TS 91: Bis in die Unendlichkeit
Notwendigkeit zur Eile, langsam vor sich. In unangenehmer Erwartung zitternd, zwängten sich dünne Wurzelspitzen in entlegene Erzlager und zogen durch einen komplizierten osmotischen Vorgang Körner reiner Substanz aus den unreinen Naturvorkommen. Diese Körner waren fast so mikroskopisch klein wie die Wurzelfasern, die zuvor die Stahlwände des Schiffes durchdrungen hatten, klein genug, um, im Saft eingebettet, ein Labyrinth von größeren Wurzeln entlanggespült zu werden.
Bald waren es Tausende Körner, bald schon Millionen, die sich entlang der Kanäle bewegten. Und obwohl mikroskopisch klein, glitzerte der Boden, mit ihnen gesättigt, bald im Schein des ersterbenden Feuers.
Als die Sonne jener Welt am Horizont aufstieg, zeigte sich der silberne Glanz auf einer Fläche bis zu hundert Metern um das Schiff.
Es war kurz nach Mittag, als die Maschine gewahr wurde, was vor sich ging. Luken öffneten sich, und aus ihnen strömten Objekte. Sie berührten den Boden und begannen, den silbrigglänzenden Stoff mit düsenförmigen Dingen abzuschöpfen. Sie arbeiteten mit großer Vorsicht; aber eine Stunde vor Einbruch der Dunkelheit hatten sie mehr als zwölf Tonnen des dünn ausgebreiteten Uran 235 eingeheimst.
Als die Nacht anbrach, verschwanden alle zweibeinigen Objekte im Fahrzeug. Die Luken schlossen sich. Die lange, torpedoähnliche Form schwang sich mühelos empor und schoß dann höher hinein in den Himmel, wo die Sonne noch immer schien.
Die erste Ankündigung des Geschehens erhielt der Wald, als die Wurzeln tief unter dem Schiff ein plötzliches Nachlassen des Druckes meldeten. Erst nach einigen Stunden kam der Wald zur Überzeugung, daß der Feind tatsächlich vertrieben worden war. Und es vergingen einige weitere Stunden, bis er erkannte, daß der verbliebene Uranstaub entfernt werden mußte. Seine Strahlen hatten eine allzu große Reichweite.
Der Unfall, der nun eintrat, geschah aus einem sehr einfachen Grund. Der Wald hatte die radioaktive Substanz den Felsen entnommen. Um sie loszuwerden, transportierte er sie einfach in die nächsten Felsschichten, besonders in jene, die die Radioaktivität absorbierten. Nichts schien für den Wald offensichtlicher als das.
Eine Stunde nachdem er begonnen hatte, seinen Plan auszuführen, stieß ein Explosionspilz in die oberen Schichten der Atmosphäre empor.
Diese Detonation selbst war gewaltig; sie ging weit über das Begriffsvermögen des Waldes hinaus. Er hörte weder noch sah er die Gestalt des plötzlichen Todes. Was er wahrnahm, war genug. Ein Wirbelsturm fällte Bäume quadratkilometerweit. Die Hitze und die Strahlungswelle entfachten Brände, die zu ihrer Eindämmung Stunden benötigten.
Langsam schwand die Furcht, als er sich erinnerte, daß auch dies schon einmal geschehen war. Doch weit deutlicher als die Erinnerung tauchte die Vision der Möglichkeiten auf, die sich anboten – die Größe der günstigen Gelegenheit.
Kurz nach dem Morgengrauen am folgenden Tage, setzte er zur ersten Attacke an. Sein Opfer war der Wald, der zuerst in sein Gebiet eingedrungen war.
Entlang der gesamten Front, die die beiden Giganten trennte, brachen kleine atomare Explosionen aus. Die massive Barriere von Bäumen, der äußere Verteidigungsring des anderen Waldes, brach unter den Detonationen einer unwiderstehlichen Energie zusammen.
Der Feind, der darauf normal reagierte, setzte seine Saftreserven ein. Als er voll damit beschäftigt war, einen neuen Verteidigungswall zu errichten, detonierten erneut die Bomben. Die daraus resultierenden Explosionen vernichteten den Großteil seiner Saftreserven. Und da er nun nicht mehr verstand, was vorging, war er von diesem Augenblick an verloren.
Ins Niemandsland, dort wo die Bomben explodierten, warf der angreifende Wald einen endlosen Nachschub an Wurzeln. Überall dort, wo sich Widerstand bemerkbar machte, detonierte eine Atombombe. Kurz nach Mittag des folgenden Tages vernichtete eine gigantische Explosion die sensitiven, zentral gelegenen Baumregionen – die Schlacht war zu Ende.
Monate benötigte der Wald, um in das Territorium des besiegten Feindes hineinzuwachsen, die sterbenden Wurzeln des anderen auszupressen, Bäume beiseite zu drücken, die nun widerstandslos waren, und das Gebiet selbst in seinen vollen und unangefochtenen Besitz zu bringen.
In dem Augenblick, als das Ziel erreicht war, warf er sich mit ungezügelter Wildheit auf den Wald an seiner anderen Flanke. Wieder einmal griff er mit atomarem Donner an und
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