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TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Sprague de Camp
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schlimm sind. Dieser König, den wir haben – er taugt nur dazu, seinen Nachbarn um Land zu beschwindeln und lateinische Gedichte zu schreiben und in Büchereien herumzuschnüffeln. Besser wäre es, wir hätten einen Analphabeten wie Theoderich. In den nächsten Monaten ist es für unseren Führer bestimmt wichtiger, daß er mit einem Schwert umgehen kann als amo, amas, amat sagen zu können.“

 
5.
     
    Padway kehrte in bester Stimmung nach Rom zurück. Nevitta war, abgesehen von Tomasus, dem Syrier, der erste Mensch, der ihn in sein Haus eingeladen hatte. Und Padway war trotz seiner etwas kühlen Art ein geselliger Mensch. Er war in der Tat so gut gestimmt, daß er abstieg und Herman die Zügel des geborgten Pferdes reichte, ohne die drei vierschrötigen Gestalten zu bemerken, die vor seinem Hause herumlungerten.
    Als er auf das Tor zuging, vertrat ihm der Größte der drei, ein schwarzbärtiger Hüne, den Weg. Der Mann hielt ein Blatt in der Hand und las laut vor:
    „Mittelgroß, braunes Haar, braune Augen, große Nase, kurzer Bart. Spricht mit fremdländischem Akzent.“
    Dann blickte er auf. „Bist du Martinus Paduei?“
    „Sic. Quis est?“
    „Du stehst unter Arrest. Kommst du gutwillig mit?“
    „ Was ?Wer … wozu?“
    „Befehl des Stadtpräfekten. Zauberei.“
    „Aber … aber … he, du kannst doch nicht …“
    „Ich sagte gutwillig .“
    Die beiden anderen Männer hatten sich zu beiden Seiten an Padway herangeschoben, und jetzt ergriff jeder von ihnen einen Arm und drängte Padway die Straße hinunter. Als dieser sich widersetzte, hielt einer der Männer plötzlich einen kurzen Knüppel in der Hand. Padway sah sich verstört um. Herman war bereits außer Sichtweite. Fritharik war auch nicht zu sehen. Zweifellos schlief er, wie üblich. Padway füllte die Lungen, um zu schreien, und in diesem Augenblick verstärkte sich der Griff des Mannes links von ihm, und er hob drohend seinen Knüppel. Padway schrie nicht.
    Sie führten ihn zu dem alten Gefängnis unter dem Capitol. Padway war immer noch ganz benommen, als der Schreiber seinen Namen, sein Alter und seine Adresse verlangte. Alles, woran er sich erinnern konnte, war, daß er einmal gehört hatte, daß man in solcher Lage das Recht hatte, seinen Anwalt anzurufen, ehe sie einen einsperrten. Und dieses Wissen schien ihm unter den augenblicklichen Umständen nicht besonders nützlich.
    Ein kleiner drahtiger Italer, der auf einer Bank gesessen hatte, stand auf.
    „Was ist das, ein Zaubereifall, der einen Ausländer betrifft? Scheint mir wie ein nationaler Fall.“
    „O nein, das ist es nicht“, widersprach der Schreiber. „Ihr nationalen Beamten habt in Rom nur in gemischten, römisch-gotischen Fällen etwas zu sagen. Dieser Mann ist kein Gote. Er bezeichnet sich als Amerikaner – ich weiß auch nicht, was das ist.“
    „Doch! Lies deine Bestimmungen. Das Büro des Prätorianer-Präfekten übt in allen Kapitalfällen, die mit Fremden zu tun haben, die oberste Gerichtsbarkeit aus. Wenn du eine Zaubereianklage hast, übergibst du sie und den Gefangenen an uns. Komm jetzt.“
    Der kleine Mann trat auf Padway zu. Padway gefiel der Begriff „Kapitalfall“ gar nicht.
    „Sei kein Narr“, warnte der Schreiber. „Glaubst du, du kannst ihn bis nach Ravenna zum Verhör bringen?“
    Eine Tür öffnete sich, und ein dicker, schläfrig aussehender Mann trat ein.
    „Was soll der Lärm?“ fragte er.
    Der Schreiber und der Bezirkspolizist nahmen Haltung, an und ließen Padway los. Im gleichen Augenblick fing der Staatspolizist an, ihn zur Tür zu zerren, worauf die Lokalpolizisten Padway wieder packten.
    „Was bildest du dir eigentlich ein?“ herrschte der Dicke den Staatspolizisten an. „Ihr könnt doch nicht einfach hier hereinkommen und uns unsere Gefangenen wegnehmen. Kommt gar nicht in Frage …“
    Eine zweite Tür öffnete sich, und ein Mann von offenbar großer Bedeutung trat ein. Das schloß Padway aus der Art und Weise, wie die Anwesenden im Raum sich verneigten. Es handelte sich um den Stadtgouverneur, Graf Honorius. Er trug eine Tunika mit den zwei purpurnen Streifen eines römischen Senators und bewegte sich gemessenen Schrittes.
    „Was soll der Lärm hier?“ fragte er scharf. „Schnell, ich habe es eilig.“
    Alles redete durcheinander. Der Schreiber zerrte ein paar Gesetzesbücher hervor, und dann steckte alles die Köpfe zusammen und redete leise aufeinander ein, wobei jeder auf ihm wichtig scheinende Stellen in den Büchern

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