von Informationen überrumpelt werden darf. Gestern fanden sie diesen Platz verlassen vor. Nun, genaugenommen, war das nicht gestern.“
Er zuckte die Achseln. „Verstehen Sie mich richtig – das war heute, in der Welt, die alternativ zu dieser hier ist. So und nicht anders wird dieses Gebäude immer sein, wenn Sie nicht tun, was wir verlangen. Das mußte Ihnen einmal gezeigt werden. Und jetzt bitten Sie mich um Himmels willen nicht, Ihnen die wissenschaftlichen und theoretischen Aspekte der Zeitprobabilität zu erklären.“
„Schauen Sie“, meinte Drake verzweifelt, „vergessen wir einmal alles andere und konzentrieren wir uns auf eine Tatsache. Sie wollen, daß ich etwas mit diesem Handschuh mache. Was? Wo? Wann? Warum? Ich versichere Ihnen, vernünftig zu bleiben. Ich …“
Seine Stimme erstarb. Er sah plötzlich, daß Price und er im Hauptkorridor angelangt waren und geradewegs auf das große Tor zuhielten, das zu den Stufen und der grauenvollen Leere dahinter führte. Er hatte ein beklemmendes Gefühl. Scharf fragte er:
„Wohin gehen Sie?“
„Ich bringe Sie zur Erde.“
„Durch dieses Tor?“
Drake erstarrte. Er wußte sein Gefühl nicht genau zu deuten, aber seine Stimme klang scharf und gespannt.
Er sah, daß Price ebenfalls im Schritt verhalten hatte. Der Mann blickte ihn ruhig an. Dann sagte er ernst:
„In Wirklichkeit ist gar nichts seltsam daran. Der Palast der Unsterblichkeit wurde in einer Zeitlücke errichtet, der einzigen Rück- oder auch Unsterblichkeitsdrift im irdischen Zeitstrom. Erst er hat die Arbeit der Besitzer ermöglicht, eine gute Arbeit, wie Sie bereits den Berichten von Besitzer Kingston Craig entnehmen konnten
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