Tuch und Tod (Ein Berringer-Krimi) (German Edition)
einen heftigen Schlag bekommen. Vielleicht einen unerwarteten Ellbogenstoß oder einen Handkantenschlag. Irgend so was.“
„ Also käme jemand in Frage, der Kampfsport betreibt“, stellte Berringer fest.
Wiebke Brönstrup wandte den Kopf und sah zu Berringer auf. „Ja“, stimme sie zu, „wäre möglich.“
„ Frau Gerath trainiert fleißig Aikido“, sagte Berringer an Björn Dietrich gerichtet.
„ Sag mal, du scheinst die Frau rund um die Uhr observiert zu haben“, bemerkte Arno Kleppke sarkastisch.
„ Ich habe mich nur kurz mit ihr unterhalten. Es kam mir seltsam vor, dass Sie überhaupt keine Angst davor hatte, selbst Opfer dieser Anschlagserie zu werden.“
„ Und sie hat dir weismachen wollen, dass sie jeden Gangster in die Flucht schlagen kann“, vermutete Björn Dietrich.
„ Genau“, bestätigte Berringer.
„ Aber wenn sie und Severin die ganze Sache inszeniert haben, dann brauchte sie sich natürlich nicht zu fürchten“, spann Dietrich den Faden weiter. „Wir sollten der Sache mal nachgehen …“
Frank Severins sterbliche Überreste wurden in einen Plastiksarg gelegt und in den Leichenwagen verstaut.
Dr. Wiebke Brönstrup verabschiedete sich von den Kollegen, doch bevor sie endgültig ging, blieb sie noch einen Augenblick bei Berringer stehen.
„ Es ist schon seltsam, sich nach all den Jahren wiederzusehen“, fand sie.
„ Ja, kann man wohl sagen.“ Er lächelte verhalten. „Du hast dich nicht verändert.“
„ Das ist eine Lüge, Berry.“
„ Na ja …“
„ Aber eine nette.“
„ Die Realität erlebst du in der Dienstzeit häufig genug.“
„ Du etwa nicht?“
„ In gewissen Grenzen kann ich mir inzwischen selbst aussuchen, was ich mir zumuten will.“
„ Ja, hab davon gehört, dass du aus dem Polizeidienst ausgeschieden bist und dich selbstständig gemacht hast.“
„ Radio Gerüchteküche funktioniert also noch.“
Sie nickte. „Wie eh und je.“
Eine Pause entstand. Im Hintergrund war zu hören, wie Dietrich mit seiner Dienststelle telefonierte. Es ging um die nächsten Ermittlungsmaßnahmen, und da stand die Hausdurchsuchung beim Opfer ganz oben auf der Liste. Vielleicht würde das auch über Severins mögliche Verwicklung in die dubiosen Geschäfte mit der Garol ImEx Aufschluss geben.
„ Es war schön, dich wiederzusehen“, sagte Berringer.
„ Danke gleichfalls, Berry. So darf ich dich doch noch nennen, oder?“
„ Darfst du.“
„ Trinken wir mal einen Kaffee zusammen, Berry?“
Er zögerte. Millionen Gedanken huschten ihm in dieser einen Sekunde durch den Kopf. Es waren einfach ein paar zu viel für sein neuronales Netz, das zu streiken drohte. Hatte er nicht genug Chaos in seinem Leben, seinen Akten, seinen Gedanken? Auf emotionales Chaos konnte er da gut verzichten, oder?
„ Mal sehen“, sagte er.
„ Wir bleiben auf jeden Fall in Kontakt.“
„ Ja.“
„ Bis dann.“
„ Tschüss.“
Er sah ihr nach und sah, wie sie zum Wagen ging, einstieg, noch mal den Kopf wandte, ihm kurz zulächelte und den Wagen startete. Berringer hatte nicht vor, mit ihr einen Kaffee trinken zu gehen.
Aber irgendein Gefühl in seiner Bauchgegend sagte ihm, dass es trotzdem dazu kommen würde.
Kapitel
Verdächtigungen
Berringer verließ den Tatort, noch ehe die Untersuchungen der Polizei abgeschlossen waren. Was die Durchsuchung von Frank Severins Wohnung betraf, so vertraute er darauf, dass Kommissar Dietrich ihn über die wichtigsten Erkenntnisse, die daraus resultierten, informieren würde.
Berringer fuhr Richtung Bockum. Vom Elfrather See aus war es nur ein Katzensprung bis zur Villa der Geraths. Von unterwegs telefonierte er. Zunächst mit Vanessa Karrenbrock. Sie hielt die Bürofront, aber über das Internet hatte sie inzwischen einiges über Garol ImEx und seinen Besitzer Ferdinand Commaneci herausgefunden, der offenbar über eine ganze Reihe sehr dubioser Firmen herrschte. Bukarest, Düsseldorf und Budapest hießen die Standort, allerdings auch Liechtenstein und die Kaiman-Inseln.
„ Ich hab ja immerhin etwas BWL studiert, aber vielleicht wäre es für diesen Fall gar nicht schlecht, wenn ich noch ein paar Semester drangehängt hätte“, meine sie.
„ Kannst du ja bei Gelegenheit noch nachholen.“
„ Dein Geld hat mich korrumpiert und der hehren Wissenschaft enthoben“, behauptete sie.
„ Ich dachte, du hättest das Studium vorher schon abgeschrieben.“
„ Na ja, wenn ich ganz ehrlich bin, war das wohl
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