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TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde

TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde

Titel: TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fredric Brown
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ließen ihn allein zurück, allein mit seinen wild kreisenden Gedanken, die er entwirren mußte.
    Sie entwirren? Drei Jahre lang hatte er sich darum bemüht, aber es war ihm nicht gelungen, die Rätsel zu lösen:
    Die erstaunliche Tatsache, daß sie Englisch gesprochen hatten und er imstande gewesen war, diese barbarische Zunge einwandfrei zu verstehen, trotz seiner diesbezüglich geringen Kenntnisse von früher … Wie konnte nur ein Unfall bewirkt haben, daß er plötzlich diese fremde Sprache perfekt beherrschte?
    Dann die erstaunliche Tatsache, daß sie ihn mit einem anderen Namen bedacht hatten; einmal war er „George“ genannt worden, von dem Mann an seinem Bett, und später „Mr. Vine“ von der Krankenschwester. George Vine, ein englischer Name, ganz entschieden.
    Aber da war noch etwas – etwas, was ihn weit mehr in Erstaunen versetzte als eine dieser beiden Tatsachen: das, was der Fremde (konnte es der „Vetter“ sein, auf den der Arzt zu sprechen gekommen war?) gestern abend über den Unfall gesagt hatte: „… ein ganz schöner Zusammenstoß, den du da gebaut hast. Dein kleines Coupé, und mitten in einen Fernlaster!“
    Das Verblüffende, das Unvereinbare daran war, daß er wußte, worum es sich bei einem Coupé und einem Fernlaster handelte. Nicht etwa, daß er sich erinnern konnte, je eins von diesen beiden Fahrzeugen gelenkt zu haben … Er hatte keinerlei Ahnung von dem Unfall oder von irgendeinem Geschehnis, das mit seinem anderen Leben zusammenhing! Wohl entsann er sich, im Zelt gesessen zu haben nachdem Lodi … Aber – aber wie konnte das Bild eines Coupés, getrieben von einem Benzinmotor, in seinem Geist erscheinen, wenn nie zuvor ein solcher Begriff darin verankert gewesen war?
    Welch irrsinnige Vermengung zweier Welten? Eine davon scharf, klar und umrissen – die Welt, in der er die siebenundzwanzig Jahre seines Lebens verbracht hatte, die Welt, in der er vor siebenundzwanzig Jahren geboren wurde: am 15. August 1769, in Korsika. Dort, in jener Welt, hatte er sich zur Ruhe gelegt – ihm war es wie vorige Nacht –, in seinem Zelt bei Lodi, als General der Italienischen Armee, nach seinem ersten bedeutsamen Sieg.
    Und dann gab es diese erschreckende Welt, in der er aufgewacht war, diese weiße Welt, in der man ein Englisch sprach – ein Englisch, das stark von jenem abwich, das er in Brienne gehört hatte, in Valence und Toulon; ein Englisch, das er aber wunderbar verstand und von dem er instinktiv wußte, daß er es – hinderte ihn nicht der Gips daran – einwandfrei sprechen könnte. – Diese Welt, in der er George Vine genannt wurde und in der man, seltsamer noch, Wörter gebrauchte, die er nicht kannte, deren Bedeutung er nicht kennen konnte, und die sich trotzdem in seinem Geist zu klar umrissenen Bildern fügten.
    Coupé, Fernlaster …
    Sie waren beide Formen von – das Wort fiel ihm ganz spontan ein – Kraftfahrzeugen. Er konzentrierte sich auf die Bedeutung und Funktionsweise eines Kraftfahrzeugs, und schon hielt er die Antwort in der Hand: Zylinderblock, Kolben, bewegt durch Explosionen eines Benzingemischs, verursacht durch Funken aus einer Lichtmaschine, die drehende Kraft in Elektrizität umwandelt.
    Elektrizität.
    Er öffnete die Augen und blickte empor auf das gedämpfte Licht an der Zimmerdecke, und irgendwie wußte er, daß es sich dabei um ein elektrisches Licht handelte, und er verstand auch in groben Zügen, was Elektrizität war.
    Der Italiener Galvani – ja, er hatte von einigen Experimenten Galvanis gelesen, doch war deren praktische Anwendung nie solch einem Licht auch nur nahegekommen.
    Und während er auf das gedämpfte Licht am Plafond starrte, stellte er sich im Geiste vor, wie dahinter von Wasserkraft gespeiste Dynamos arbeiteten, sich kilometerlange Kabel erstreckten, generatorbetriebene Motoren summten. Der Gedanke, der seinem eigenen Geist entsprang – oder zumindest einem Teil von diesem –, verschlug ihm den Atem.
    Die zaghaften Experimente Galvanis, mit ihren schwachen Kraftströmen und zuckenden Froschbeinen, hatten kaum das jeden Mysteriums entbehrende Geheimnis ahnen lassen, das sich in diesem Licht an der Zimmerdecke offenbarte. Und das war das Eigenartigste von allem: ein Teil seines Verstandes fand es mysteriös und ein anderer Teil nahm es für selbstverständlich hin und erkannte in groben Zügen, wie dies alles funktionierte.
    Einen Augenblick, dachte er. Das elektrische Licht wurde von Thomas Alva Edison erfunden, so um die …

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