Tuch und Tod (Ein Berringer-Krimi) (German Edition)
gegenüberliegenden Straßenseite. Jemand saß am Steuer, ließ dann das Fenster herunter und entsorgte eine Zigarettenkippe. Eine der Polizeistreifen, die rund um Geraths Haus für Ruhe und Ordnung sorgen sollten, fuhr heran. Ein Beamter stieg aus und forderte den Fahrer des Fahrzeugs – es handelte sich um einen altersschwachen Golf – aus dem Auto zu steigen. Er kam dem auch nach. Er musste Papiere und Ausweis zeigen und außerdem den Kofferraum öffnen.
Das hatte er davon, dass du die Straße befleckt hatte, dachte Berringer. Es gab eben Bereiche, da kannten deutsche Gesetzeshüter kein Pardon. Und das Entledigen einer Kippe auf die Straße gehörte inzwischen dazu. Ordnungswidrigkeit mit einer kostenpflichtigen Verwarnung von zehn Euro, erinnerte sich Berringer und fragte sich insgeheim, ob die Preise auch in dieser Branche inzwischen gestiegen sein mochten. Wahrscheinlich ja. Schließlich war alles teurer geworden.
Der Mann aus dem Golf wirkte auf die Entfernung völlig konturlos. Schütteres Haar. Jemand, dessen Züge einem wahrscheinlich nicht in Erinnerung bleiben, selbst wenn man ihm im Zugabteil vielleicht einen halben Tag lang gegenübersaß. Er gestikulierte wild herum und versuchte, gegenüber den Polizisten sein vermeintliches Recht durchzusetzen. Doch die blieben hart. Schließlich bezahlte er, und die Streife fuhr weiter. Der Golffahrer ebenfalls.
„ Herr Berringer?“
Es war die Stimme von Peter Gerath, die Berringer förmlich zusammenzucken ließ. Da sprach ein Mann, der es gewohnt war, Untergebene zu führen.
Berringer drehte sich um.
Gerath war zusammen mit seiner Frau eingetreten. Regina Gerath wirkte etwas verlegen, als sie Berringer erblickte. Sie rieb dauernd die Handinnenflächen gegeneinander und trat von einem Fuß auf dem anderen. Da hatte jemand keinen festen Stand im Leben, hätte da der Amateurpsychologe gesagt, ging es Berringer durch den Sinn.
„ Ich nehme an, dass sich im Laufe des heutigen oder morgigen Tages die Polizei noch bei Ihnen melden wird, um Sie zu befragen“, sagte Berringer.
„ Worum geht es denn?“, wollte Gerath wissen.
„ Um den Tod von Frank Severin, der Sie– wenn auch aus unterschiedlichen Gründen - beide betrifft“, eröffnete ihnen Berringer. „Er wurde heute Morgen im Elfrather See gefunden. Frau Gerath, vielleicht können Sie uns etwas dazu sagen?“
Berringer wartete ihre Reaktion ab. Peter Gerath schien ehrlich überrascht. Er wandte ruckartig den Kopf, sah seine Frau an. „Hast du davon etwas gewusst? Was ist geschehen?“
„ Nun, ich denke, dass wird uns Herr Berringer sicher gleich noch berichten“, erklärte sie ziemlich angespannt. Sie presste die Lippen zusammen und wich Berringers Blick aus.
„ Warum sagen Sie uns nicht, was Sie schon wissen?“, forderte Berringer sie auf.
„ Tut mir leid, ich weiß nicht, wovon Sie reden, Herr Berringer!“
Peter Gerath runzelte die Stirn und verschränkte die Arme vor der Brust. „Ich habe keine Ahnung, was Sie da für ein Spiel treiben, Herr Berringer, aber ich weiß genau, wofür ich Sie eigentlich bezahle – nämlich dafür, dass Sie mir Informationen liefern! Informationen, an die die Polizei aus irgendwelchen Gründen nicht herankommt, Sie aber schon, denn Sie können sich voll und ganz dieser Sache widmen und brauchen keinerlei Rücksicht auf Vorschriften und Paragrafen zu nehmen. Also reden Sie schon.“
Berringer trat auf die beiden zu. Regina Gerath hatte sich zur Seite gewandt. Sie beobachtete den Detektiv aus den Augenwinkeln heraus. „Sie waren doch ungefähr zur Tatzeit am Tatort, Frau Gerath“, stellte Berringer fest. „Dafür gibt es Zeugen. Angeblich waren Sie schwimmen, aber entweder, Sie haben an diesem Morgen Ihre Bahnen im Badezentrum in einem Rekordtempo hinter sich gebracht, oder Sie sind einfach früher aufgestanden. Oder Sie waren nie dort und haben das nur als Ausrede benutzt. Letzteres halte ich für das Wahrscheinlichste.“
„ Sie haben eine blühende Fantasie, Herr Berringer“, sagte sie mit schneidender Stimme.
„ Aber warum sollte meine Frau den Geschäftsführer von Avlar Sport umbringen?“, fragte Gerath. „Das ist doch absurd! Ich meine …“
„ Wollen Sie es Ihrem Mann sagen oder muss ich es tun?“, fragte Berringer an Regina Gerath gewandt.
Sie schluckte, schien noch mit sich zu ringen und nach einer Ausrede zu suchen. Aber was hätte sie sich da ausdenken können? Die Fakten ließen sich kaum schönreden, egal, wie man es auch
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