TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt
bedeutenden Gäste, ein Holzschnitt der Braut usw.“
„Hm. Das wäre nicht schlecht.“
„Nun, dann solltet Ihr mich aber nicht festhalten, sonst kann ich die Zeitung nicht herausbringen. Es wäre jammerschade, wenn ein solches Ereignis nicht in die Presse käme, weil der Herausgeber der Zeitung zu der Zeit im Gefängnis sitzt.“
Honorius lächelte.
„Für einen Barbaren bist du nicht so dumm, wie man glauben möchte. Ich werde dich freilassen.“
*
Als Padway das Gefängnis hinter sich zurückgelassen hatte, blieb er stehen und atmete tief aus. Dann fluchte er hingebungsvoll. Es war gut, daß keiner der Beamten seine Angst bemerkt hatte.
Sobald er in seiner „Redaktion“ alles in Ordnung gebracht hatte, führte er eine lange Unterredung mit Tomasus. Kurz darauf bewegte sich eine Prozession von. fünf Sänften mit Honorius und vier anderen Senatoren auf sein Haus zu. Die Senatoren schienen nicht nur bereit, sondern geradezu begierig, ihr Geld auf den Tisch zu legen, insbesondere, nachdem sie die herrlichen Aktienzertifikate gesehen hatten, die Padway hatte drucken lassen. Allerdings schienen sie nicht die gleiche Ansicht wie Padway über das geplante Unternehmen zu haben.
Einer von ihnen stieß ihn in die Seite und grinste:
„Mein lieber Martinus, du wirst doch nicht wirklich diese lächerlichen Signaltürme aufstellen lassen?“
„Nun“, meinte Padway vorsichtig, „das hatte ich eigentlich vor.“
Der Senator blinzelte. „Oh, ich verstehe schon, daß du ein paar aufstellen mußt, um die Dummen hereinzulegen und damit wir unsere Aktien mit Gewinn verkaufen können. Aber wir wissen, daß das alles nur Spiegelfechterei ist, nicht wahr? Mit deinen Signalen verdienst du doch in tausend Jahren noch kein Geld.“
Padway verzichtete darauf, mit dem Mann zu streiten, sowie er auch verzichtete, ihnen zu erklären, weshalb er Wert darauf gelegt hatte, daß Tomasus, der Syrier, Ebenezer, der Jude, und Vardan, der Armenier, je achtzehn Prozent des Aktienkapitals übernommen hätten. Die Senatoren könnten sich sonst dafür interessieren, daß diese drei Bankiers sich schon vorher einverstanden erklärt hatten, mit ihren Aktien so zu verfahren, wie Padway sie anwies. Damit verfügte er über vierundfünfzig Prozent des Kapitals und hatte die unumschränkte Bestimmungsgewalt über die neue Gesellschaft.
Padway war dazu entschlossen, seine Telegraphengesellschaft zum Erfolg zu führen, beginnend mit einer Reihe von Türmen, die von Neapel über Rom nach Ravenna führte, was natürlich auch seinem Zeitungsgeschäft zustatten kommen würde. Und da sah er sich auch schon der ersten elementaren Schwierigkeit gegenüber: Wenn er seine Kosten niedrig halten wollte, um möglichst bald Profit aus der Gesellschaft zu ziehen, brauchte er Teleskope, um die Türme möglichst weit auseinander bauen zu können. Teleskope erforderten aber Linsen. Wo in der Welt gab es Linsen oder Leute, die welche anfertigen konnten? Natürlich, es ging ein Gerücht um über Neros Smaragdlorgnette … Padway suchte Sextus Dentatus, den Goldschmied auf, der damals sein modernes Geld in Sesterzen umgewechselt hatte. Dentatus verwies ihn an Florianus, den Glaser.
Zwei Tage darauf war Padway davon überzeugt, daß dies nicht der richtige Weg war. Das, was einer Glasindustrie am nächsten kam, befand sich in Puteoli, in der Nähe von Neapel. Und es würde eine Ewigkeit dauern, die Sache auf brieflichem Wege ins Rollen zu bringen.
Padway ließ Georg Menandrus holen und engagierte ihn als Chefredakteur seines Blattes. Ein paar Tage lang redete er, bis er heiser und Menandrus beinahe taub war und versuchte, ihm die Grundzüge der Redaktionsarbeit beizubringen. Dann verließ er besorgt Rom und reiste zusammen mit Fritharik nach Neapel.
Dort angekommen, suchten die beiden Männer den von Dentatus bezeichneten Platz, wo eine der größten Glasfabriken stand.
Padway erkundigte sich bei dem Posten nach Andronicus, dem Inhaber. Andronicus war ein kleiner, kräftiger Mann, der über und über mit Schmutz bedeckt war. Als Padway sich zu erkennen gab, rief Andronicus:
„Nur herein, meine Herren! Ich habe genau das, was ihr braucht.“
Sie folgten ihm und betraten ein Vestibül, das zugleich das Büro darstellte und nur aus Regalen zu bestehen schien. Und diese Regale waren vollgestopft mit Glasgegenständen. Andronicus zog eine Vase heraus.
„Seht! Solche Klarheit! Weißeres Glas bekommt ihr nicht einmal in Alexandria! Nur zwei
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