TS 99: Exil auf Centaurus
auf der Seite des alten Yellin und der anderen Einsiedler gelandet, mit denen er zwanzig Jahre lang nicht verkehrt hatte, und mußte jene Männer bekämpfen, die er verstanden hatte und die seine Freunde waren. Immer mehr wurde ihm bewußt, daß nicht einmal das geschlossene Kabinett ausgereicht hätte, diese Arbeit zu bewältigen. Jetzt gab es für ihn gar keinen Zweifel, daß sie auf alle Fälle unterliegen würden.
Er mußte es jedoch wenigstens versuchen. Er hatte es Wireman vor langer Zeit geschworen.
Dann sagte Wireman: „Gut. Tom, ich bitte Sie, aus Mr. Yellins Gruppe ein neues Kabinett zu bilden. Von den übrigen Herren erbitte ich den Rücktritt.“ Sein Gesicht war aschgrau. „Ich habe keine andere Wahl.“
In panischer Angst erkannte Harmon, daß er sein Versprechen nicht würde halten können.
Eisiges Schweigen lag über dem Raum, bis Harmon herausplatzte: „Ralph! Das können Sie nicht machen!“
„Ich muß, Tom. Ich muß Leute haben, auf die ich mich verlassen kann.“
„Sie können nicht ein Kabinett aus sechs Mitgliedern bilden. Alle, wie wir hier versammelt sind, müssen zusammenarbeiten. Sechs Menschen können es einfach nicht schaffen, nicht sechs Menschen, die so müde sind wie wir. Das ist ja beinah – ja, es ist Selbstmord, und ein sicherer Fehlschlag obendrein.“
„Wir müssen es tun. Es ist für die Erde, für die Freiheit der Erde, und das ist wichtiger als die Tatsache, daß wir uns überarbeiten werden.“
Harmon schüttelte ungläubig den Kopf und murmelte: „Zwanzig Jahre haben wir nun zusammengehalten, zwanzig hoffnungslose Jahre. Die Chance eines Erfolgs teilt uns nun.“
„Tom, haben Sie Ihre Meinung geändert?“
„Ralph. Seien Sie vernünftig!“
„Ich bin vernünftig. Und ich glaube, vernünftiger als Sie. Nun gut. Mr. Yellin, ich bitte Sie, eine neue Regierung zu bilden.“
*
Hintereinander marschierten sie schweigend den engen Korridor hinaus: Hartmann, Stanley, Genovese und der Rest. Harmon bildete den Abschluß. Er versuchte, nicht zuzuhören, was Wireman mit den anderen im Wohnzimmer besprach. Staatsangelegenheiten gingen ihn nichts mehr an. Als Harnes seinen Arm berührte, brauchte er einige Zeit, um zu reagieren. Dann sagte er: „Ja?“ Er erinnerte sich nicht, was Harnes gesagt hatte.
Der Protokollchef wiederholte: „Entschuldigen Sie, Sir. Ihr letztes Gehalt – soll ich es wie üblich dem Befreiungsfonds zuweisen?“
Harmon nickte rasch. „Ja, ja, und das …“ Er nahm die Brieftasche heraus und übergab Harnes fast das ganze Bargeld, das er bei sich hatte. „Fügen Sie das hinzu.“
„Ja, Sir. Sir, wissen Sie, er muß die Chance ergreifen, ob er will oder nicht.“
„Ich weiß. Auf Wiedersehen, Harnes.“
„Auf Wiedersehen, Sir.“
„Kommen Sie gelegentlich zum Dinner.“
„Danke, Sir. Aber er tut mir leid, unter diesen Umständen geht das jetzt nicht.“
„Nein – nein, ich glaube nicht.“ Er trat auf den überfüllten Gang hinaus, und Harnes schloß die braune Tür hinter ihm. Als der Aufzug kam, konnten nicht alle einsteigen. „Geht nur“, murmelte Harmon, „ich werde warten.“
Er nahm den nächsten und stand allein steif in einer Ecke. Er fühlte sich so hilflos und niedrig, weil es ihm letzten Endes nicht gelungen war, sich über seine menschliche Natur zu erheben. Er hatte sich besser eingeschätzt. Was sollte er nun von sich halten?
Es war hoffnungslos, von dem Tag an, an dem wir die Erde verließen, dachte er. Wir hatten uns eingebildet, mehr als nur uns selbst zu retten: wir glaubten, ein Symbol zu verkörpern, auf das unser leidendes Volk seine Hoffnungen setzen, könne. Wir glaubten, ein Leitstern im Dunkel der Nacht zu sein. Aber wir irrten uns. Die Leute warten, ja, aber sie können nicht ewig warten. Sie müssen ihr Leben leben. Der Feind im Land ist gegenwärtiger als der Präsident auf Cheiron. Der Feind ist immer jung, immer da, immer leistungsfähig. Der Präsident wird älter, das Versprechen einer Rückkehr wird nicht eingehalten. Das Vertrauen läßt nach, letzten Endes bestimmt jeder einzelne sein eigenes Schicksal, und damit geht der Glaube an höhere Dinge endgültig verloren.
Ich bin sicher, unten auf der Erde glauben sie nicht mehr an uns, genauso wie wir nicht mehr an uns selbst glauben. Im Unterbewußtsein haben wir das schon immer gewußt. Deshalb hat es die Fähigsten und Tatkräftigsten von uns schon weggezogen, als wir auf dieser Welt hier ankamen. Nur die Alten blieben dabei. Sie
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