TS 94: Sehnsucht nach der grünen Erde
Ich hielt sie längst für abgeschlossen.
Hören Sie – als mich Dr. Randolph fragte, welcher von unseren Reportern am ehesten in der Lage wäre, diesen Fall zu übernehmen, nannte ich Sie; ich erzählte ihm von Ihrer Vergangenheit, Auch er erinnerte sich, Ihnen zufällig einmal begegnet zu sein. Was er aber nicht gewußt hatte, war, daß Sie unter Amnesie litten.“
„Haben Sie mich deshalb vorgeschlagen?“
„Lassen wir das. Ich möchte Ihnen zuerst meinen Standpunkt klarlegen. Randolph sagte, er würde gern – solange Sie sich bei ihm aufhielten – eine von den ganz neuen, milderen Art der Schockbehandlung an Ihnen ausprobieren, wobei er zum Ausdruck brachte, daß Sie dadurch vielleicht die Erinnerung zurückgewinnen könnten. Er sagte, es wäre auf jeden Fall einen Versuch wert.“
„Er sagte nicht, daß dieser Versuch gelingen würde.“
„Aber er hielt es für durchaus möglich.“
Vine drückte seine Zigarette aus, obwohl er nur drei Züge gemacht hatte. Sein wilder Blick traf Chandler. Er brauchte gar nicht erst aussprechen, was er dachte; der Chefredakteur sah es in seinem Gesicht.
Chandler sagte: „Beruhigen Sie sich, mein Junge. Denken Sie daran – nicht ich habe damit angefangen, sondern Sie; indem Sie sich des langen und breiten darüber ausließen, wie sehr Ihnen diese Gedächtnismauer auf die Nerven ginge. Ich hatte keineswegs die Absicht, Kapital daraus zu schlagen. Im Gegenteil, ich erwähnte es nur aus Fairneß Ihnen gegenüber – weil Sie so verbittert waren.“
„Fairneß!“
Chandler zuckte die Achseln. „Sie sagten nein. Ich akzeptierte das. Dann aber fingen Sie an, Ihrer Wut Luft zu machen, wobei Sie in mir das Ventil dazu fanden. Ich sah mich gezwungen, etwas zu erwähnen, woran ich im Augenblick gar nicht gedacht habe. Nun, Schwamm drüber. Was macht diese Schiebungsaffäre? Irgendwelche neuen Anhaltspunkte?“
„Werden Sie einen anderen mit der Story betrauen?“
„Nein, Sie sind als einziger dafür geeignet.“
„Worum geht es überhaupt? Die Sache muß ja ganz schön absurd sein, wenn Sie deshalb an Randolphs Verstand zu zweifeln beginnen. Glaubt er womöglich, Patienten und Ärzte sollten die Plätze tauschen, oder was?“ Er lachte. „Natürlich, ich weiß, Sie können mir das nicht sagen. Ein wirklich feiner Köder, den Sie sich da ausgedacht haben! Neugierde – und die Hoffnung, endlich diese Mauer niederreißen zu können. Wenn ich ja sage statt nein, wie lange würde ich mich dort aufhalten müssen, und unter welchen Bedingungen? Hätte ich eine Chance, wieder herauszukommen? Und wie käme ich hinein?“
Langsam sagte Chandler: „Vine, ich bin mir gar nicht mehr so sicher, ob ich Sie darum bitten soll. Am besten lassen wir die ganze Sache fallen.“
„Nein. Zumindest nicht eher, als bis Sie meine Fragen beantwortet haben.“
„Na schön. Sie können anonym hinein – damit man Ihnen nichts würde anhängen können, wenn die Story platzen sollte. Im anderen Fall wäre es Ihnen überlassen, mit der Wahrheit auszupacken – einschließlich der Tatsache, daß sich Dr. Randolph bereit erklärte, Sie hinein- und auch wieder hinauszuschaffen. Dann wäre nämlich die Katze aus dem Sack …
In einigen Tagen könnten Sie alles Nötige erfahren haben; wie dem auch sei, Sie würden auf keinen Fall länger als ein paar Wochen drinnen bleiben.“
„Wie viele Personen im Irrenhaus, außer Dr. Randolph, würden um meine wahre Identität und Absicht Bescheid wissen?“
„Keine.“ Chandler beugte sich vor und hielt vier Finger seiner linken Hand hoch. „Vier Leute würden insgesamt eingeweiht sein. Sie …“ Er wies auf den ersten Finger. „Ich.“ Auf den zweiten. „Dr. Randolph.“ Den dritten. „Und ein anderer Reporter.“
„Nicht, daß ich etwas dagegen einzuwenden hätte – aber warum noch ein anderer Reporter?“
„Sehr einfach: er soll als Mittelsmann fungieren. In zweierlei Hinsicht. Er wird mit Ihnen zu einem Psychiater gehen. Dr. Randolph sagte, er würde einen empfehlen, den Sie verhältnismäßig leicht täuschen könnten. Dann wird er sich als Ihr Bruder ausgeben und verlangen, daß man Ihren Geisteszustand untersucht. Sie werden den Psychiater von Ihrer Verrücktheit überzeugen, und er wird es bestätigen. Da das Urteil zweier Ärzte nötig ist, um Sie einzuliefern, wird Dr. Randolph ebenfalls sein Gutachten abgeben. Ihr sogenannter Bruder wird ihn vorschlagen.“
„Und das alles unter einem falschen Namen?“
„Wenn Sie wollen,
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