TTB 105: Das große Abenteuer des Mutanten
Sowohl die Klan-Wimpel wie auch die Eignerzeichen der Pferde habe ich noch nie gesehen, ebenso sind mir einige der Worte, die sie gebrauchen, unbekannt. Ich glaube, daß sie von weit her gekommen sind. Die Stämme, die den Sternmännern bekannt sind, greifen nicht ohne Warnung an, ausgenommen natürlich, es geht gegen die Tierwesen. Nein, dies ist ein ganzes Volk, das auf der Wanderung ist. Ich habe mindestens zehn Klans gezählt, und das ist vermutlich nur ein kleiner Teil von ihnen.«
»Ich möchte wissen, was die von uns wollen«, sagte Arskane trocken. »Wenn die nicht glaubten, von unserer Gefangennahme zu profitieren, wären wir jetzt bereits schon tot. Aber wozu brauchen sie uns?«
Fors überlegte, was er über das Prärievolk gehört hatte. Sie schätzten die Freiheit über alles und banden sich niemals an ein Stück Land. Sie logen nicht – niemals! Das gehörte zu ihrem Kodex. Doch gleichzeitig fühlten sie sich allen anderen gegenüber überlegen und besaßen einen unangenehmen Stolz. Sie waren mißtrauisch allem Neuem gegenüber und legten großen Wert auf Überlieferungen – trotz ihres Geredes von Freiheit. Das Wort, das ein Mann gab, durfte nicht gebrochen werden; er mußte halten, was er versprach, komme was wolle. Und wer die Stammesgesetze verletzte, wurde vom Ältestenrat feierlich für tot erklärt. Niemand durfte mehr Notiz von ihm nehmen, ihm Nahrung oder Unterkunft bieten; er hatte aufgehört zu existieren.
Sternmänner waren ihre Gäste gewesen. Sein eigener Vater hatte die Tochter eines Häuptlings zur Frau genommen. Doch das war nur, weil die Sternmänner etwas besaßen, was der Stamm sehr begehrte: Kenntnisse über ferne Landstriche.
Wilder Kampfgesang unterbrach seine Gedanken, begleitet von einer Flöte und einer Trommel. Es war ein wilder Rhythmus, der den Zuhörern das Blut durch die Adern jagte. Fors' eigenes Volk war still. Die Berge hatten in ihren Bewohnern wohl jeden Wunsch nach Musik unterdrückt. Sie kannten nur die Beratungshymne, eine düstere, schwere Melodie. Die Männer des Bergdorfes zogen niemals singend in die Schlacht.
»Die Krieger singen!« Arskane hatte die gleichen Gedanken gehabt. »Ob sie ihren Großen Häuptling so begrüßen?«
Doch wenn es der Häuptling war, den sie begrüßten, so zeigte er keinerlei Interesse an den Gefangenen. Lange, endlose Stunden blieben die beiden in ihrem Zelt. Als es dunkel wurde, sprangen überall vor den Zelten Feuer auf, und dann kamen zwei Männer herein und befreiten sie von ihren Fesseln. Während die Gefangenen sich die steifen Gelenke rieben, stellten die Männer zwei Schalen mit gekochtem Fleisch vor sie hin. Es schmeckte gut. Kaum waren die Schüsseln leer, da begann Fors in der Sprache der Prärieleute zu sprechen, die er von seinem Vater gelernt hatte.
»Heil und Glück im Sattel, Sohn der Prärie! Und jetzt, Windreiter, bitten wir nach dem Brauch unter dem Schutz des Feuers und der Wasserschale um Zwiesprache mit dem Großen Häuptling dieses Stammes ...«
Der Mann machte große Augen. Das letzte, was er erwartet hatte, war, von diesem schmutzigen und zerlumpten Gefangenen den zeremoniellen Gruß zu hören. Als er sich gefaßt hatte, lachte er laut auf, und sein Genosse stimmte wiehernd in das Gelächter ein.
»Das Vergnügen werdet ihr bald genug haben, ihr Ungeziefer des Waldes! Aber großen Spaß werdet ihr nicht daran haben.«
Wieder wurden ihre Hände gebunden, und man ließ sie allein. Fors wartete, bis alles still war, dann ratschte er dicht an Arskane heran.
»Mit dem Essen haben sie einen Fehler gemacht. Die Prärieleute haben strenge Gesetze der Gastfreundschaft. Sobald ein Fremder Fleisch gegessen hat, das an ihrem Feuer gekocht wurde, oder Wasser aus ihrem Vorrat getrunken hat, müssen sie ihn unbehelligt einen Tag, eine Nacht und noch einen Tag beherbergen. Das Fleisch, das wir gegessen haben, ist mit Wasser gekocht worden. Wenn sie uns hinausführen, werde ich ihrem Gesetz entsprechend Schutz verlangen ...«
Es sah aus, als sei Fors' Begrüßungsformel weitergeleitet worden, denn bald darauf kamen die beiden Männer zurück und führten die Gefangenen zwischen Reihen bewaffneter Krieger hindurch in das riesige Beratungszelt in der Mitte des Lagers. Hunderte von Rehen und ganze Herden von wildem Rindvieh hatten ihr Leben gelassen, um die Häute für die Wände dieser Halle zu liefern. Und innen, so dicht gedrängt, daß zwischen ihnen nicht eine Schwertklinge Platz hatte, saßen die
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