TTB 105: Das große Abenteuer des Mutanten
hatte ein Gesicht, das man nicht so leicht vergaß: Eine tiefe Narbe zog sich über sein Kinn. Er, Fors, würde später mit ihm abrechnen.
»Binde mich los!« sagte Fors; er war froh, daß seine Stimme klar und ruhig war. »Binde mich los, großer Held, dann werden wir sehen, wessen Fleisch sich die Nachtteufel schmecken lassen!«
Die Antwort war ein zweiter Schlag, doch ehe der Mann abermals zuschlagen konnte, wurden seine Handgelenke gepackt.
»Ruhig Blut, Sati. Der Mann hat sich verteidigt, so gut er konnte. Wir sind doch keine Tierwesen, daß wir uns einen Spaß daraus machen, unsere Gefangen zu martern!«
Fors hob seinen schmerzenden Kopf noch einen Zoll, um den Sprecher sehen zu können. Er war groß, fast noch größer als Arskane, aber sein Körper war schlanker, und das zum Reiten zurückgebundene Haar war von warmer, brauner Farbe. Er mußte ein erfahrener Krieger sein. Tiefe Falten, die Humor verrieten, zogen sich um seinen gut geschnittenen Mund.
»Der andere ist jetzt auch wach, Vokar.«
Der Anführer wandte sich um. »Bringt ihn her! Wir haben noch einen weiten Weg vor uns bis zum Sonnenuntergang!«
Das gefallene Pferd wurde von seinen Leiden erlöst.
Lura! Fors versuchte, die Umgebung abzusuchen, ohne allzuviel Aufmerksamkeit zu erregen. Die Katze war verschwunden, und da die Männer sie nicht erwähnten, war sie sicherlich nicht tot. Wenn Lura frei war, bestand vielleicht die Möglichkeit zur Flucht. Diese Hoffnung hielt ihn aufrecht, während man ihm die rechte Hand an den eigenen Gürtel band und die linke mit einer festen Schlinge am Sattel eines Reiters befestigte. Gott sei Dank nicht an Satis; der hatte sich auf das Pferd des von Arskanes Schleuder Getöteten geschwungen.
Doch der Südländer hatte noch einen zweiten Mann erledigt. Beide Leichen wurden auf je ein Pferd geladen. Zwei Männer gingen zu Fuß voraus, die bepackten Tiere am Zügel.
Fors' Pferd war das dritte in der Reihe, die jetzt losmarschierte; Vocar mit Arskane an der Seite bildete den Schluß.
Bevor ihn ein schmerzhafter Ruck an seinem Handgelenk in Marsch setzte, sah Fors sich noch einmal um. Das Gesicht des Freundes war voll Blut, und er bewegte sich steif, doch schien er nicht schwer verletzt zu sein. Wo war nur Lura? Er versuchte, einen stummen Ruf nach ihr auszusenden, doch sofort hielt er wieder inne.
Die Präriebewohner standen seit langem in Verbindung mit den Leuten des Bergdorfes. Wahrscheinlich wußte der Mann von den großen Katzen und ihrem Verhältnis zu den Menschen. Es war besser, Lura nicht herzurufen. Er wollte nicht, daß sie ihr Leben unter einer dieser mörderischen Lanzen aushauchte.
Der Marsch ging nach Westen. Die Sonne schien heiß und grell. Fors betrachtete die Eignerzeichen auf der Kruppe des Pferdes neben ihm. Er hatte es noch nie gesehen. Dies war kein Stamm, den seine Leute kannten. Auch die Sprache der Männer war voll unbekannter Wörter. Wahrscheinlich ein Stamm, der, wie Arskanes Volk, aus seiner Heimat durch eine Naturkatastrophe vertrieben worden war und neues Land suchte.
Nach langem, staubigem Marsch trafen sie auf einen ausgetretenen Pfad. Hier brach eine zweite Reitergruppe aus dem Gebüsch und rief neugierige Fragen herüber.
Die Hauptaufmerksamkeit galt Fors, und sie redeten über ihn, während er dabeistand, mit einer Offenheit, die ihn die Fäuste ballen ließ. Er sei gar nicht wie die anderen, hieß es. Offensichtlich kannten sie Arskanes Volk bereits und mochten es nicht. Doch Fors mit seinem eigenartig silbrigen Haar und der hellen Haut war eine fremde Erscheinung für sie, die sie interessierte.
Gemeinsam ritten die beiden Gruppen weiter. Nach einer halben Meile trafen sie auf das Lager. Fors war überrascht von der unübersehbaren Menge der Zelte. Hier war kein kleiner Familienklan unterwegs, hier wanderte ein ganzer Stamm, eine Nation. Während er durch die Lagergasse geführt wurde, versuchte er die Klan-Wimpel an den Zelten der Unterhäuptlinge zu zählen und kam bis zehn, doch abseits der Hauptstraße flatterten noch unzählige andere.
Beim Anblick der Toten stimmten die Frauen ihren schrillen Klagegesang an, widmeten jedoch den Gefangenen keinen Blick. Diese wurden jetzt von den Sätteln losgemacht. Nachdem man ihnen die Hände auf den Rücken gebunden hatte, steckte man sie in ein kleines Zelt im Schatten der geräumigen Behausung des Großen Häuptlings.
Fors schlängelte sich zu Arskane hinüber.
»Kennst du diesen Stamm?« fragte Arskane.
»Nein.
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