TTB 118: Die schlafende Welt
stellte das Radio ab. Seine linke Hand löste sich vom Steuerrad und schlug fest gegen seinen Schenkel. Das von dem Hosenstoff verdeckte Plastik verursachte ein dumpfes Geräusch.
Plastahl-Beine und Robot-Muskeln gaben ihm in gewisser Weise eine Überlegenheit über andere Menschen. Doch für die Rekrutierungsbehörden war er nur ein halber Mann. Und ein fünfzig Jahre alter halber Mann ist einfach kein Material für den Kriegsdienst.
Irgendein blöder Muskelprotz könnte diese Tour ebensogut erledigen wie er. Doch solche Typen trieben sich jetzt draußen an der Front herum. Und Roboter waren zu kostbar, um der Willkür von Halbstarken geopfert zu werden.
Doch ein Krüppel wie er war nicht zu kostbar!
Krüppel!
Er knirschte mit den Zähnen und drückte den Gashebel tiefer. Der Wagen schlingerte durch die menschenleeren Straßen, die nur hier und da von schwachen Straßenlampen erhellt wurden.
Es hatte eine Zeit gegeben, da Bradford Donovan nicht die Karikatur eines Mannes gewesen war. Damals, vor zwanzig Jahren, hatte er mit seiner jungen Frau eine Raumreise unternommen, und ihr erster Sohn war dort draußen geboren worden.
Das Ende dieser Reise war Risstair gewesen, eine Welt des llralanischen Reiches, die jedoch terranischen Fallenstellern offenstand. Und hier hatte er Erfolg gehabt und hatte sich bei den terranischen Pelzhändlern bald einen außerordentlich guten Ruf erworben. Jane schenkte ihm noch einen zweiten Sohn. Noch einige Jahre, und sie konnten nach Terra zurückkehren, ohne sich je wieder materielle Sorgen machen zu müssen.
Doch dann, auf einem alltäglichen Kontrollgang, hatte plötzlich der Geruch des Todes in der Luft gelegen.
Er war diesem Geruch gefolgt und hatte auf einer Lichtung die zermalmten Körper von drei Risstair ischen Holzfällern gefunden, die über ihren Lastschlitten lagen.
Es war schnell gegangen. Der Angriff war ohne Vorwarnung erfolgt – von hinten. Das konnte auf Risstair nur eins bedeuten: ein Raubtierrudel im Tötungsrausch.
Marqs.
Und er war zehn Kilometer von der Station entfernt.
Er schaffte es beinahe. Er hatte bereits die vertrauten Geräusche seines Zuhause in den Ohren, und der Dschungel begann sich zu lichten. Aus den Augenwinkeln sah er plötzlich einen Schatten, der sich blitzschnell näherte.
Zum Schießen blieb keine Zeit mehr. Statt dessen sprang Donovan in die Höhe. Seine Muskeln waren noch an die stärkere irdische Schwerkraft gewöhnt, und es war ein phantastischer Sprung. Der Marq ließ sich von der unerwarteten Bewegung seines Opfers verblüffen, und seine messerscharfen Fänge schlossen sich um Donovans Beine – auf halbem Wege zwischen Knien und Hüfte.
Der Schmerz ging im Schock des Anpralls unter. Noch im Fallen betätigte Donovan sein Hammengewehr und schwenkte den Lauf wild nach links und rechts. Auch als er bereits hilflos auf dem Rücken lag, hielt er seinen Finger auf den Abzug gepreßt und vernichtete auf diese Weise zwölf Marqs, die sich im Tötungsrausch blindlings in die vernichtenden Flammen stürzten.
Schließlich hatten die Bestien genug und zogen sich zurück.
Und die Nacht war ruhig, doch jemand schrie unentwegt, und Donovan erkannte vage, daß er dieser Jemand war. Dann ertönten Stimmen, die seinen Namen riefen, leise Stimmen …
Als er erwachte, befand er sich in einem Krankenhaus auf Föderationsgebiet. Seine Beine waren verloren. Es war keine schwere Wahl für den verantwortlichen Chirurgen gewesen – entweder die Beine oder sein Leben.
In den ersten Monaten hatte Donovan oft daran gezweifelt, ob der Arzt wirklich die richtige Wahl für ihn getroffen hatte. Denn es war ein langer und bitterer Weg gewesen vom gutsituierten Fallensteller bis herab zum kleinen Lastwagenfahrer, dessen Einkommen nur selten ausreichte.
Und dann seine Söhne!
Seine jungen, starken Söhne, die ihr Leben noch vor sich hatten! Die Föderation würde sie einziehen und als Kanonenfutter verwenden. Dagegen verweigerte man einem alten Mann das Recht, sein Leben einigermaßen sinn- und würdevoll zu beenden …
Plötzlich begannen die Luftschutzsirenen zu heulen.
Donovan fuhr auf und blickte sich um. Er hatte inzwischen einen belebteren Stadtteil erreicht. In den gut beleuchteten Straßen herrschte reger Verkehr. Doch Sekunden nach dem Alarm begann sich das Bild zu wandeln. Die Aero-Wagen senkten sich auf die Dächer herab, die Automobile wurden an den Straßenrand gefahren, die Passanten verschwanden in den Hauseingängen.
Wie durch
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