TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt
Wochen unmöglich eine Audienz bei unserem König verschaffen.“
Drei Wochen! In dieser Zeit würde die Hälfte von Padways Maschinen zusammengebrochen sein, und keiner seiner Leute würde imstande sein, sie zu reparieren. Menandrus, der in Gelddingen recht großzügig war, besonders, wenn es sich um das Geld anderer handelte, würde die Zeitung in den Bankrott getrieben haben. Daran dachte Padway, streckte seine schmerzenden Beine und wollte gehen.
Der Italer wurde in diesem Augenblick zugänglicher.
„Aber“, rief er ehrlich überrascht, „hast du denn kein Geld mitgebracht?“
Natürlich, dachte Padway. Er hätte wissen müssen, daß der Mann nicht im Ernst gesprochen hatte.
„Was forderst du?“
Der Hofmarschall zählte an den Fingern ab.
„Nun, für zwanzig Solidi könntest du morgen eine Audienz bekommen. Für übermorgen ist mein Satz zehn Solidi, aber das ist Sonntag, folglich biete ich Audienzen am Montag um siebeneinhalb Solidi an. Für eine Woche im voraus zwei Solidi. Für zwei Wochen …“
Padway unterbrach ihn, um für eine Audienz am Montag fünf Solidi anzubieten, und wurde, nachdem er noch eine Flasche Branntwein zugegeben hatte, schließlich handelseinig.
Thiudahad, Tharasmunds Sohn, König der Ostgoten und Italer, Oberkommandierender der Armeen Italiens, Illyriens und Südgalliens, Graf von Toskanien, Präsident des Zirkus usw. usw. war etwa so groß wie Padway, schlank, beinahe hager und besaß einen kleinen grauen Bart. Er musterte seinen Besucher aus wäßrigen grauen Augen und sagte mit piepsender Stimme:
„Nur herein, nur herein, guter Mann. Was willst du? O ja. Martinus Paduei. Du bist doch der Herausgeber, nicht wahr?“
Padway verbeugte sich ehrfürchtig. „Der bin ich, Euer Majestät. Ehe wir zum Geschäft kommen, habe ich …“
„Eine großartige Sache, diese Büchermaschine, die du hast. Ich habe davon gehört. Großartig für die Wissenschaft. Du mußt mit Cassiodorus sprechen. Ich bin sicher, er möchte gern, daß du seine gotische Geschichte veröffentlichst. Ein großes Werk. Verdient weite Verbreitung.“
Padway wartete geduldig. „Ich habe ein kleines Geschenk für Euer Majestät. Ein ziemlich ungewöhnliches …“
„Eh? Geschenk? Nur her damit! Laß sehen.“
Padway öffnete ein Etui.
Thiudahad piepste:
„Was, zum Teufel, ist das?“
Padway erklärte, wie ein Vergrößerungsglas funktionierte. Auf Thiudahads Kurzsichtigkeit ging er nicht ein.
Thiudahad ergriff ein Buch und versuchte, mit Hilfe des Glases zu lesen. Er quiekte beinahe vor Freude. „Schön, mein guter Martinus. Werde ich jetzt ohne Kopfschmerzen lesen können?“
„Das hoffe ich, Euer Majestät. Zumindest sollte es helfen. Und, um jetzt zu meiner Sache zu kommen …“
„O ja. Du wolltest mich sprechen, um über Cassiodorus zu sprechen. Ich hole ihn dir.“
„Nein, Euer Majestät. Es handelt sich um etwas anderes.“ Er fuhr schnell fort, ehe Thiudahad ihn wieder unterbrechen konnte und berichtete ihm von seinen Schwierigkeiten mit Liuderis.
„Ich mische mich nie in die Sachen meiner Militärkommandeure. Sie verstehen ihr Metier.“
„Aber Majestät …“ Padway hielt dem König einen kleinen Vortrag über die Wichtigkeit der Telegraphengesellschaft.
„Eh? Damit kann man Geld verdienen, sagst du? Wenn es so brauchbar ist, warum hat man mich dann nicht von Anfang an mit eingeschaltet?“
Das gab Padway einen Schock. Er sagte, daß er keine Zeit gehabt hätte. König Thiudahad wackelte mit dem Kopf. „Trotzdem, das war nicht nett von dir, Martinus, das war nicht loyal. Wenn du deinem König die Gelegenheit verwehrst, einen kleinen ehrlichenProfit zu machen, weiß ich wirklich nicht, warum ich um deinetwillen mit Liuderis sprechen sollte?“
„Nun, Majestät, ich hatte keine Ahnung …“
„Gar nicht nett. Was sagst du? Zur Sache, guter Mann. Zur Sache.“
Padway winkte Fritharik zu, der im Hintergrund stand. Fritharik brachte ein Teleskop zum Vorschein, und Padway erklärte, wie es funktionierte.
„Sehr interessant. Vielen Dank, Martinus. Ich muß sagen, du bringst deinem König originelle Geschenke.“
Padway schluckte; er hatte nicht beabsichtigt, Thiudahad sein bestes Teleskop zu schenken. Aber jetzt war es zu spät. So meinte er:
„Ich dachte, wenn Majestät es für richtig halten würden … äh … die Sache mit dem vortrefflichen Liuderis ins reine zu bringen, dann könnte ich dafür sorgen, daß Euer Majestät unsterblichen Ruhm in der Wissenschaft
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